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Online-Werbemuffel

James Kurz, 29. Februar 2008

Wann haben Sie zuletzt einen Einkauf (Flug, Hotel, Mietwagen, Schmuck, Kleidung, Elektronik, Geschenke, Autos etc.) getätigt, ohne vorher Online-Recherche zu betreiben? Selbst wenn Sie es vorziehen, offline einzukaufen, würden Sie eine große Anschaffung machen, ohne sich zuerst im Web zu informieren? Während einige die Dinge noch immer auf althergebrachte Weise tun, verlässt sich die überwiegende Mehrheit auf das Internet, um Recherche und Preisvergleiche zu betreiben, bevor sie etwas kauft.

Jeder Marketing-, Werbungs- und Kommunikationsprofi sollte sich dessen bewusst sein, wie das Web unser tägliches Leben verändert. Der Medienkonsum hat sich in den letzten 10 Jahren drastisch verändert, wobei das Web nicht weit hinter dem Fernsehen zurückbleibt.

Aber wenn man über die Qualität dieses Konsums nachdenkt, fällt es nicht schwer zu argumentieren, dass das interaktive wohl das wichtigste Medium darstellt, um Konsumenten zu erreichen und einzubinden. Bis 2011 soll der Online-Medienkonsum (das Internet) das Fernsehen als das Medium Nummer 1 übertroffen haben. Die Trends sind unmissverständlich - und es wird nie mehr so sein, wie es früher einmal war.
Trotzdem sind einige Industriezweige sehr schwerfällig in der Anpassung an die sich verändernden Konsumtrends. Pauschal gesprochen verwenden Werbetreibende nur etwa 7,5% ihrer Werbebudgets für Online-Kommunikation. Wenn Konsumenten nahezu 20% ihres Medienkonsums online bewältigen, warum haben sich die Budgets nicht entsprechend angepasst?

McKinsey weiß Bescheid

McKinsey hat vor kurzem eine Studie vorgestellt, in der Antworten von 410 Marketing Executives in den USA eingeflossen sind. Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Industriezweigen, wie der Telekommunikation, Technologie und Software, Geschäftsdienstleistungen, dem Finanz- und Energiesektor. McKinsey stellte folgende Hürden für ein stärkeres Online-Engagement fest:

- 52% unzureichende statistische Belege für die Wirkung von Online-Kommunikation
- 41% unzureichende Ressourcen und Know-how innerhalb der Unternehmen
- 33% Schwierigkeiten, das "Upper" Management zu überzeugen
- 24% beschränkte Reichweite digitaler Angebote
- 18% unzureichendes Know-how oder Fähigkeiten der Agentur

Zusammengefasst sind die unzureichenden Fähigkeiten (Inhouse und bei der Agentur) die Haupthemmnisse, in Online-Werbung zu investieren. Dies ist nicht verwunderlich, da Online-Marketing relativ neu, doch irgendwie komplex ist und sich schnell verändert. Die meisten Firmen versuchen immer noch zu verstehen, wie die "Neuen Medien" funktionieren und kommen gar nicht nach, Strategien zu entwickeln und sie zu nutzen. Die Knappheit an talentierten Fachkräften kommt noch erschwerend hinzu. Sowohl für Unternehmen als auch Agenturen ist das Recruiting eine ganz eigene Marketingdisziplin und Herausforderung geworden.

Die zweite Hürde ist die fehlende Belegbarkeit der Wirkung, welche nicht recht nachzuvollziehen ist, da Online-Marketing weit besser messbar ist als traditionelle Werbung. Ich glaube, dass es Unternehmen noch nicht gelungen ist, das Ergebnis von Online-Kommunikation in Begriffe zu fassen, die auch für die Finanzchefs eine verständliche Maßeinheit darstellen.

Die Potenziale und die Dynamik des Online-Marketings dem "Upper" Management zu erklären, ist eine langwierige Aufgabe und stellt somit das drittgrößte Hindernis dar. Die Chefetagen sind bisweilen noch zu weit von der digitalen Realität entfernt und haben die Dimensionen des Wandels noch nicht völlig verinnerlicht. Die McKinsey-Studie liefert wichtige Anhaltspunkte, jedoch gibt es auch noch wichtige Ergänzungen zu machen, die eine Studie vielleicht so nicht hervorbringen kann.

Es herrscht teilweise noch der Glaube, dass Online-Marketing nur Sinn mache, wenn man eCommerce betreibt. Tatsächlich verkaufen einige der größten Online-Werbetreibenden nicht online. Aber sie haben erkannt, dass die meisten Konsumenten das Web nutzen, um Recherche zu betreiben, bevor sie in den Laden gehen. Und da die Menschen dazu neigen, mehr und öfter im stationären Handel einzukaufen, als sie dies online tun, ist der Wert eines "Ladenkäufers" relativ gesehen höher. Daher sollten Einzelhandelsketten, Markenartikler und auch Dienstleister eher noch mehr ausgeben als ihre Online-Konkurrenten.

Status-Quo-Mentalität

Viele fühlen sich unwohl dabei, etwas zu verändern oder neue Dinge zu erlernen, und bevorzugen es deshalb, den Status quo beizubehalten und zu tun, was sie immer getan haben. Sie sehen eher die Risiken als die enormen Chancen beim Beschreiten neuer Wege. Es werden nur wenige Mitarbeiter dafür gefeuert, für Aktionen, die sie schon immer gemacht haben. Denn Online-Marketing ist nicht nur ein weiterer "Kanal"; es sind oft auch Veränderungen in Prozessen und Betriebsabläufen notwendig. Abteilungen wie Marketing und IT müssen enger miteinander verzahnt werden und ggf. auch Kompetenzen eher einer Produktlinie als dem Dienstleister IT zugeordnet werden. Es ist die Bereitschaft, Strukturen aufzubrechen, um das Potenzial des Webs voll ausschöpfen zu können und die gewünschten Zielgruppen digital einzubinden.

Die Trends sind unverkennbar. Digitale Medien werden weiterhin traditionellen Medien den Rang ablaufen und Unternehmen müssen sich dem Wandel stellen. Die Vorkämpfer nutzen bereits die Möglichkeiten des Online- und Mobile-Marketing; die, die es zunächst mal „so laufen lassen“, müssen sich auf eine Aufholjagd gefasst machen.

Bild James Kurz Über den Autor/die Autorin:

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