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ANALYTICS

Kundenprofil trifft Surfverhalten

Karsten Zunke, 8. Oktober 2008

Kampagnen und Landingpages sollen optimiert, die Performance-Indikatoren verbessert und Aktionsabbrecher frühzeitig erkannt werden. Webanalyse-Lösungen werden dadurch immer umfangreicher. Aber auch Business-Intelligence-Anbieter entdecken den Online-Kanal für sich, sammeln Online-Daten und werten sie aus. Webanalyse und Business-Intelligence wachsen zusammen -aus beiden Richtungen. Nicht ohne Grund: Denn unter Beachtung des Datenschutzes ist eine Datenintegration von online und offline generierten Daten in vielen Bereichen sinnvoll. Integrierte Datenpools sorgen letztlich dafür, dass sich ein klares Gesamtbild der genutzten Marketing- und Vertriebskanäle ergibt.

"Durch die Datenanreicherung mit Daten aus weiteren Systemen, wie etwa CRM-Daten, gewinnt Webcontrolling an Bedeutung als strategisches und taktisches Instrument", sagt Susanne Köhler, Geschäftsführerin von Mindlab Solutions. Die aktuelle Lösung des Unternehmens, die Suite netmind 4.0 enthält daher neben einer Webanalyselösung auch ein Visual Datamining Tool, um sehr große Datenbestände per Mausklick zusammenzuführen und sofort Korrelationen in beliebigen Dimensionen herzustellen. "Diese Erweiterung wird kundenspezifisch genutzt, um ein Gesamtbild von Onlinevertriebskanälen und Kundenkaufverhalten beziehungsweise Kundeninformationsinteresse herzustellen", erläutert Köhler. Das in netmind enthaltene Kampagnentool misst Konversionen jeder einzelnen Aktivität, wie unter anderem Newsletter-Marketing, Affiliate-Marketing und Keywordmarketing, mit den jeweils entsprechenden Kosten (CPC, CPO).

Kündiger surfen anders

"Schon heute werden Online-Daten und klassische CRM-Daten zusammengeführt", erläutert Dr. Peter Gentsch, Chief Analyst der Business Intelligence Group. So kann das Verhalten auf der Unternehmenswebsite mit dem CRM-System gematcht werden. Wie viele Produkte hat ein User gekauft, welches Surfverhalten hat zum Kauf geführt und wie oft hat er das Callcenter angerufen, um sich zu beschweren. "Technisch ist vieles möglich und die Ergebnisse sind in der Regel sehr aufschlussreich", so Gentsch. Die Business Intelligence Group hat für einen Kunden beispielsweise ein Projekt durchgeführt, um deren Kündiger zu analysieren. "Dabei haben wir herausgefunden, dass ein bestimmtes Verhalten auf einer Webseite für Kündiger typisch ist. Dieses Surfverhalten ist damit ein Indikator für Kündigungen -ein echtes Frühwarnsystem. Tracking-Daten erklären so manche Kundendaten", sagt Gentsch. Allerdings muss die datenschutzrechtliche Seite bedacht werden. Tracking-Daten mit Stammdaten zu verbinden ist eigentlich nur mit Erlaubnis des Betroffenen erlaubt. Man darf also nicht das Userverhalten tracken und diese Daten dann ohne Erlaubnis des Nutzers mit den CRM-Daten verknüpfen. "Manche Firmen holen sich die Erlaubnis, indem sie das Einverständnis bereits in ihren AGBs festschreiben, aber diese Variante halte ich für eine ungeeignete Lösung, weil dies Irritationen und Missverständnisse bei den Nutzern nach sich ziehen kann. Mit einer Anonymisierung ist man als Unternehmer auf der sicheren Seite", rät Gentsch.

Wer soll integrieren?

Eine spannende Frage dürfte sein, wo diese Datenintegration stattfindet. Ob sich die Webanalyse-Lösungen tatsächlich zu zentralen Marketing- und Vertriebsdatenpools entwickeln, ist ungewiss. Mindlab Solutions geht mit seiner Produktfamilie netmind zum Beispiel deutlich den ganzheitlich geprägten Lösungsansatz. Neben der Kopplung mit dem Visual Datamining Tool und einer differenzierten Kampagnen-Analyse wird das Produktportfolio ergänzt mit netmind Customer Targeting, eine Lösung, die in Echtzeit Besucher verhaltensbasiert mit zum Kundenprofil passenden Empfehlungen anspricht.

Der Business Intelligence Spezialist SAS bietet heute ebenfalls schon vieles aus einer Hand -von Datenintegration, -management und -analyse über das Reporting bis hin zur grafischen Aufbereitung der Informationen. Und hat selbstverständlich auch bereits Web Analytics im Portfolio. "Die Web-Analytics-Anbieter können von den Business-Intelligence-Anbietern sehr viel lernen, vor allem hinsichtlich der starken Analysemöglichkeiten und Datamining-Techniken", sagt Unternehmensberater und Web-Analytics-Experte Frank Reese. Die Analytics-Anbieter wiederum hätten sehr gute flexible Oberflächen entwickelt. Intuitiv zu bedienende Dash-Boards, die sich flexibel anpassen lassen. "Das ist komfortabler, als einen Datenanalysten im Unternehmen anzurufen und das Reporting anzufordern", so Reese. Web Analytics und Business Intelligence nähern sich immer weiter an. Und die Web-Analytics-Lösungen werden dabei in der Regel umfangreicher.

Analyse und Integration weitergedacht

"Webanalyse ist ein wichtiges Thema, aber heute nicht mehr ausreichend. Man muss weiterdenken", sagt Stefan Berger, Country Manager Germany, Austria, Switzerland and Eastern Europe von Omniture. Früher war das Unternehmen ein reiner Web-Analytics-Anbieter, heute positioniert sich Omniture als Dienstleister für die Optimierung des Online Business. Daher bietet das Unternehmen mittlerweile beispielsweise auch ein Bid-Management für SEM-Kampagnen und Tools für die Integration von vorhandenen Marketinganwendungen an, um eine einheitliche Sicht auf die Online-Marketing-Aktivitäten zu ermöglichen.

Aber nicht jedes Unternehmen möchte seine Daten einem Dienstleister übergeben, hat zudem eventuell schon Lösungen im eigenen Haus. "Die Daten in der bestehenden Marketing- und Vertriebsdatenbank zusammenzuführen, ist eine gute Alternative. Das ist vor allem für große Firmen mit eigenen Business-Intelligence-Systemen ein praktikables Modell", sagt Web-Analytics-Experte Reese. Der Warenhauskonzern Karstadt nutzt zum Beispiel die Webanalyse-Lösung Sitestat von Nedstat als ASP-Modell. Die Web-Analyse-Daten integriert Karstadt in seine Systeme und verarbeitet sie intern weiter. Werden für den Karstadt-Online-Shop E-Mail-, Banner- oder SEM-Kampagnen durchgeführt, fließen diese Daten ebenfalls in den gemeinsamen Datenpool. So wird die Effektivität der einzelnen Maßnahmen auf einen Blick ersichtlich. Auch Transaktionsdaten und Versandinformationen kommen in den Datenpool. Am Ende des Verarbeitungsprozesses werden die Daten in das Buchhaltungssystem von Karstadt.de eingespeist.

"Über eine API-Schnittstelle ist Karstadt in der Lage, unsere Webanalyse-Daten einer neutralen Plattform zur Verfügung zu stellen. Dort können diese dann mit Daten aus Content-Management-, CRM- oder anderen Systemen zusammengeführt werden, um relevante Informationen für Marketing und Vertrieb zu generieren. Die Einführung von Web Analytics in diesen Prozess ermöglichte siebenstellige Optimierungsgewinne", erläutert Ralf Haberich, Marketingleiter D/A/CH bei Nedstat.

Webanalyse auf Datawarehouse-Basis

Einen umgekehrten Weg verfolgt EXAConsult. Rund um alle Datawarehouse-Prozesse ist das Unternehmen beratend tätig. Im Bereich E-Business bietet man mit der eAnalytics Solution Suite eine komplette Web-Analyse und -Controlling-Lösung mit über 70 Berichtsapplikationen. "Wir betreiben schon heute Web Analytics auf Datawarehouse-Basis", erläutert Swen Feegers, Marketing Manager bei EXAConsult.

Hier scheint schon zusammengekommen, was zusammengehört: Jeder Kunde erhält eine individuelle Umgebung per Online-Zugang im EXAConsult-Rechenzentrum. Die Unternehmen liefern die jeweiligen Daten an und sämtliche Applikationen laufen beim Dienstleister. "Die Daten werden meist bei uns zusammengeführt und ausgewertet. Aber wir installieren entsprechende Applikationen auch beim Kunden inhouse", erläutert Feegers und ergänzt "auf diese Weise ist es möglich, E-Business-Daten mit sämtlichen anderen Daten -zum Beispiel mit Kunden-Daten -so zu verknüpfen, dass entweder neue oder fundiertere Erkenntnisse entstehen, die als Basis für zukünftige Marketing- und Vertriebs-Aktionen dienen."

Ein neues Berufsbild?

Umsetzer für solche Datenintegrationen können nach Ansicht Feegers die eigene IT-Abteilung oder eben eine Beratungs- oder E-Business-Firma sein. Auch Web-Analytics-Anbieter werden selbst beratend tätig. Denn echte Webanalyse-Experten gibt es in den Unternehmen bisher kaum. Oft sind es vor allem die Mitarbeiter in Business-Intelligence-, CRM- oder Datawarehouse-Abteilungen, die nun den Online-Kanal mit übernehmen. "Aber diese Menschen tun sich schwer damit. Sie sind gedanklich noch stark in Stamm- und Sales-Daten verhaftet. Ihr Verständnis für Klick-Stream-Analysen ist in der Regel äußerst gering. Aber Klick-Stream-Daten lassen sich nicht 1:1 ins Datawarehouse überschreiben, man muss mit diesen Daten arbeiten, sie filtern und aufbereiten", erläutert Gentsch. Klassische Datawarehouse- oder CRM-Manager müssen ein Verständnis für die Online-Daten bekommen. "Wer hier nicht reagiert, verschläft die Zukunft", sagt Gentsch.

Über den Autor/die Autorin:

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