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Wir glauben an die Renaissance des Generalisten

Sandra Goetz, 1. Februar 2008

Die Multichannel Agentur Tribal DDB gehört zu den in allen Kanälen verlässlichen Hotshots in der Branche. Von ihrer Arbeit in puncto Kommunikationslösung haben sich bereits Big Player wie Volkswagen, Deutsche Telekom, McDonalds, Nike überzeugen lassen. Grund genug für Adzine mal wieder hinter die Kulissen zu schauen und Fragen zur Kreation, zu Online-Werbemittel und klassischen Online-Kampagnen zu stellen. Für das Interview hatten wir uns Managing Partner Kreation Hartmut Kozok auserkoren, doch der hatte in unserem Zeitfenster keine Zeit. Doch wie heißt es so schön, es gibt keine Probleme, sondern nur spannende Herausforderungen, und so stand uns Dr. Peter Figge, CEO und Managing Partner Rede und Antwort.

Adzine: Herr Dr. Figge, auf der Tribald DDB-Homepage werden Sie als "Wildsau" beschrieben. Stört Sie das nicht?

Peter Figge: Ach, das bezieht sich aufs Skilaufen, ich fahre gern rasant, bin aber dennoch verantwortungsvoll. Jedes Jahr zu Ende der Saison mieten wir für ein Wochenende eine Skihütte und laden zum Skifahren per E-Mail ein. Die ersten fünfzig kommen mit.

Adzine: Das hört sich nicht nur demokratisch, sondern ziemlich individualistisch an. Da gehen wir doch gleich in medias res und kommen zur ersten Frage: Wenn es um Online-Kampagnen geht, ist nicht unbedingt die Reichweite das schlagende Argument, dafür jedoch Targetingmöglichkeiten und die stärkere Involvierung jedes einzelnen Nutzers. Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zu einer stärkeren Individualisierung von Online-Werbemitteln?

Peter Figge: Wichtig ist ganz sicher das Thema Individualisierung, welches mit Behaviour- und Contextualtargeting erfasst wird. Man muss sich immer die Frage stellen, was effizienter ist. Ich kann heute viel effizienter Nischenthemen ansprechen. Dies auch individualisiert über ein Kontexttargeting. Je mehr Angebote es für kleinere Gruppen gibt, desto eher setzen wir Kontexttargeting ein.

Adzine: Ist es wirklich realistisch, dass man für unterschiedliche Nutzerprofile auch die entsprechenden Werbemittel produziert? Wenn ja, wie viele könnten das im Extremfall sein?

Peter Figge: Die Zahl lässt sich nicht vorab definieren, wir haben ja auch unterschiedliche Kampagnenziele. Ebenso ist Werbemittel auch nicht gleich Werbemittel. Bei ausgewählten Kunden aus der Gebrauchsgüterindustrie haben wir festgestellt, dass es sinnvoll ist, bereits bei den Pop-ups qualifizierende Abfragen zu machen, um die gewünschten Daten zu erhalten.

Adzine: Wie steht es mit der Interaktivität von Werbemitteln, ist das in Zukunft ein Muss, um die Möglichkeiten des Webs völlig auszuschöpfen?

Peter Figge: Allgemein stellt sich die Frage nach der Interaktivität, nämlich wie viel der Mensch davon will. Grob zu unterscheiden haben wir zwischen schlichten, schnellen Sachinformationen auf der einen und interaktiven Applikationen auf der anderen Seite. Dabei verändern wir uns von großen Sites zu kleinen Anwendungen hin. Was wir brauchen, ist vor allem eine vernünftige Balance von Interaktivität und Individualisierung. Hierzu ein Beispiel: Für unseren Kunden Nike Deutschland haben wir das Widget „Miles“ entwickelt (www.mymiles.de). Das Widget rund um die zentrale Figur „Miles“ soll einerseits neue Kunden auf das Produkt Nike+ neugierig machen, andererseits den Usern Mehrwerte bieten. Der registrierte Nike+ User kann über die Angabe seiner Zugangsdaten Miles zu seinem persönlichen Nike+ Widget machen und sich so seine individuellen Trainingsziele und Wettbewerbe in der Nike+ Laufcommunity im Desktop anzeigen lassen.

Adzine: Da stellt sich aber die Frage, ob die Landing Page dann irgendwann einmal überflüssig wird, wenn wir die Antwort auf ein Gewinnspiel im Banner selbst ablegen können.

Peter Figge: Das kommt auf die Zielsetzung an. Mit der Landing Page will ich ja erreichen, dass sich der User mit einer Information beschäftigt, die es nur auf der Landing Page gibt. Auch hier muss ein guter Ausgleich gegeben sein, denn wenn ich zu viele Informationen beim User abfrage, ist der irgendwann einmal genervt und schlechter oder gar nicht mehr erreichbar. Besser ist es deswegen, in Etappen zu fragen. Kurz und knapp: Eine Landing Page kann sehr viel Sinn machen, wenn sie einen Ausgleich zwischen meinem Informationsbedürfnis und den Daten, die ein User bereit ist zu geben, schafft.

Adzine: Wird 2008 das erste starke Jahr für Online-Videoads?

Peter Figge: Von den technischen Möglichkeiten? Sicherlich, ja. Ob es darüber hinaus ein starkes Jahr wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Die Akzeptanz für Online Ads ist jedenfalls gegeben, und mehr Werbetreibende werden versuchen mehr Videoads unterzubringen. Dabei ist Fakt, dass Online-Videoads schwer wegklickbar sind, es stellt sich auch hier die Frage, wann der User von Videoads genervt ist. Dazu muss man sich die Fragen nach der Relevanz des Contents stellen, nach der Platzierung, Best und Worst Case-Szenarien. Ende dieses Jahres werden wir alle mehr wissen.

Adzine: Wie sehen Sie die Möglichkeiten des mobilen Webs für Werbung? Machen Standardwerbeformen auf einem Handydisplay überhaupt Sinn oder können mobil nur sehr individuelle Lösungen funktionieren?

Peter Figge: Hier muss man sich die Ausgangssituation vor Augen halten: Selten bin ich ungestört, meine Aufmerksamkeitsspanne ist eingeschränkt. Somit stellt sich die Frage nach a) Relevanz, b) Nutzen und c) Darstellung. Wenn ich diese Fragen anhand meiner Ausgangslage und meines Kommunikationszieles beantwortet habe, bin ich entscheidungsfähig, will heißen, dass auch Standardwerbeformen Sinn machen können.

Adzine: Wie schaut es aus mit der Messbarkeit von Markenkommunikation im Internet, wie kann man die Wirkung von Online-Branding messen? Durch Klicks?

Peter Figge: Für "Online-Branding" gilt prinzipiell dasselbe wie für die Markenbildung mit Hilfe der sogenannten klassischen Medien. Klickzahlen und Conversionrates sagen ebenso wenig etwas über qualitative Effekte wie Reichweite oder Durchschnittskontakte. Das heißt, welche Facetten des Markenbildes in welcher Weise beeinflusst werden, muss im Rahmen von Werbewirkungsstudien ermittelt werden - mit allen Problemen und Einschränkungen hinsichtlich der Wirkungsabgrenzung oder -zurechnung, die wir seit jeher von Kampagnen kennen, die mehr als nur ein Medium nutzen.

Adzine: Die Platzierungs- und Einbindungsmöglichkeiten von Werbung auf den unendlich vielen Seiten im Internet macht die Mediaplanung zu einem wichtigen Know-how-Träger auf Agenturseite. Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Media und Kreation heute und rücken die Bereiche tendenziell noch näher und früher zusammen?

Peter Figge: Wie hier gearbeitet wird, ist ein höchst kriegsentscheidendes Moment. Durch Individualisierungs- und technische Möglichkeiten können Mediaagenturen das nicht mehr alleine lösen. Mediaagentur, Kreativagentur und Vermarkter sollten deswegen vorher die Verzahnung der Aufgabe und ihrer Arbeit abklären. Aktuell laufen wir in eine kritische Phase, wie man an den Diskussionen rund um Google deutlich ablesen kann. Langfristig kann hier nicht mehr nach dem klassischen Provisionsmodell gearbeitet werden. Eine Zeitlang hat man versucht vieles zu trennen, heute stehen wir vor der Aufgabe, Dinge wieder zusammenzufügen. Deswegen gehen wir von einer Renaissance des Generalisten aus.

Adzine: Herr Dr. Figge, wir danken herzlich für dieses Gespräch und wünschen viel Spaß auf der Piste.

Über den Autor/die Autorin:

Sandra Goetz ist seit 2006 als freie Autorin für ADZINE an Bord. Ihr Fokus liegt auf Interviews zu aktuellen Innovationsthemen im digital Media und Marketing. Außerdem schaut sie sich bei ihren Auslandsreisen immer wieder nach spannenden Geschichten aus der globalen Marketing-Welt um, Interviews inklusive. Seit 2016 verantwortet Sandra die ADZINE Entscheider-Serie.

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