Was lange währt ... Funktioniert das mobile Geschäftsmodell für Publisher?
Karsten Zunke, 26. Juni 2008...wird endlich gut - möchte man meinen. Wer noch vor drei Jahren im mobilen Internet werben wollte, entschied sich meist für ein Channel-Branding oder platzierte Logos. Dynamische Bannerwerbung auf dem Handy-Display war eher die Ausnahme. Mittlerweile wird das mobile Internet immer umfangreicher, auch das zarte Pflänzchen Bannerwerbung wächst. Sicher ist jedoch, dass Mobile Advertising für Publisher zunehmend interessanter wird. Da immer mehr große Portale ins Handy-Web drängen, erhöht sich automatisch die Reichweite, was zunehmend Werbungtreibende anzieht. Das wiederum dürfte auch jene Publisher freuen, die ihre Seiten noch nicht mobil optimiert haben, möglicherweise aus mangelnden Refinanzierungsperspektiven.
Das Handy-Portal OnVista.mobil wurde vom Start weg, seit September 2007, vermarktet. "Wir hatten überlegt, welche Vermarktungsstrategie wir auf unserer mobilen Website umsetzen können. Kostenpflichtige Services schienen uns ungeeignet, um eine hohe Reichweite zu erzielen", sagt Markus Nimtz, Leiter Product Management des Finanzportals OnVista. Also entschied sich das Unternehmen, auf dem mobilen Portal Werbeplätze zu vermarkten. Ein halbes Prozent der Reichweite der klassischen Internetseite hatte OnVista für das erste Jahr als Ziel anvisiert. Nimtz ist zufrieden: "Bis Ende des Jahres werden wir das Ziel erreicht haben. Die TKPs sind vergleichsweise hoch, wir erwirtschaften einen positiven Deckungsbeitrag und haben somit in kurzer Zeit die Entwicklungskosten eingespielt."
TKPs für Publisher lukrativ
Das ist eine gute Nachricht für Publisher: Die zu erzielenden TKPs sind im mobilen Web meist höher als im "stationären" Internet. Ein typisches Phänomen neuer Medien. Da die Reichweite fehlt, sind die verfügbaren Werbeplätze knapp - das schlägt sich in TKPs nieder, die im mobilen Web etwa zwischen 40 und 80 Euro liegen.
"Langfristig müssen die TKPs im Mobile-Bereich aber crossmedial konkurrenzfähig sein. Sonst sind Kunden und Agenturen nicht gewillt dauerhaft Budgets in dieses Medium zu shiften", warnt Heiko Genzlinger, Commercial Director Yahoo Deutschland. Denn warum sollte jemand im mobilen Netz werben und dafür mehr zahlen als im klassischen Internet oder anderen Medien? Auch wenn die Umsätze im Mobile Advertising noch nicht gewaltig sind: "Es rechnet sich für uns bereits", sagt Genzlinger.
Zum Online-Vermarkter oder zum Spezialisten?
Freie Werbeflächen ihrer mobilen Auftritte können Publisher entweder selbst, über einen Online- oder einen Spezial-Vermarkter verkaufen. Einige Firmen wie United Internet Media oder Yahoo vermarkten ihre mobilen Websites in Eigenregie. "Wir haben zum einen die langjährige Expertise unserer Sales-Teams und zum anderen haben wir die nötige Technologie, um mobile Websites zu vermarkten", erläutert Genzlinger. Zudem gäbe es kaum Unterschiede zwischen einer mobilen und eine klassischen Internetseite: "Wir machen schon jetzt die Erfahrung, dass wir für beide Arten von Websites die gleichen Ansprechpartner haben, welche die Budgets verteilen. So gesehen macht es für uns Sinn, die Mobile-Websites auf unserer Technologie und über unsere bestehende Salesforce zu vermarkten", sagt Genzlinger.
Vodafone MediaSolutions greift für die Vermarktung des Portals Vodafone live! - nach eigenen Angaben des Unternehmens das reichweitenstärkste Portal in Europa - auf den Online-Vermarkter Gruner und Jahr EMS zurück. Der vermarktet bereits auch die klassischen Websites arcor.de, vodafone.de und vodafonelive.de. "Die Ansprechpartner für Online und Mobile in den Agenturen sind in vielen Fällen identisch, so dass das breite Kontaktnetzwerk von EMS die Basis für den Vermarktungserfolg unserer Angebote ist", sagt Burkhard Leimbrock, Director Vodafone MediaSolutions. Nicht zuletzt würden viele Kunden zudem durch das umfangreiche Vermarktungsportfolio überzeugt, mit dem crossmediale Kampagnen bei Service aus einer Hand realisiert werden können. "Seit Bestehen von Vodafone MediaSolutions!, also seit gut einem Jahr, haben wir bereits mehr als 100 Kampagnen verkaufen können", sagt Leimbrock. Man habe bereits im ersten Jahr mehrere Millionen Euro umgesetzt. "Viele unserer Kunden werden zu Mobile Advertising-Fans und buchen schon die dritte oder vierte Kampagne", berichtet Leimbrock.
Mobile Advertising schreibt schwarze Zahlen
Neben einigen Online-Vermarktern buhlen Spezialvermarkter um die Gunst der Publisher. So greifen sogar einige Online-Vermarkter beim Thema Mobile Advertising selbst auf Spezialisten wie YOC oder Nokia Interactive zurück. YOC ist derzeit das einzige unabhängige Vermarktungsnetzwerk für mobile Seiten in Deutschland. Es tritt sowohl als Co- wie auch als Exklusivvermarkter auf und verfügt über ein Portfolio von mehr als 30 Titeln.
Für den Online-Vermarkter der ProSiebenSat1.Gruppe, SevenOne Interactive, sind Kooperationen mit Spezialdienstleistern gelebte Praxis. So arbeitet man beim In-Game-Advertising mit nexxter, bei Podcasts mit Liquid Air Lab und beim Mobile Advertising mit YOC zusammen. "Als audiovisuelles Medienhaus ist es unsere Strategie, auf allen Kanälen vertreten zu sein: On screen, on line, on demand und eben auch on the go - also auf dem Handy", sagt Matthias Falkenberg, Geschäftsführer SevenOne Interactive. Die Umsätze aus der mobilen Vermarktung seien zwar verglichen mit der Vermarktung der klassischen Portale niedrig, aber man bewege sich beim Mobile Advertising in den schwarzen Zahlen, sagt Falkenberg.
"Es lohnt sich", bestätigt auch Andreas Hofmann, Bereichsleiter Vertrieb, Sport1 GmbH. Während Sport1 das klassische Internetportal über den ebenfalls zur Konzernmutter EM Sport Media gehörenden Online-Vermarkter Adimpulse vermarktet, hat man sich für die mobilen Websites ebenfalls an einen Spezial-Dienstleister gewandt. "Noch ist das Mobile-Advertising kein so großes Geschäft, dass der Aufbau einer eigenen Vertriebsmannschaft und vor allem größere Investitionen in die Technik gerechtfertigt wären", so Hofmann. Der Vorteil dieser Entscheidung: Der Dienstleister erstellt nicht nur die mobilen Sport1-Content-Seiten und übernimmt das Adserving, sondern liefert auch gleich noch die mobilen Jump-Pages mit. Schließlich sollen User nach einem Bannerklick nicht auf einer Seite im klassischen Internet landen und sich mit unnötigen Ladezeiten plagen müssen.
AdServer machen mobil
Viele Werbungtreibende haben für ihre Kampagnen heute noch keine geeigneten Landing-Pages im mobilen Internet. Hier ist es von Vorteil, wenn der Dienstleister die mobilen Seiten nicht nur vermarktet, sondern entsprechende Kampagnensites gleich miterstellt. "Diese Seiten sind mit den Micro-Sites im klassischen Internet vergleichbar und werden an die nötigen Backend-Systeme angebunden", erläutert Heiko Kasper, Senior Manager Mobile Advertising bei YOC. Als Backend-Systeme fungieren in der Regel CRM-Lösungen, welche die Nutzerdaten verarbeiten.
Die Informationstiefe solcher Landing-Pages ist zwar geringer als die klassischer Internetseiten, aber die Funktionalitäten können sehr vielfältig sein, beispielsweise lassen sich Formulare für Probe-Anforderungen oder Gewinnspiel-Teilnahmen einbinden. Die Reportingmöglichkeiten entsprechen generell jenen im klassischen Internet. "Wenn die Landingpage von uns erstellt wird, können wir auch verschiedene Conversion-Stufen auswerten", erläutert Kasper.
Aber es sind weitere technische Besonderheiten zu beachten. Vor allem der Adserver muss spezielle Anforderungen erfüllen. So gibt es verschiedene Handymodelle mit unterschiedlich großen Displays, die unterschiedliche Dateiformate unterstützen. Der Adserver muss daher erkennen, welcher Handy-Typ auf einer mobilen Seite surft und dann nicht nur das Banner in der passenden Displaygröße ausliefern, sondern auch dafür sorgen, dass der Banner auf dem Gerät des Nutzers optimal dargestellt wird.
Keine Angst vor dem iPhone
Angst vor dem iPhone hat die Branche nicht. Hersteller Apple wirbt damit, dass man mit seinem iPhone nicht durch irgendein mobiles Internet surft, sondern durch das "richtige" Internet. Auf spezielle mobile Websites wäre man damit nicht mehr angewiesen. Doch die mobile Nutzungssituation ist noch eine andere. Komplexe klassische Websites können auf einem kleinen Display weder sinnvoll erfasst, noch gut bedient werden. Schlank und simpel heißt daher das Erfolgskonzept von Angeboten im mobilen Internet.
"Es macht sehr wohl Sinn, heute extra mobile Websites zu erstellen und mobile Banner zu schalten", bekräftigt Joachim Bader, Vice President Mobile Marketing MindMatics. Die Agentur entwickelt mobile Kampagnen, übernimmt die Mediaplanung und vermittelt zwischen Werbungtreibenden und Vermarktern. Es werde noch Jahre dauern, bis die Masse aller Endgeräte auch normale Websites mit passabler Usability darstellt. Kleine Displays und lange Ladezeiten machen spezielle Seiten für das mobile Internet notwendig. "Der Trend geht dahin, dass viele Firmen jetzt erst das mobile Internet entdecken", sagt Bader.
Falkenberg spürt sogar schon eine starke Nachfrage nach Umfeldern für Bewegtbild-Werbung. Man biete bereits erste Integrationen von Video-Ads für Kunden und Agenturen an. "Ein Big-Business werden Video-Ads auf dem Handy aber erst, wenn sich hier Standards herausgebildet haben und sich eine breite User-Gemeinde durch entsprechende Endgeräte und Tarife - vor allem Flatrates entwickelt hat", blickt Falkenberg nach vorn.
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