Derzeit sorgen Gesetzgeber, die sich mit Fragen des Datenschutzes und dem Schutz der Privatsphäre beschäftigen, sowohl in den USA als auch in Europa für Besorgnis und Unverständnis aufseiten der Webindustrie. Ein Unterausschuss des amerikanischen Kongresses, der sich mit Kommunikation, Technologie und Internet befasst, kündigte letzte Woche an, eine neue Gesetzgebung hinsichtlich „Online Privacy“ zu konzipieren.
Grundsätzlich könnte man sagen, dass es eine gute Sache ist, wenn der Staat den Bürger vor dem Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte schützt. Es macht allerdings den Anschein, dass der amerikanische Gesetzgeber die Verfahren, die beispielsweise ein Behavioral Targeting ermöglichen, nicht deutlich zu differenzieren weiß. So wurden Telekommunikationsanbieter und Internet Service Provider in einer Anhörung nach ihren eingesetzten Targetingverfahren gefragt. AT&T antwortete auf die Frage des Einsatzes von Targeting-Technologien, dass man kein sogenanntes DPI-(deep packet inspection)-Verfahren, auch ISP-Targeting genannt, im Einsatz habe.
AT&T räumte jedoch ein: „In our role as a publisher and advertiser, we in fact do use ad networks, just like many other companies do.” Das kreidete der Ausschuss AT&T als inkonsequent an. Cookiebasierte Verfahren des Targeting werden von Publishern, AdNetworks und damit auch Werbetreibenden auf der ganzen Welt im normalen Tagesgeschäft eingesetzt, das ist Fakt. Das unterstrich auch Razorfish VP Media Sarah Baehr gegenüber dem Fachmagazin ClickZ: „Almost every single publisher out there offers some level of behavioral targeting, I hope as an industry that we're active in educating our legislators about the positives of digital marketing.”
Es ist derzeit nicht recht nachvollziehbar, warum sich der Kongress in den USA auch für ISPs in ihrer Rolle als Werbetreibende interessiert und damit auch für ihre Beziehung als Kunde von AdNetworks und den eingesetzten Targeting-Verfahren. Die Webindustrie macht sich natürlich Sorgen, dass hier Verfahren vermischt werden und Gesetze auf falschen Grundlagen und Annahmen formuliert werden.
Eine ähnliche Thematik erhitzt auch gerade in Europa die Gemüter aufseiten der Webwirtschaft. Denn der von der tschechischen Ratspräsidentschaft im Rahmen der Reform des „Telekom-Pakets“ (Directive 2002/22/EC, 2002/58/EC und Regulation (EC) 2006/2004) am vergangenen Freitag vorgelegte Textentwurf zur Neufassung des Artikels 5 der EU-Richtlinie zu Privatsphäre und elektronischer Kommunikation (ePrivacy-Richtlinie) gefährdet nach Auffassung des BVDW weite Teile der Webwirtschaft.
Der tschechische Vorschlag würde in der vorliegenden Form laut BVDW eine aktive, vorherige Zustimmung des Nutzers zur Verwendung von Cookies auf jedem Webangebot erforderlich machen. Matthias Ehrlich, Vizepräsident des BVDW, sieht durch eine Umsetzung der EU-Richtlinie faktisch das Ende des Einsatzes von Cookies als das absolut notwendige und anerkannt zentrale Nutzungssteuerungselement.
Im Rahmen des geltenden Rechts ist es bisher gebräuchlich, dass Diensteanbieter die Nutzer über Datenschutzbestimmungen („Privacy Policy“) über den Einsatz von Cookies informieren und der Nutzer zudem über seinen Browser entsprechende Einstellungen vornehmen kann. Nach BVDW-Meinung sollte dies unbedingt beibehalten werden und es wird die zwingende Nachbesserung des Gesetzesentwurfs gefordert. Die geplanten Eingriffe führten nach Auffassung des BVDW in sämtlichen Bereichen des Internets zu massiven Beschränkungen von Nutzungsszenarien sowie Geschäftsmodellen. Der BVDW sieht vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Internetwirtschaft in Gefahr.
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