Das Geschäft mit der Videowerbung im Internet hat von 2007 bis 2008 ein rasantes Wachstum hingelegt. Allein für Deutschland spricht Nielsen Media Research für diesen Zeitraum von fast 260 Prozent Zuwachs (12,3 Mio. Euro 2008) Auf Einladung von Adtech konnte Adzine ein wenig hinter die Kulissen schauen und an einem Open Training Day für Traffic-Manager teilnehmen. Dort ließ man in Bezug auf Werbespots (Video-Ads) im Bewegtbild keine Zweifel aufkommen, dass der IAB-(Interactive Advertising Bureau)-Standard mit seiner „Digital Video Ad Serving Template“-(VAST)-Spezifikation für alle Marktbeteiligte nur Vorteile bringe. Das Problem ist nur, dass dieser Standard noch keiner ist.
Video-Content und seine Vermarktung sind derzeit ein heißes Eisen. Viele Websitebetreiber und ihre Vermarkter haben für ihre Videoinhalte das TV-Budget als Erlösquelle im Visier. Auch für Werbungtreibende liegt der Vorteil auf der Hand, denn soweit sich geeignete Videoumfelder finden lassen, kann man die bereits produzierten TV-Spots zielgerichtet und parallel zur TV-Kampagne ins Netz verlängern. Bei steigender Nachfrage stehen wiederum die Publisher unter Druck, ihre Sites mit Videoinhalten auszurüsten. Nachrichtenseiten und Zeitungsableger ohne Videoinhalte erscheinen schon fast altbacken. Für die Nutzer sind Bewegtbilder als Informations- und Unterhaltungsquelle schlichtweg selbstverständlich geworden.
Weniger selbstverständlich ist hingegen die technische Realisierung, um mit Videoinhalten Geld zu verdienen. Bei der Einbindung von Werbespots in Videoinhalte gibt es einige Stolpersteine, die der internationale Branchenverband IAB mit seiner Richtlinie über die VAST-Spezifikation jedenfalls zum Teil aus dem Weg räumen will. Die wenigsten Videoplayer kommunizieren fehlerfrei mit Adservern. Es fehlt einfach an der einheitlichen Schnittstelle zwischen den Videoplayern der Publisher und den Adservern der Agenturen. Die Einbindung der Werbespots als Pre-, Mid- oder auch Postroll in den eignen Video Player und Adserver erfordert heute noch viel Handarbeit und manuelle Anpassung. „Ein wahnsinniger Aufwand, der viel Manpower bindet und unnötig Kosten verursacht“, erklärt Carsten Böttcher, Sales Engineer und Rich Media Spezialist bei Adtech.
Böttcher spricht von einer dramatischen Reduzierung des Arbeitsaufwandes, wenn die IAB-Spezifikation VAST überall bei den unterschiedlichen Videoplayern der Publisher Einzug halten würde. „Der IAB hat definiert, wie die unterschiedlichsten Videoplayer eine standardisierte Kommunikation mit dem Adserver aufnehmen können.“ Wer zum Beispiel ein Videoportal betreibt und mit 20 Agenturen zusammenarbeitet, braucht nur noch am eigenen Server eine URL zu definieren und eine Kampagnen-ID zu vergeben. Die Werbemittel, also die Werbespots bleiben auf den Adservern der Agenturen, da die Anfrage des Videoplayers nur auf eine Antwort des Adservers in XML-Format respondieren muss.**
Die VAST-Spezifikation gibt eine Orientierung darüber, wie ein Videoplayer mit einem Adserver kommunizieren kann, regelt also die Integration von Werbung im Videoplayer auf technischer Ebene. „Mit der einheitlichen Anwendung der IAB-Richtlinie könnten die Vermarkter, aber auch die Agenturen in Zukunft wirklich großflächig über das ganze Internet Werbespots ausliefern“, sagt Böttcher.
Doch was der IAB Ende Juli 2008 zu Papier gebracht hat, ist immer noch nicht verabschiedet. Von Nachbesserungen ist hinter den Kulissen die Rede, was auch Thomas Klimpel, Geschäftsführer von mov.ad bestätigt: „Die VAST-Spezifikation des IAB ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, doch es ist immer noch kein Standard, sondern ein Vorschlag, der noch nachgebessert werden soll." Der OVK (Online-Vermarkterkreis) des BVDW erklärt dazu, dass VAST bisher für Deutschland weder ein Standard noch eine Richtlinie sei. Innerhalb des Arbeitskreises habe man aber eine Projektgruppe Bewegtbild gebildet, die unter der Leitung von Jens Pöppelmann, IP Deutschland, die Übertragbarkeit der IAB-Richtlinie auf den deutschen Markt überprüft. Ziel ist es laut OVK, bis zur dmexco im September eine Richtlinie zu definieren, die sich so nah wie möglich an der IAB-Richtlinie für Video-Ads (VAST) orientiert.
Carsten Böttcher empfiehlt aber, auf Publisherseite nicht unbedingt bis dahin zu warten: „Es sind noch sehr wenige Publisher, die sich bereits auf die IAB-Standards eingerichtet haben. Wir informieren aber schon jetzt unsere Kunden darüber, dass es diese neuen IAB-Richtlinien gibt und dass sie bald als Standard kommen werden. Wer heute ein System neu aufsetzt und sich dabei mit Videoinhalten beschäftigt, sollte gleich diese neuen IAB-Spezifikationen für den Videoplayer umsetzen.“ Adtech will in naher Zukunft in weiteren Städten wie München, Berlin und Frankfurt solche Open Training Days anbieten, wie uns der Country Manager von Adtech, Torsten Ostmeier, versichert. Offensichtlich gibt es gerade beim Einbinden von Video-Ads erhöhten Aufklärungsbedarf.
Wenn es um Standardisierung von Video-Ads geht, sieht Klimpel von mov.ad mit dem IAB-Vorstoß noch längst nicht alle Fragen geklärt: „Ein großer Vorteil liegt sicherlich in der großen Flexibilität und den Trackingmöglichkeiten auch für noch kommende Video-Ad-Formate. Aber selbst wenn all dies bald als Standard anerkannt wird, sind damit noch längst nicht alle Schwierigkeiten für Videowerbung aus dem Weg geräumt. Es bleiben immer noch Fragen nach dem generellen Handling von Videos sowie ihrer Auslieferung unbeantwortet, die nur in einem ganzheitlichen Lösungsansatz beantwortet werden können", erklärt Thomas Klimpel, Geschäftsführer von mov.ad, die u.a. komplette Lösungen für In-Stream Ads anbietet.
Selbst die Definition der Werbeformate ist nicht abschließend geklärt, wie ADZINE vom OVK erfuhr: „Der Arbeitskreis AdTechnology Standards im OVK arbeitet an der besten Lösung für den deutschen Markt und stimmt sich dabei mit den internationalen Gremien und Verbänden ab. Dabei berücksichtigen wir sowohl die technische Integration als auch die Standardisierung von Formaten, um die Buchung nach dem Motto ‚Ein Werbemittel alle Vermarkter‘ in Zukunft zu ermöglichen", sagt Alexander Schott von United Internet Media und Leiter des Arbeitskreises.
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