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Crossmedia: Destination Internet

Jens von Rauchhaupt, 24. April 2009

Integrierte, medienübergreifende Werbekampagnen gelten als Königsdisziplin der Mediaplanung. Dass Crossmedia-Kampagnen auf die Wahrnehmung wirken, ist unumstritten. Nun hat die GfK anhand der Coca-Cola-Weihnachtskampagne erstmals die Effekte und das Zusammenspiel aller Komponenten analysiert und nachweisen können, dass sich der Einsatz des Internets direkt auf die Kaufentscheidung des Verbrauchers auswirkt. Im Vorfeld zu unserem Crossmedia-Beitrag für die kommende Ausgabe von ADZINE Print sprachen wir mit Prof. Dr. Riehm, Professor für Crossmedia und Onlinemanagement an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in Hamburg. Riehm ist zudem Jurymitglied beim Crossmedia Neptun Award 2009.

Herr Dr. Riehm, was ist die Macromedia Hochschule?
Die Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in Hamburg ist eine private Fachhochschule mit aktuell 270 Studenten, die bei uns einen staatlich anerkannten Bachelor in Medienmanagement erwerben können. Nach 2 Semestern Grundstudium wählen unsere Studenten ihren Schwerpunkt aus: Sport & Event, Kommunikation & PR oder Crossmedia & Online-Management. Daneben bieten wir auch einen zertifizierten Studiengang Journalismus an.

Ihr Lehrgebiet ist Crossmedia- und Onlinemanagement, was lernen dort die Studenten?
Die Studenten lernen, wie man über verschiedene Medien hinweg denkt, d.h., wir beschäftigen uns mit der Frage, was macht das einzelne Medium aus und wie kann man die Medien optimalerweise zusammenführen. Dabei betrachten wir die Medien nicht nur als Werbeträger, sondern es geht auch darum, wie man die Inhalte auf den unterschiedlichen Medienkanälen ausspielt, also wie man Crossmedia aus Sicht der Medienunternehmen nach dem Gesichtspunkt der Wertschöpfung betreibt.

Dr.Philipp Riehm, Macromedia Hochschule

Was ist für Sie Crossmedia?
Crossmedia ist, wenn ich mehrere Medienkanäle bespiele, gutes Crossmedia ist, wenn ich es sinnvoll mache. Crossmedia ist hartes Handwerk sowohl auf der Kreationsseite als auch auf der Planerseite und bei der Umsetzung für die einzelnen Kanäle.

Was ist der Vorteil des Medienkanals Online für crossmediale Kampagnen?
Online ist das eigentliche Crossmedia-Medium, weil hier alle anderen klassischen Medien halbwegs darauf abbildbar sind.

Wie schätzen Sie die derzeitige Online- und TV-Mediennutzung ein?
Wenn wir die Mediennutzung als Ganzes betrachten, dann ist Online natürlich ein wichtiger Faktor, noch spannender ist aber inzwischen für mich die Frage nach der parallelen Nutzung der Medien und was zurzeit zwischen Online und TV stattfindet. Gerade die Verlinkung von TV auf Online für Informationen zum Produkt und der Möglichkeit zur Interaktivität ist dabei extrem wichtig. In meiner Zeit bei SUPER RTL haben wir sehr oft im laufenden Programm auf unsere Kinder-Onlineplattform toggo.de verwiesen. Es war immer wieder extrem interessant festzustellen, wie in nur wenigen Minuten nach einem Hinweis in der TV-Sendung auf toggo.de die Onlinenutzung gestiegen ist. Unsere Kollegen in Holland berichteten uns, dass die Kinder dort auch kompliziertere Linkhinweise während der TV-Sendung innerhalb kürzester Zeit online folgen konnten.

Und wegen dieser parallelen Nutzung verweisen inzwischen die TV-Sender auf Online-Produkte?
Nicht nur. Die TV-Sender können deshalb ihre inhaltliche Diversifikation vorantreiben, weil derzeit die Werbebuchungen so schlecht sind. Dann nutzt man die freien Werbeinseln für Hinweise auf die eigenen Online-Produkte.

YouTube Screenshot. Crossmedia Kampagne Nivea for Men mit Jogi Löw

Zur richtigen crossmedialen Kommunikationsstrategie gehört immer die Frage, was man kommunizieren möchte und nicht über welche Kanäle. Die Kreation ist nach meiner Meinung für jede Kampagne ausschlaggebend. Der Ansatz „Wir müssen jetzt was Crossmediales machen“, um dann darauf die Konzeption aufzubauen, ist kein glücklicher Weg. Es funktionieren immer die Kampagnen am besten, bei denen die Kreation stimmt. Eine Werbekampagne kann von der Media-Agentur handwerklich noch so gut geplant sein, sie wird scheitern, wenn die Kreation nicht stimmt.

Viele Kunden wissen ja zunächst gar nicht, was sie kommunizieren wollen, dann holen sie sich eine Agentur ins Haus und lassen sich von dieser möglicherweise vereinnahmen. Der Werbekunde sollte also vorher wissen, was seine Kommunikationsziele sind. Das Risiko, sich dann zu verzetteln, ist sowohl für die Agentur als auch für den Werbungtreibenden hoch. Natürlich ist es immer ein Findungsprozess, aber je genauer beide Seiten wissen, was sie wollen, umso besser kann eigentlich nur die Kampagne werden.

Produziert man eigentlich für eine Crossmedia-Kampagne nur immer einen TV-Spot?
Eine TV-Kampagne mit einem Motiv durchzuführen ist aus Kostengründen natürlich nachvollziehbar. Wenn man aber verschiedene Zielgruppen im breiten Medium TV auf verschiedenen Sendern ansprechen möchte, bietet es sich an, Varianten des Spots bzw. des Motivs zu nutzen   eine interessante Strategie, sie steht und fällt damit, dass man innerhalb der gesamten Kampagne an der Kernbotschaft festhält.
 
Was sind bei Crossmedia die bewährten Mediakanal-Kombinationen?
Natürlich gibt es zahlreiche Studien und Expertenmeinung dazu. Ich würde mich da aber nicht festlegen wollen, weil es sehr stark auf das Produkt ankommt, das ich bewerben möchte. Dazu zwei Beispiele: Ein Angebot einer Versicherung wäre für das Plakat weniger sinnvoll als ein TV-Spot, um die Leute zu triggern, dass sie sich weiterführende Informationen im Internet holen. Anders bei Autos als sehr entscheidungsintensive Produkte, die aber auch mit Status verbunden sind. Da lohnt sich eine starke Visualisierung mit Plakat, TV und Print.

Neptun Crossmedia Award 2009

Meines Erachtens in der Werbeerfolgskontrolle; grundsätzlich besteht die Schwierigkeit darin, die gewonnenen Datensätze aus den verschiedenen Datenquellen bzw. Medien miteinander zu verknüpfen. Damit meine ich die Modelings – ein großes Thema in der Werbewirkung. Das sind statistische Verfahren, um herauszufinden, welcher Medienkanal welchen Anteil auf den Abverkauf hatte bzw. welches Medium wie viel auf den Erfolg einer Kampagne eingezahlt und welcher Werbeeuro sich also tatsächlich gelohnt hat.

Sie sind Jury-Mitglied beim Neptun Award 2009: Was wird den Sieger des Neptun Awards ausmachen?
Ich bin selbst sehr gespannt, da wie jedes Mal nicht die Fachjury, sondern das anwesende Fachpublikum den Sieger küren wird. Die Jury macht nur eine Vorauswahl; beim Event selbst werden die Kampagnen nochmals von den Agenturen vor dem Publikum „gepitcht“. Es wird die Kampagne das Rennen machen, die eine gute Idee handwerklich sauber und auf mindestens drei Medienkanälen umgesetzt hat – und das will schon was heißen.

Vielen Dank für das Gespräch

Über den Autor/die Autorin:

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