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MEDIA

Mobile Planung: Wer, wie, was?

Michael Röhrs-Sperber, 26. Juni 2008

Das mobile Internet wird dank iPhone und Co. zunehmend populärer. Bezahlbare Handy-Datenflatrates tauchen als sogenannte Fair-Flats auf. Bei diesen Entwicklungen werden auch die Werber zunehmend hellhörig. Inwieweit eignen sich die heutigen mobilen Web-Angebote und auch die Handydisplays dazu, eine Botschaft möglichst an die richtige Adresse zu transportieren?

"Das Potenzial ist mit mehr als 100 Mio. Mobilfunkverträgen und mehr als 80% internetfähigen Handys im deutschen Markt gigantisch. Laut DENIC gibt es in Deutschland ca. 12 Mio. Web-Domains. Davon sind nur geschätzte 30 mobiloptimiert, haben gleichzeitig mehr als 500.000 Page-Impressions und sind mit Text- oder Bannerwerbung belegbar", so Christoph Wilke, Managing Director bei MEC Interaction. Adzine wollte wissen, was und wen kann man als Werbetreibender heute schon auf den mobilen Endgeräten mit seinen Botschaften erreichen.

Welche Zielgruppen lassen sich heute schon über Mobile Advertising adressieren?

"Viele werden jetzt denken, nur downloadwütige Teenager. Diese sind im Irrtum", möchte Maria Park, Head of Digital Development von MindShare Interaction, erst mal mit einer Fehleinschätzung aufräumen. Für sie sind ebenfalls die Business-Zielgruppe der Entscheider und die lifestyleaffinen mobilen User gut zu erreichen. "Diese interessieren sich besonders für aktuellen Content oder bestellen z.B. gern Proben (Duft, Degustation etc.). Die sogenannten Silver Surfer (50+) sind zwar im Kommen, aber noch nicht relevant."

Für Sascha Jansen, Managing Director Zed digital, stechen derzeit ebenfalls die zwei Usergruppen hervor: "Die junge, funorientierte Zielgruppe mit Begeisterung für die neuen Medien und Business-User, für die das Mobiltelefon ein unerlässliches Tool im Arbeitsalltag ist. Bei den Branchen gehören vor allem die Automobilbranche, ITK- und E-Commerce-Unternehmen zu den Werbetreibenden." Ergänzend hierzu: "Wer die junge Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen erreichen will, wird auf Dauer nicht um Mobile Advertising herumkommen!"

Finanz-Umfelder gehören laut Christoph Wilke, Managing Director bei MEC Interaction, auch dazu. Sie "bieten ein gutes Potenzial, kaufkräftige Zielgruppen zu erreichen." Aber auch breitere Zielgruppen lassen sich heute schon erreichen. So findet man bei Vodafone "dank der Vodafone live!-Flatrate eine sehr ausgewogene breite Streuung über die Gesamtbevölkerung und trotz Targetings immer auch eine gute Reichweite bei den meisten Altersklassen."

Mobile Kampagnen als Stand-Alone oder im Mix?

"Hier gibt es keine Grundregel. Wie alle anderen Media-Bausteine wird auch Mobile als Werbeträger individuell mit seinen Vor- und Nachteilen bewertet und entsprechend dem jeweiligen Kampagnenziel eingesetzt. Dies kann als Verlängerung einer klassischen Kampagne, als Stand-Alone-Kampagne oder als wichtiger Baustein einer Crossmedia-Kampagne sein. Das Besondere des Mobiltelefons: Wie auch das Internet kann das Handy im Grunde alle Medien miteinander verknüpfen und gleichzeitig Inhalte in verschiedenster Form transportieren - von der Textbotschaft bis hin zum Bewegtbild. Vorteil des Handys zudem: Über kein anderes Medium lässt sich der Konsument so unmittelbar erreichen, wie über das Mobiltelefon, dass User in der Regel allerorts und jederzeit dabeihaben. Mobile und Plakat lassen sich beispielsweise über QR-Codes verknüpfen, bei denen der User Video-Clips auf sein Mobiltelefon erhält oder mit einer Microsite verlinkt wird", fasst Sascha Jansen zusammen.

Maria Park ergänzt: "Die aktuell noch zu geringe Reichweite der mobilen Portale, die Intransparenz der Kosten für das mobile Surfen und die abweichenden technischen Standards der Endgeräte lassen nur selten 'Mobile Only'-Kampagnen zu. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die besten Resultate durch eine crossmediale Einbindung erzielt wurden." Christoph Wilke kann hier nur zustimmen: "Sobald eine Kampagne geplant wird, führt kein Weg an der Integration von Mobile vorbei, wenn bei der Zielgruppe relevanter mobiler Content oder Gewinnspiele, die zur Marke oder dem Produkt passen, in das Gesamtkonzept mit einfließen können. Durch die Nutzung der verschiedensten Zugangskanäle gibt man dem 'empowered user' die Freiheit, zeit- und ortsunabhängig auf die Angebote der Marke zu reagieren."

Welche Kampagnenziele unterstützt Mobile Advertising?

"Mobile Aktivitäten können sowohl Awareness- als auch Responseziele unterstützen, d.h., sowohl Aufmerksamkeit durch Mobile Banner erregen als auch Teilnehmer, Downloads, Probebestellungen etc. generieren. Sogar eine Schnittstelle von einem Mobile-Registrierungsformular zu einer Online-Datenbank ist mittlerweile möglich", schildert Maria Park die Möglichkeiten und erhält Zustimmung von Jansen, der aber das Potenzial für die Zielsetzung 'Awareness' etwas einschränkt: "Awareness steht derzeit bei vielen Kampagnen nicht an erster Stelle. Reichweiten sind im mobilen Web derzeit noch sehr gering. Ausnahmen bilden sehr spitze Zielgruppen, wie beispielsweise die der Telekommunikationsbranche. Hier kann Mobile Advertising auch genutzt werden, um Awareness zu erzielen."

Wilke unterstreicht für sich die Alleskönner-Eigenschaften des mobilen Displays. "Mobile Marketing kann sowohl zum Aufbau von Markenbekanntheit, zur Absatzförderung/Erstkontakt mit neuen Produkten (Couponing, Sampling) als auch zur Intensivierung der Kundenbeziehung (Sampling, exklusive Angebote, Loyality-Plattform) genutzt werden. Besonders positive Effekte auf Image- und Sympathiewerte der Marke konnten wir beim Einsatz von Mobile Advertising feststellen. Die Verknüpfung von klassischer Werbung als Reichweitenbringer im Zusammenspiel mit einer mobilen Website als Rückkanal für weitere Informations- und Produktanforderungen hat sich als starker Pfeiler beim Aufbau von CRM-Daten für Kunden gezeigt. Die Chance, über den mobilen Kanal an zusätzliche Kunden-Leads zu kommen, erhöht sich umso mehr, je mehr die Produkte eine hochklassige Zielgruppe mit wenig PC-Internetzeit aufgrund hoher Reisetätigkeit ansprechen."

Unterschiede in der Planung von mobilen zu "normalen" Online-Kampagnen und wie sieht es mit Targeting aus?

Maria Park erklärt: "Bei der Online-Planung war anfangs ja auch nicht alles möglich. Abgesehen von den Einschränkungen der Seitenwahl und den Formaten muss sich gerade bei Mobile Advertising die mobile Adserver-Technologie noch sehr steigern. Targeting-Kriterien, wie Soziodemografie, Regionen, Interessen oder Frequency Caps, welche wir aus der Online-Planung gewöhnt sind, um Streuverluste zu vermeiden, sind hier noch nicht möglich aber auch noch nicht nötig. Bei den aktuellen Reichweiten genügen Einschränkungen in Rubriken und Portalwahl auch vorerst. Es gibt aber heute schon Targeting-Möglichkeiten, wie z.B. auf Basis des Handytyps, mit denen beispielsweise über eine Smartphone-Selektion Business- oder IT-Entscheider sehr gezielt angesprochen werden können. Mit der massiven Steigerung der Reichweite wird das Tracking auch sehr schnell weiterentwickelt werden. Somit sind momentan nur die Reporting- und die Optimierungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt."

Christoph Wilke sieht das momentan attraktivste Targeting, wie schon von Maria Park erwähnt, im "Endgeräte-Targeting, zum Beispiel auf Business-Smartphones, iPhone-User oder Telefone mit vollwertiger Q-WERTZ-Tastatur. Der Browser des Mobiltelefons bringt dazu alle notwendigen Daten vom Telefonhersteller bis zur Modellreihe und Browsertyp mit. Dahinter liegen bei den meisten Mobile Adservern weitere Daten zu diesen Geräten (Kamera ja/nein, MP3-fähig, UMTS ja/nein), die ebenfalls reichweitenstarke Targetings ermöglichen."

Dirk Kraus, CEO der YOC AG, einem Full-Service Anbieter für Mobile Marketing, ergänzt zum Smartphone-Targeting: "So erreichen zum Beispiel Mercedes Benz, Vodafone und die Deutsche Bahn sehr trennscharf Kernzielgruppen für spezielle Produkte"

Durch die Analyse der Endgeräteeigenschaften wird auch sichergestellt, dass jedes Handymodell das Werbemittel erhält, welches es auch noch optimal darstellen kann, um die aus Offline-Medien gewohnte Abbildung von Marke und Botschaft auch zu gewährleisten.

Werbemittel: Welche Formate stehen zur Verfügung?

Jansen sieht vor allem klassische Banner und Sponsoring. "Denkbar sind im Grunde auch alle digitalen Werbemittel - vom multimedialen Ad bis hin zum Bewegtbild. Doch noch nicht alles ist technisch derzeit möglich oder umsetzbar. Bewegtbild-Spots im mobilen Web stellen beispielsweise neue Ansprüche an Bildführung und Bildkomposition, weil schnelle Schwenks und Details wie bei klassischen TV-Spots auf den Handy-Bildschirmen gar nicht darstellbar sind. Gefragt sind kurze Videos mit augenfreundlichen Nahaufnahmen, die speziell für das mobile Web konzipiert werden sollten." Park stimmt dem weitestgehend zu: "Momentan werden primär Banner als 'Standardwerbemittel' genutzt. Je nach Portal werden auch einige Sonderformate zugelassen. Hierbei funktionieren Textlinks sehr gut. Wichtiger ist aber durch das eingeschränkte Targeting eher das Umfeld, in dem man wirbt. Autohersteller können zum Beispiel in mobilen Navigationsumfelder bessere Ergebnisse erzielen als in allgemeinen Umfeldern."

"Ein Handydisplay ist klein, nicht jedes Handy kann Animationen abspielen, die Banner sollten nur 3-5 kB groß sein. Das sind Herausforderungen für Kreative und Kommunikations-/ Mediaplaner, die Sie lange nicht mehr im Internet gesehen haben." In dieser letzten Aussage von Christoph Wilke liegt eine tiefere Bedeutung, denn je spezieller Anforderungen an die Kreation, Technik und auch Mediaplanung werden, desto enger müssen die Verantwortlichen in den Agenturen zusammenarbeiten. Deshalb können wir einmal gespannt sein, ob durch die wachsende Bedeutung vom mobilen Internet und natürlich auch Online ganz allgemein die Kreativen und die Planer noch näher zusammenrücken, um Konzepte zu Kampagnen aus "einem Guss" zu machen.

Über den Autor/die Autorin:

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