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VIDEO

Video-Netzwerke - die Lösung für bewegte Reichweite

Karsten Zunke, 11. September 2008

Über drei Milliarden Online-Videos haben sich die Deutschen allein im Wonnemonat Mai dieses Jahres angeschaut, haben die Marktforscher von comScore ermittelt. Für Werbungtreibende auf den ersten Blick eine verlockende Zahl. Allerdings eignen sich die wenigsten Videos weder vom Inhalt noch von der Qualität für Werbeeinblendungen. Wer hochwertigen Video-Content bei den bekannten Online-Vermarktern belegen möchte, muss sich seine Reichweite mühsam zusammensammeln, von zusätzlichen technischen Hürden ganz abgesehen. Video-Ad-Networks könnten sich hier als Problemlöser entpuppen.

Verschiedene Spezifikationen, Aussehen, Funktionalitäten, Größen oder unterschiedliche Programmierungen - was den Nutzern in der Regel nicht auffällt, ist für Marketer ein großes Problem: Es gibt keinen einheitlichen Standard für die Video-Player im Netz. Jeder Websitebetreiber hat sie nach seinem Gutdünken konfiguriert, eingebunden und spezifiziert. Wer also Pre-, Mid- oder Postroll-Ads in den Videos platzieren möchte, müsste theoretisch passende Ads für jeden Player produzieren, auf dem die Werbung laufen soll. Ein enormer Aufwand, zumal dann ein zersplitterter Markt bebucht werden muss.

"Wir haben das einmal hochgerechnet: Wenn man sich an die klassischen Online-Vermarkter hierzulande wenden würde, um deren komplette Video-Content-Reichweite zu buchen, müsste man zirka 120 verschiedene ADs bauen, die auf zahlreichen verschiedenen Player-Systemen laufen", sagt Jean-Pierre Fumagalli, Gründer und Chef des Video-Werbe-Netzwerkes Smartclip. Zudem habe man etliche Ansprechpartner, viele Reportings.

Fumagalli weiß, wovon er spricht, denn seit April dieses Jahres schlägt er genau aus diesen Anfangshürden der Videowerbung Kapital. Zusammen mit Roland Schaber hat er smartclip.de gegründet, ein reines Video-Werbenetzwerk. Beide bezeichnen ihr neues Unternehmen als reinen Bewegtbildvermarkter, "der nur geprüften und redaktionell erstellten Video-Content" vermarktet. Und sie poolen Reichweite: Schon über 120 Millionen Video-Views werden mittlerweile auf diese Weise pro Monat vermarktet.

Reichweite aggregieren

Das Prinzip: Jede Website und jeder Vermarkter behält seinen speziellen Player, aber smartclip baut alle Player so um, dass sie Third-Party-Adserving fähig sind und eine spezielle API-Schnittstelle haben. Diese fungiert als eine Art Übersetzungstool und sorgt dafür, dass alle Player mit dem Werbemittel einheitlich korrekt umgehen können und vom Streaming-Ad-Server richtig angesteuert werden. Das Ad ist dabei immer gleich programmiert. Die Agentur muss daher nur ein Werbemittel anliefern, das dann portalübergreifend auf den unterschiedlichsten Video-Playern ausgeliefert werden kann. Weiterer Vorteil ist ein einheitliches Reporting. Für Auslieferung und Reporting arbeitet smartclip mit EyeWonder zusammen.

Der US-amerikanische Technik-Dienstleister beschäftigt sich ebenso wie Doubleclick oder eyeblaster mit der Auslieferung von Rich-Media-Werbung. "Wir nennen das treffender Interactive Digital Advertising", sagt Ken Marco Gitzen, Managing Director EyeWonder Germany. "Video-Netzwerke sind aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit, dass Reichweitenproblem für Instream-Video-Ads zu lösen", sagt Gitzen. Die einzige Alternative wäre enormer händischer Aufwand. "Aber das wollen weder die Media- noch die Kreativagenturen", so Gitzen. Smartclip bündelt die Inventories der Anbieter und übernimmt die Anpassung und Integration der verschiedenen Player. Das macht es Mediaagenturen leichter, Video-Ad-Impressions einzukaufen. Und letztlich müssen sich Werbungtreibende keine Gedanken über Spezifikationen oder mögliche Anpassungen machen, sondern können die Reichweite buchen, die sie benötigen.

Videowerbung bei Fox

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt das Video-Netzwerk Utarget.Fox. Sobald eine definierte Content Site geschlossen wird, startet das hinter dieser Seite wartende Werbevideo in einem eigenen Browserfenster und verlinkt nach Ablauf automatisch auf die Landingpage des werbenden Unternehmens - zum Beispiel auf den Car-Konfigurator eines Automobilherstellers. Für dieses "VideoSub" genannte Format baut das Unternehmen sukzessive ein eigenes Werbenetzwerk auf. "Dazu greifen wir auf einzelne Websites zu, die eine Co-Vermarktung zulassen, nutzen aber auch große Vermarkter, die freies Inventar für Kampagnen zur Verfügung stellen", erläutert Andreas Wolfes, Managing Director Utarget.Fox. Aber auch bei Utarget.Fox wird schon heute Video Content akkumuliert und es können auch Pre-Rolls vor dem eigentlichen Video Content geschaltet werden.

Das Unternehmen hat seinen Ursprung in Großbritannien, beschäftigt sich dort schon seit gut drei Jahren mit Videowerbung. In Deutschland besetzt man das Thema Video erst seit einem knappen halben Jahr und kann schon auf bestehende Technologie und Erfahrungen aus UK aufsetzen.

"Mediaplaner können aus einer Hand über uns buchen, ohne mehrere Vermarkter ansteuern zu müssen", so Wolfes. Dazu setzt die Firma auf eine Technologie, die nach eigenen Aussagen mit den meisten gängigen Playern kompatibel ist. Details dieser Technologie möchte Wolfes nicht preisgeben. Nur bei wenigen Ausnahmen müsse etwas händisch implementiert werden, der Aufwand sei sehr gering. "Das Problem der Kompatibilität mit verschiedenen Videoplayern und Formaten gibt es bei uns faktisch nicht", sagt Wolfes. Die Auslieferung der Video-Ads erfolgt über eigene Ad-Server und eigene Streaming-Server. Der Kunde liefert nur den Spot, alles andere übernimmt Utarget.FOX.

Vorreiter USA?

In den USA haben sich schon zahlreiche Video-Ad-Networks etabliert, dort sind Firmen wie Videoegg, Tremor Media, Glam Media, BrightRoll oder Adotube aktiv. Auch Advertising.com bietet in den USA bereits Pre-Roll Inventory auf Cost-per-Click-Basis an. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis dieses Angebot auch in Deutschland verfügbar ist.

Klassische In-Page-Ads, also Video-Ads, die in Standard-Bannerformaten ablaufen, sind weitaus verbreiteter. Sie können beispielsweise sogar im Google-Content-Netzwerk geschaltet werden - entweder als Click-to-Play-Video-Anzeigen oder als Gadget-Ads, das sind Miniwebsites in einem beliebigen Adsense-Anzeigenformat. Das Content-Netzwerk des Internet-Giganten ist nach dessen Angaben das größte Ad-Network der Welt und erreicht 75 Prozent aller Internetnutzer weltweit.

Deutschland: Viel Wachstum und wenig Umsatz

Die Video- und Streamingformate sind zusammengenommen im zweiten Halbjahr 2007 in Deutschland das am stärksten wachsende Format der klassischen Online-Werbung gewesen. Die Investitionen hatten sich im Vergleich zum ersten Halbjahr 2007 den Zahlen des OVK zufolge fast vervierfacht. Satte 228 Prozent betrug die Wachstumsrate für diesen Zeitraum. Ein Blick auf die absoluten Umsätze ist nach den euphorischen Wachstumszahlen ernüchternd.

Für das erste Halbjahr 2008 liegen dazu Zahlen von Nielsen Media Research vor. Demnach sind die mit Video-Ads erwirtschafteten Brutto-Werbeumsätze in Deutschland im 1. Halbjahr 2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 402 Prozent gestiegen, die Umsätze betrugen aber lediglich mickrige 3,62 Millionen Euro. Das größte Stück vom Kuchen entfällt dabei auf die beiden TV-Sendergruppen ProSiebenSat1 und RTL beziehungsweise deren hauseigene Online-Vermarkter Sevenone Interactive und IP Deutschland. Aber längst nicht alle Vermarkter melden ihre Bewegtbildumsätze detailliert an Nielsen Media Research, gleiches gilt für Video-Ad-Networks.

Vermarkter bauen Video-Content aus

Auch klassische Online-Vermarkter wie United Internet Media bieten im Videobereich eine komplette Palette an Videoformaten vom klassischen Banner über In-Stream-Werbeformen, wie Pre- oder Post-Roll-Ads, bis hin zum redaktionell anmutenden Video-Special. Aber auch hier hat man die Erfahrung gemacht, dass sich In-Stream-Formate im Vergleich zum klassischen TV-Spot nicht in breitenwirksamen Reichweiten äußern. Bewährt hat sich bei UIM die Zusammenführung und Erweiterung reichweitenstarker Platzierungen um Special-Interest-Umfelder. Beispielsweise werden In-Stream-Formate im Bundle mit dem bildschirmfüllenden MaxiMotion Spot in der Reichweite ergänzt und dank Targeting um Special-Interest-Umfelder erweitert. "Mit Web.de TV, GMX TV und unseren Video-Communities setzen wir hier sowohl auf professionelle Inhalte als auch auf vom Nutzer generierte Inhalte", erläutert UIM-Vorstand Matthias Ehrlich die Video-Content-Strategie.

Die Online-Vermarter der TV-Sender haben hingegen den klaren Vorteil, dass sie auf viele Video-Inhalte aus erster Hand zugreifen können. Jeder zweite Werbe-Euro bei der Bewegtbild-Werbung fließt laut den von Nielsen Media Research erhobenen Umsätzen in die Kassen von SevenOne Interactive, nämlich 1,96 Millionen Euro im 1. Halbjahr 2008. Bei IP Deutschland - in dieser Statistik die Nummer zwei - blieben demnach lediglich 664.000 Euro Bruttowerbeumsatz hängen. Das Unternehmen kommt nach eigenen Angaben auf rund 100 Millionen Video-Views pro Monat. Und das soll künftig mehr werden. "Der Ausbau unserer Bewegtbild-Kompetenz steht ganz klar im Mittelpunkt unserer Portfolio-Strategie", sagt Frank Herold, Leiter Interactive Solutions bei IP Deutschland. Der Vermarkter fügt seinem Portfolio immer wieder neue Portale mit Video-Schwerpunkt hinzu, zum Beispiel in jüngster Vergangenheit Kochbar.de und Frauenzimmer.de. Gleichzeitig werden die Video-Angebote aller weiteren Sites stetig ausgebaut - das Potenzial sei groß, die Nachfrage wachsend. "Mittlerweile verspürt man nach und nach auch ein Umdenken bei den Kreativagenturen, die ihre Überlegungen in Bezug auf Spotlängen und Rechtefragen im Hinblick auf Bewegtbild im Netz miteinplanen."

"Der Ausbau unserer Bewegtbild-Kompetenz steht ganz klar im Mittelpunkt unserer Portfolio-Strategie", sagt Frank Herold, Leiter Interactive Solutions bei IP Deutschland. Der Vermarkter fügt seinem Portfolio immer wieder neue Portale mit Video-Schwerpunkt hinzu, zum Beispiel in jüngster Vergangenheit Kochbar.de und Frauenzimmer.de. Gleichzeitig werden die Video-Angebote aller weiteren Sites stetig ausgebaut - das Potenzial sei groß, die Nachfrage wachsend. "Mittlerweile verspürt man nach und nach auch ein Umdenken bei den Kreativagenturen, die ihre Überlegungen in Bezug auf Spotlängen und Rechtefragen im Hinblick auf Bewegtbild im Netz miteinplanen."

TV-Budgets im Visier

Auch das Interactive Advertising Bureau (IAB) möchte die Videowerbung einfacher buchbar machen und technische Hürden einreißen. Es hat daher kürzlich ein "Digital Video Ad Serving Template" (VAST) vorgestellt. Einen Standard, der es ermöglichen soll, digitale Videoplayer und Video Ad-Server so zu bauen, dass sie die gleiche Sprache sprechen.
In vielen Richtungen muss also noch ein Umdenken einsetzen, damit Bewegtbild-Werbung nicht nur bei den Wachstumsraten, sondern auch den Umsätzen abhebt. Das Potenzial scheint riesig. Smartclip hatte laut Fumagalli in den ersten drei Monaten nach Start bereits einen Auftragseingang in insgesamt siebenstelliger Euro-Höhe. "Weit über 50 Prozent unserer Werbegelder kommen aus TV-Budgets und nicht aus Online. Und wenn sie aus dem Online-Topf kommen, dann in der Regel aus den großen Reichweitenbudgets", beschreibt Fumagalli die veränderte Lage in der Online-Werbung. Für die Vermarktung wendet sich das Netzwerk daher nicht nur an Online-Media-Agenturen, sondern auch an TV-Planer.

Über den Autor/die Autorin:

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