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E-MAIL MARKETING

Neukundenakquise mit E-Mail-Marketing – Der rechte Weg zu Einwilligung

Martin Schirmbacher, 4. Juni 2009

Bekanntlich bedarf die Werbung per E-Mail, genauso wie die Direktansprache per Telefax oder SMS, in Deutschland grundsätzlich der Einwilligung des Empfängers. Die letzten Verschärfungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung machen es nicht gerade einfacher, Neukunden mittels E-Mail-Werbung zu erreichen.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sieht eine vorherige ausdrückliche Einwilligung vor. Dies bedeutet, dass sich ein Einverständnis nicht allein aus den äußeren Umständen ergeben kann. Es genügt also für die Übersendung von Werbung per E-Mail keineswegs, dass die E-Mail-Adresse dem Werbenden irgendwie bekannt geworden ist. Insbesondere genügt die Veröffentlichung der E-Mail-Adresse auf der Websites des Empfängers nicht (Bundesgerichtshof vom 17.7.2008, Aktenzeichen I ZR 197/05).

Es muss also eine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers vorliegen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Unternehmer das Einverständnis durch den Empfänger gegebenenfalls auch beweisen können muss. Dies scheidet viele Möglichkeiten, eine Einwilligung potenzieller Kunden zu erhalten aus.

Single-Opt-in genügt nicht

Aus Gründen der Beweisbarkeit ist auch das früher praktizierte Single-Opt-in-Verfahren nicht empfehlenswert. Erhält der Besucher einer Website die Möglichkeit, in ein Kontaktformular seine E-Mail-Adresse einzutragen und zu bestätigen, dass er mit der Werbung durch das betreffende Unternehmen per E-Mail einverstanden ist, würde dies als Einwilligung zwar unter Umständen ausreichen. Es lässt sich nicht jedoch beweisen, dass tatsächlich der Inhaber der E-Mail-Adresse die Adresse eingegeben hat. Daher taugt reines Single-Opt-in nicht.

Double-Opt-in-Verfahren

Aus diesem Grund hat sich das Double-Opt-in-Verfahren durchgesetzt, bei dem eine zusätzliche Reaktion des Empfängers auf eine Bestätigungs-E-Mail erforderlich ist. Damit ist sichergestellt, dass tatsächlich der Inhaber der E-Mail-Adresse sein Einverständnis erklärt hat.

Dabei ist allerdings dafür Sorge zu tragen, dass die Bestätigungs-E-Mail als solche tatsächlich erkennbar ist und in dieser E-Mail keine Werbung für das Unternehmen enthalten ist. Anderenfalls könnte man schon diese E-Mail als werbende E-Mail ansehen mit der Folge, dass der Beweis geführt werden muss, dass bereits für die erste E-Mail eine Einwilligung vorlag.

Co-Registrierung

Will das Unternehmen die E-Mail-Adressen nicht selbst erheben, muss es sich Dienstleistern bedienen, die häufig Co-Registrierungsverfahren einsetzen, um E-Mail-Adressen zu generieren. Hierzu wird die Einwilligung in den Versand von Werbung per E-Mail häufig mit Gewinnspielen verbunden. Diese können offline (häufig auf Postkarten) oder online (oft über Werbebanner) beworben werden.

Ein solches Verfahren ist nach der neueren Rechtsprechung nur in sehr eingeschränktem Umfang rechtlich tatsächlich einwandfrei durchführbar.

Erstes Problem: Bestimmbarkeit

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass für den Teilnehmer klar erkennbar sein muss, von wem er in Zukunft Werbung erhalten wird. Die europäischen Vorgaben sehen vor, dass sich der Verbraucher „ohne Zwang und in Kenntnis der Sachlage“ entscheiden können soll. Davon wird man nur ausgehen können, wenn der Teilnehmer eine Chance hat festzustellen, von welchen Unternehmen er in Zukunft Werbung zu erwarten hat. Dazu wird es nicht genügen, wenn pauschal auf „Partnerunternehmen“ verwiesen wird. Erforderlich dürfte sein, dass der Teilnehmer die Möglichkeit hat, eine Liste der Unternehmen, die seine E-Mail-Adresse in Zukunft zu Werbezwecken nutzen wollen, einzusehen.

Die Erteilung der Einwilligung in Kenntnis der Sachlage bedeutet auch, dass die Einwilligung nicht in den Teilnahmebedingungen versteckt werden darf und sich der Teilnehmer nur mit der Geltung der Bedingungen einverstanden erklärt. In diesen Fällen wird man sagen müssen, dass der Kunde die Einwilligung gerade ohne Kenntnis der Sachlage erteilt hat. Eine Einwilligung ist an diesen Maßstäben gemessen nicht wirksam erteilt, wenn das Einverständnis im Kleingedruckten versteckt wird.

Zweites Problem: Ausdrücklichkeit

Das Gesetz sieht seit Anfang des Jahres eine „ausdrückliche“ Einwilligung vor (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Dies schiebt jeder Argumentation des Werbenden: „Wir konnten doch davon ausgehen, dass der Adressat mit der Versendung der Werbung einverstanden war“ einen Riegel vor.

Der Bundesgerichtshof ist im vergangenen Sommer noch einen Schritt weiter gegangen und hast festgehalten, dass „die Einwilligung mittels einer gesonderten Erklärung erteilt wird“ (BGH vom 16.7.2008, Az.: VIII ZR 348/06). Nach dieser Rechtsprechung ist es unzulässig, die Erklärung mit anderen Erklärungen des Kunden zu verbinden und lediglich eine Opt-Out-Möglichkeit vorzusehen. Der BGH hat dabei klar entschieden, dass es nicht ausreichend ist, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, die Werbung abzulehnen. Vielmehr setze § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG voraus, dass die Einwilligungsklausel so gestaltet ist, dass der Kunde selbst tätig werden muss, wenn er seine Einwilligung in die Zusendung von Werbung unter Verwendung von elektronischer Post erklären will.

Damit sind Opt-Out-Felder tabu. An diesen Maßstäben gemessen sind auch vorangekreuzte Häkchenfelder für Opt-In-Erklärungen rechtlich fragwürdig.

Drittes Problem: Kopplungsverbot

Für die zuverlässige Generierung von E-Mail-Daten unschön ist auch, dass die Gerichte die Einwilligung in die Speicherung und spätere Nutzung der Daten teilweise von der Teilnahme an einem Gewinnspiel getrennt sehen wollen (OLG Köln vom 12.9.2007, Az.: 6 U 63/07 – Revision beim BGH anhängig). § 12 Telemediengesetz (TMG) sieht jedenfalls für Angebote im Internet vor, dass die Bereitstellung von Telemedien nicht von der Einwilligung des Nutzers in eine Verwendung seiner Daten abhängig machen darf, wenn dem Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Telemedien nicht oder in nicht zumutbarer Weise möglich ist.

Den letzten Teilsatz der Vorschrift hat das OLG Brandenburg dahingehend ausgelegt, dass es genügt, wenn es am Markt vergleichbare Angebote gibt. Dem strengen Kopplungsverbot unterworfen sollen danach nur Anbieter mit Monopolstellung sein (OLG Brandenburg vom 10.1.2006, Az.: 7 U 52/05).

Insofern sind hier beide Auslegungen möglich, wer rechtlich auf der sicheren Seite sein will, sollte eine Teilnahme an dem Gewinnspiel auch ohne Zustimmung in die Verwendung der eingegebenen Daten zu Werbezwecken ermöglichen.

Protokollierung der Einwilligung

Weil das Unternehmen im Zweifel beweisen können muss, dass sich der betreffende Empfänger tatsächlich mit dem Erhalt von Werbung per E-Mail einverstanden erklärt hat, ist dringend zu empfehlen, die Einwilligungen dauerhaft zu protokollieren. Hierfür kann es genügen, geeignete technische Systeme zu verwenden, die – Falle der Adressgenerierung online – auch die IP-Adresse speichern.

Wie auch immer der Dienstleister die Einwilligung des potenziellen Kunden gewinnt; Werbetreibende sind dringend beraten, sich genau über Verfahrensweise und Protokollierung des Einwilligungsprozesses informieren zu lassen. Aus Sicht des Werbetreibenden ist ratsam, beides vertraglich genau festzuhalten. Außerdem ist empfehlenswert, eine Freistellung von jedwedem Schaden zu vereinbaren, der dem Werbetreibenden durch die Verwendung der E-Mail-Adressen entsteht.

Fazit

Die Gesetzesänderungen und die strenge Rechtsprechung machen E-Mail-Marketing zur Neukundengewinnung zu einem schwierigen Unterfangen. Wer sich an die gesetzlichen Vorgaben genau halten will, muss eine ganze Reihe von Vorgaben beachten, die die Response-Quote deutlich schmälern dürften. Eine zulässige Co-Registrierung setzt eine Benennung der Unternehmen, die die Adressen nutzen wollen, und ein ausdrückliches Opt-In des Kunden voraus.

Wer Dienstleister mit der Generierung von E-Mail-Adressen beauftragt, sollte sich versichern lassen, dass diese eine rechtssichere Einwilligung beinhalten und von allen Schäden freistellen lassen, die dadurch entstehen mögen, dass sich die Einwilligung im Nachhinein als nichtig oder nicht erteilt herausstellt.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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