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PERFORMANCE

eMetrics: Harte Zeiten - harte Zahlen

Jens von Rauchhaupt, 14. Mai 2009

Je enger die Budgets, desto wichtiger das Controlling. Diese Weisheit macht die Branche der Conversion-Optimierer, Web-Analysten und Performance-Marketer zu Gewinnern einer weltweiten Wirtschaftskrise, die ihre Wirkung auch in der sinkenden Ausgabefreudigkeit deutscher Marketing-Abteilungen zeigt. So verfehlte die gewohnt euphorische Keynote des Konferenzgründers Jim Sterne auch ihr Thema nicht: „Harte Maßnahmen für harte Zeiten.“

Sterne, weltweite Gallionsfigur für Web Analytics, Buchautor, Mitbegründer der Branchenorganisation Web Analytics Asscociation (WAA) und nicht zuletzt gut gelaunter Gastgeber für die insgesamt gut 600 Konferenzteilnehmer, stimmte das Auditorium in seiner Eröffnungsrede auf das Thema ein: Messen, Analysieren, Optimieren. 

Seit ihrer Gründung 2002 hat sich die eMetrics-Konferenz weltweit zu einem Erfolgsmodell entwickelt: Veranstaltungen in den USA, Großbritannien oder Skandinavien zählen Tausende von Teilnehmern und haben sich zu großartigen Foren für alle entwickelt, die beruflich mit dem Thema beschäftigt sind. Im Zentrum der Konferenz stehen dabei nicht die Vorträge und Anbieterpräsentationen, sondern Möglichkeiten zu Diskussionen und zum Austausch der Praktiker untereinander. In Deutschland findet die eMetrics zusammen mit der Search Marketing Expo SMX statt, die den größten Teil der Teilnehmer stellt. Die etwas mager anmutende Zahl von vielleicht 100 bis 150 Besuchern auf der eMetrics allein zeigt, dass die Idee eines offenen Austauschs von Herangehensweisen, Problemen und Workarounds in Deutschland auch im vierten Jahr der Konferenz noch etwas schüchtern angenommen wird.

Jim Sterne, Foto: mole2.de

Aber für die Anwesenden gab es reichlich was zu erfahren. Die zwei Konferenztage boten annähernd 30 Vorträge und Panels, dazwischen reichlich Raum für Gespräche und Diskussionen, dazu stellte die WAA-Deutschland ihre Aktivitäten vor und der Veranstalter Rising Media lud am Abend des ersten Tages zu einem großen „Search & Metrics Bash“ auf dem Gelände der Galopprennbahn Riem.

Corina Wartig, Web Controlling, CHIP Xonio Online: „Ich habe viele interessante Kontakte und Gesprächspartner für den Erfahrungsaustausch unter Kollegen gefunden. Die eMetrics ist vor allem auch wichtig, weil sie tool-übergreifend ist und sich so ein guter Vergleich verschiedener Messlösungen und Anbieter ergibt.“ Und Matthias Müller, Manager Web Analytics, T-online.de: „Für mich waren vor allem Informationen zum Thema Site-Optimierung wichtig. Dazu gab es sehr gute Fachvorträge und genug Zeit für Gespräche und Austausch zwischendurch. So weit ich weiß, gibt es in Deutschland keine vergleichbare Veranstaltung – wünschen würde ich mir für nächstes Jahr den Ausbau des Messebereiches, um noch mehr Anbieter kennenlernen zu können.“

Die Themen der Vorträge reichten dabei von den Erfahrungen bei der Einführung eines Analytics-Systems über Targeting bis zu Eye-Tracking und Nutzersegmentierungen. Im Fokus waren aber vor allem drei Themen: Die richtigen Kennzahlen, die Kampagnen-Optimierung und das Website-Testing. Mit einer reicheren und vielfältigeren Nutzung der Online-Angebote steigt auch die Komplexität der zu messenden Events und Interaktionen mit der Site. So zeigten Michael Schubert und Jürgen Schlott von Tomorrow-Focus sehr anschaulich ihren Ansatz, die Kommentare, Videoabrufe, Bewertungen uvm. der Nutzer in eine brauchbare Kennzahl zu bringen, die sowohl für interne Analysen taugt als auch den Wert für die Werbetreibenden wiedergibt.

„Praxisnahe Vorträge wie z.B. der von Tomorrow-Focus und interessante Gespräche mit Kollegen aus anderen Unternehmen haben die eMetrics für mich zu einer sehr guten Veranstaltung gemacht, aber es hätten gerne noch mehr andere Anwender da sein können. Was ich ein wenig vermisse, sind konzeptionelle Anregungen aus dem universitären Umfeld   da passiert doch auch einiges zum Thema“, resümiert Peter Pletsch, Web Analyst bei meinestadt.de. Ein ähnliches Thema wie das von Tomorrow-Focus präsentierte Irene Seitz von SevenOne, die unter anderem für prosieben.de die Nutzung der Online-Videos in zielorientierte Kennzahlen gießt. Neue Herausforderungen für die kennzahlengesteuerte Bewertung wurden außerdem aus den Bereichen Mobile Analytics und Widgets vorgestellt.

Nicht nur in Krisenzeiten ist eine präzise Aussteuerung von Online-Kampagnen wichtig. So stellte Florian Steltzner die Vorgehensweise zur besseren Messung der Keyword-Optimierung für organische Suchen bei XING vor. Deutlich wurde aber auf der Konferenz, dass es zunehmend wichtiger wird, verschiedene Marketing-Kanäle zu integrieren und deren Leistung auf vergleichbare Größen zu bringen. Das kann über ‚Werbemittelnutzungspfade‘ geschehen, wie Thomas Brommund von Contentmetrics zeigte; aber auch noch gleich zwei weitere Präsentationen beschäftigten sich mit der Optimierung von Multichannel-Kampagnen.

Das dominierende Thema der Konferenz war aber wohl das systematische Testen und Optimieren. Timo Aden und Lennart Paulsen von Trekken nahmen sich insgesamt fast drei Stunden lang Zeit, Wege zur Optimierung von Landing Pages vorzustellen. Diese ausführlichste Veranstaltung der Konferenz unter dem Label „eMetrics Labs“ zeigte nicht nur technische Zugangsweisen, sondern vor allem, wie eine ‚Testkultur‘ im Unternehmen für eine erfolgreiche Verbesserung der Online-Angebote förderlich sein kann. Einen ebenso ‚ganzheitlichen‘ Ansatz stellte Moritz Habermann vom Baur Versand vor. Die verschiedenen Verfahren  von Usability-Methoden bis zu multivariaten Verfahren – so einzusetzen, dass sie im Optimierungsprozess jeweils ihre größten Stärken ausspielen können, erfordert die Einbettung in ein übergreifendes Konzept.Wie das praktisch gehen kann, wurde in den Vorträgen zur Vorgehensweise bei Immobilienscout und Direct Line, jeweils begleitet von Michael Jonas von Divolution, deutlich.

Eine vergleichbare Konzentration von Know-how zum Thema Web Analytics ist in Deutschland jenseits der eMetrics wohl kaum zu finden, was auch Andreas Stuht, Projektleiter Web Analytics, OTTO, bestätigt: „Die eMetrics in München war eine sehr spannende Veranstaltung für mich. Soweit ich sehe, war die gesamte Web-Analytics-Community aus Deutschland dort und insbesondere der Austausch mit den anderen Praktikern war sehr anregend. Gut wäre es vielleicht gewesen, die Panels stärker nach Einsteiger- und Fortgeschrittenenthemen zu unterscheiden.“ Deutlich zeigt sich im Vergleich zu Vorjahren auch eine Entwicklung zu spezielleren Themen und Problemen und zu genauerem Nachfragen in den recht lebhaften, jeweils anschließenden Diskussionen. Der Veranstaltung wäre ein Wachstum der Zahl der Anwender im nächsten Jahr jedenfalls zu wünschen.

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