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SEARCH MARKETING

Das Verhältnis SEM-Agentur und Kunde – Beispiele für vertragliche Regelungen

Martin Schirmbacher, 19. Februar 2009

In der Werbebranche ist es üblich, dass um vertragliche Vereinbarungen nicht viel Aufhebens gemacht wird. In der Regel bespricht man die Konditionen und den Leistungsumfang kurz am Telefon oder im Rahmen eines Pitch. Anschließend wird das so vereinbarte allenfalls noch im Rahmen eines Angebotes festgehalten und um kurze Bestätigung per Telefax gebeten. Wenn die Auftragsbestätigung vorliegt, ist ein Großteil der Leistungen zumeist erbracht. Dies gilt offline wie online und ändert sich in der Regel erst mit erheblich zunehmendem Umfang der Leistungen oder nach schlechten Erfahrungen.

In 90 % der Fälle geht diese Verfahrensweise gut. Dies heißt aber auch, dass es bei jedem zehnten Auftrag kleinere oder größere Diskussionen mit dem Kunden gibt. Streitigkeiten zwischen der Agentur und dem Kunden werden in der Regel durch Nachverhandlungen (sprich: Preisnachlässe) geregelt. Schließlich will man den Kunden nicht verärgern und mögliches Folgegeschäft gefährden. Nur in wenigen Fällen kommt es zu ernsthaften Streitigkeiten.

Die Hintergründe möglicher Auseinandersetzungen sind vielfältig und von den konkreten Vertragsinhalten abhängig. Geht es um gestalterische Leistungen, sind oft die Rechte an den Arbeitsergebnissen Gegenstand von Streit. Bei der Suchmaschinenoptimierung ist es oft der (ausbleibende) Erfolg, der diskutiert wird. Ein häufiger Streitpunkt bei Verträgen über Suchmaschinenmarketing ist die Frage der Verantwortlichkeit für Rechtsverletzungen. Wird etwa der Werbetreibende wegen der Buchung fremder Marken als Keyword bei Google-AdWords kostenpflichtig abgemahnt, kann sich die Frage stellen, ob der Kunde die Agentur wegen der entstandenen Kosten in Anspruch nehmen kann.

Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere SEM-Verträge nicht einmal ein Mindestmaß an Sicherheit für Kunde und Agentur im Streitfalle bieten. Im Folgenden wird eine Auswahl möglicher Regelungsgegenstände eines Vertrages zwischen einer SEM-Agentur und einem Markenartikler kurz dargestellt. Die vollständige Fassung dieses Beitrages erscheint demnächst in der Printausgabe von AdZine.

Leistungsbeschreibung

Wesentlicher Bestandteil eines jeden Vertrages ist die Definition der konkret geschuldeten Leistung. Dabei eignet sich die Leistungsbeschreibung nicht dazu, in Standard-Verträgen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen untergebracht zu werden, es sei denn, es handelt sich tatsächlich um ein standardisiertes – in jedem Einzelfall – einheitlich angewandtes Produkt. Die Leistungsbeschreibung hat daher Ihren Platz in dem Auftragsformular oder in einem im Einzelnen ausgehandelten Vertrag.

Die Beschreibung der Leistung in dem Vertrag hat weitreichende Folgen für den Vertrag im Übrigen. Aus Sicht der Agentur sind möglichst enge Leistungsdefinitionen zu empfehlen. Je weiter und je offener die Leistungsbeschreibung ist, umso weiter ist der Kanon möglicher Pflichtverletzungen, umso größer auch die Gefahr, wegen Nicht- oder Schlechtleistung in Anspruch genommen zu werden.

Eine Konkretisierung dessen, was tatsächlich geschuldet ist, empfiehlt sich grundsätzlich auch aus Sicht des Kunden. Nur wenn sich das Besprochene auch in dem Vertrag wiederfindet, kann der Kunde realistisch einschätzen, ob die vereinbarte Vergütung sachgerecht ist.

Bei SEM-Verträgen ist es aus Sicht der Agentur wesentlich zu regeln, dass geschuldete Leistung lediglich die Betreuung der Accounts des Kunden bei den verschiedenen Anbietern ist. Es empfiehlt sich darauf hinzuweisen, dass ein Einfluss auf das konkrete Angebot des Suchmaschinen-Anbieters nicht besteht. Hier gilt es letztlich, die Leistungsbeziehungen zwischen Agentur und Suchdienst abzugrenzen.

Schwierig ist bei SEM-Verträgen zu definieren, zu welchen Leistungen die Agentur konkret verpflichtet ist. Aus Sicht des Kunden ist letztlich lediglich relevant, aus möglichst geringen Google-Kosten eine möglichst hohe Conversion-Rate zu generieren. In welchem Umfang die SEM-Agentur dabei tätig ist und was genau die Agentur für ihr Honorar tut, ist dem Kunden oft gleichgültig. Aus diesem Grund muss es auch aus Sicht der Agentur nicht sinnvoll sein, konkrete Manntage oder konkrete Aufgaben des Dienstleisters zu definieren. Wichtig ist es aber möglicherweise festzulegen, wer die Auswahl der Keywords bestimmt und ob die Agentur verpflichtet ist, die Buchung der Keywords auf die Vereinbarkeit mit geltendem Recht hin zu untersuchen.

Sind die Leistungen schwer zu definieren, ist dem Kunden dringend zu empfehlen, flexible Kündigungsfristen zu vereinbaren, um auf mangelhafte Leistungen der Agentur möglichst schnell reagieren zu können.

Sinnvoll ist es unter Umständen, zu Klarstellungszwecken kurz aufzulisten, was alles nach dem Vertrag nicht geschuldet sein soll. Insbesondere bei unerfahrenen Kunden kann eine Abgrenzung zwischen SEM und SEO in den Vertrag aufgenommen werden.

Vergütung

Natürlich ist ein wichtiger Vertragsbestandteil die Regelung der Vergütung der Agentur. Die Erfahrung zeigt, dass ganz verschiedene Vergütungsmodelle für SEM-Verträge eingesetzt werden.

Derzeit wohl am häufigsten verwendet wird eine monatliche Pauschalvergütung, die die Leistungen der Agentur unabhängig von dem tatsächlichen Aufwand honoriert. Denkbar ist aber auch eine Vergütung nach Mannstunden oder nach Einzelleistungen, zum Beispiel einzelnen Keyword-Kampagnen.

Schließlich ist auch eine Verknüpfung der Vergütung der Agentur mit den über die Kampagnen erzielten Umsätzen denkbar. Eine Agentur, die sich darauf einlässt, muss sich bewusst sein, dass eine solche Regelung das Geschäftsrisiko stark auf die Agentur verlagert, die ja nur bedingt Einfluss auf die Qualität von Website und Produkten des Kunden hat.

Natürlich sind alle möglichen Kombinationen aus diesen Modellen denkbar. Letztlich sind Vergütungsfragen eine der wenigen Punkte, über die tatsächlich verhandelt wird. Daher gilt es, das Verhandelte möglichst präzise in den Vertragstext aufzunehmen und die Folgen einer Entscheidung für ein bestimmtes Vergütungsmodell zu berücksichtigen.

Zwingend sind Regelungen darüber, wer zusätzlich anfallende Fremdkosten trägt. So sind insbesondere Regelungen über die für den Suchmaschinen-Anbieter anfallenden Kosten notwendig, auch wenn in der Regel Klarheit bestehen sollte, dass solche Fremdkosten der Kunde zu tragen hat.

Weitere Regelungen

Die hier vorgestellten Regelungsbereiche bilden nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was in einem Vertrag über SEM-Leistungen geregelt werden sollte. Darüber hinaus ist eine Vielzahl weiterer Aspekte regelungsbedürftig.

Dazu zählen aus Sicht der Agentur vor allem Beschränkungen von Gewährleistung und Haftung. Hinzutreten konkrete Regelungen von Laufzeit und Kündigung. Auch Nebenpflichten des Kunden (Datensicherungsmaßnahmen, Benennung von Ansprechpartnern, Mitwirkung bei der Generierung relevanter Keywords etc.) und Vorschriften über die rechtliche Verantwortlichkeit für Keyword-Auswahl und Anzeigentext sind ratsam. Dazu zählt auch eine Aufklärung über Google-Optionen, wie ‚Broad Match’.

Weitere Einzelheiten und Formulierungsbeispiele finden Sie in der ADZINE Printausgabe Nr. 1 / 2009.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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