Ob Castrop-Rauxel, Einöd oder Müggenburg: Schätzungen zufolge haben 40 Prozent aller Suchanfragen im Internet einen lokalen Bezug. Entsprechend heiß umkämpft ist dieser Werbemarkt. Platzhirsch Google hat es im lokalen Suche-Revier nicht nur mit Verzeichnis-Anbietern, Städteportalen und lokalen Suchmaschinen zu tun. Auch Telefonauskunftsdienste verlagern ihren Fokus ins Internet. Doch der Markt ist kleinteilig, das Suchpotenzial zu monetarisieren schwierig. Mit den unterschiedlichsten Vermarktungskonzepten soll dieser Werbeschatz gehoben werden.
Etwa 1,4 Milliarden Suchanfragen werden pro Jahr in Deutschland getätigt. Der Großteil davon entfällt mit 603 Millionen Suchabfragen jährlich noch immer auf Printmedien. Aber die Internetauskunft erreicht mit 482 Millionen Suchabfragen bereits Platz zwei. Das sind Ergebnisse des ersten Teils der GfK-Studienreihe "Lokale Suche in Deutschland", der dieser Tage veröffentlicht wurde. Abgeschlagen folgen die Telefon- und SMS-Auskunft und CD-ROMs. Jeder dritte Suchvorgang findet damit im Internet statt, so die GfK-Studie. Die lokale Suche im Web ist vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen interessant, die regional begrenzt agieren. Verzeichnisanbieter, Städteportale, Auskunftsdienste und lokale Suchmaschinen wollen mit ihnen im Internet Geld verdienen. Allen voran natürlich Google, und in dessen Windschatten die Suchmaschinen-Marketing-(SEM)-Agenturen.
Potenzial für SEM-Agenturen
"Lokale Suche spielt beim SEM eine immer wichtigere Rolle. Der Otto-Normal-Suchende nutzt für seine lokale Suche primär die Suchmaschine seines Vertrauens und genau dort muss man ihn dann mit einem relevanten Treffer auch abfangen. Lokale Suche verfügt über sehr viel Potenzial, sowohl für Werbetreibende, die stationäres Geschäft ankurbeln wollen, als auch für SEM-Agenturen, die für die Konzepterstellung und Umsetzung verantwortlich sind", sagt Reza Malek, Director Business Development bei der Online-Marketing-Agentur Quisma und Arbeitskreisleiter SEM im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Das Buchen von Firmeneinträgen für Verzeichnisse wie Gelbe Seiten, klickTel, GoYellow & Co. ist aber keine klassische Dienstleistung von SEM-Agenturen. "Selbstverständlich kommt es aber auch vor, dass ein Werbekunde auf seine Agentur verweist oder die SEM-Agentur diese Maßnahme im Rahmen seiner ausgeweiteten Beratungsleistung sieht und dem Kunden empfiehlt", sagt Malek. In der Regel werden die Verzeichnisse aber durch den Direktvertrieb der jeweiligen Anbieter verkauft. Ein Potenzial, das an den Agenturen vorbeiläuft.
Print goes online
In einer besonders komfortablen Lage ist hier die Deutsche Telekom Medien, DeTeMedien. Sie ist Mitherausgeber und Mitverleger von "Das Telefonbuch", "Gelbe Seiten" und "Das Örtliche", die auch im Internet präsent sind. Das Unternehmen arbeitet mit rund 100 mittelständischen Verlagen zusammen und kann dadurch auf eine geballte Vertriebspower von etwa 3000 Außendienstmitarbeitern der Partnerverlage zurückgreifen. Die Tochter T-Info betreibt die lokale Suchmaschine suchen.de. Im Gegensatz zu den Online-Versionen von "Gelbe Seiten", "Das Telefonbuch" oder "Das Örtliche" handelt es sich bei suchen.de um kein Verzeichnis. Es liegt eine echte Suchmaschinen-Logik zugrunde. Und wie bei einer Suchmaschine üblich, können hier Keyword-Anzeigen auf Pay-per-Click-Basis gebucht werden. Akquiriert werden auch diese Werbekunden über den Außendienst der Partnerverlage vor Ort, nicht zentral. "Das überlassen wir den lokalen Partnern. Deren Mitarbeiter kennen den regionalen Markt am besten und können ihre Kunden und deren Internet-Affinität sehr gut einschätzen", sagt Benjamin Broshi. Er ist bei DeTeMedien für die neuen Märkte verantwortlich und betreut bei T-Info die Kommunikation und Strategie. Mit einem Bauchladen sei hingegen niemand unterwegs. Es gibt für jedes der vier Nachschlagewerke einen eigenen Vertrieb. Auch Substitutionseffekte hat Broshi bisher nicht beobachtet. "Die Branche hatte dies zwar anfangs befürchtet, es ist aber nicht eingetreten". Nach wie vor werde ein Eintrag in ein Verzeichnis als Muss angesehen. "Wer da nicht drin ist, existiert als Unternehmen in seinem Ort gar nicht", sagt Broshi. Zudem sei die Conversion-Rate höher als bei den Suchmaschinen, weil in Verzeichnissen eher gezielt gesucht und weniger gestöbert werde.
Die Printverlage drängen dabei immer stärker in den Online-Markt. So sind 16 deutsche Gelbe Seiten-Verlage seit 2007 auch mit zehn Prozent am Internet-Verzeichnis GoYellow beteiligt. Einnahmequellen der Suchplattform sind kostenpflichtige Werbeeinträge sowie der Verkauf von Bannerwerbeplätzen. Die Werbeflächen werden über einen Online-Vermarkter, aber auch direkt vertrieben. Die Verzeichniseinträge können die Gewerbetreibenden selbst schalten. Aber sie werden auch von den Außendienstmitarbeitern der Gelbe Seiten-Verlage im persönlichen Gespräch verkauft. Denn mit ihrer Beteiligung haben die Verlagshäuser auch die Vertriebslizenz für die GoYellow-Einträge erworben.
Wettbewerb von allen Seiten
Mit der Telefonbuch-CD "D-Info" ist klickTel bekannt geworden. Heute setzt das Dorstener Unternehmen neben seinem CD-Auskunftsgeschäft vor allem auf die lokale Suche im Internet. Kostenpflichtige Brancheneinträge sind auch hier die Haupteinnahme-Quelle. Der sogenannte Info-Eintrag für Software, Internet, mobile Suche und Telefonauskunft soll vor allem kleinen und mittelständischen Firmen helfen, über ihre Services und Kontaktdaten zu informieren. Um Verzeichniseinträge zu akquirieren, spricht das Unternehmen seine Zielgruppe über ein eigenes Callcenter sowie ein Außendienstteam an. Bereits 2003 hatte man begonnen, seine digitalen Medien zu vermarkten und in Essen einen Standort für den Werbevertrieb aufgebaut. Neben dem Hauptvertriebsstandort Essen mit 180 Telesales-Mitarbeitern wurden seit Mitte 2007 sechs weitere Vertriebsbüros in deutschen Ballungszentren eröffnet. Im vergangenen Jahr hat klickTel auch begonnen, die Werbeflächen des Portals zusammen mit Orangemedia gezielt zu vermarkten.
Städteportale wie meinestadt.de wollen Google ebenfalls Marktanteile abjagen. Sie sind geradezu prädestiniert, lokale Anfragen zu monetarisieren. Laut den internetfacts 2007 III der AGOF zählt meinestadt.de mit sechs Millionen Unique Usern pro Monat zu den Top-Ten-Angeboten im deutschen Internet. Vom Branchenbuch über lokale Kleinanzeigen und Rubriken-Märkte bis hin zu regionaler Bannerwerbung und Stellenanzeigen - die Palette ortsbezogener Informationen ist hier groß.
Um seine Verzeichniseinträge für die lokale Suche zu vermarkten nutzt die Betreiberfirma, die allesklar.com AG, diverse Vertriebskanäle: Online, Callcenter, Handelsvertreter und Agenturen. Für den Stellenmarkt setzt man auf Key-Account-Vertrieb. Etwa zwanzig Key-Account-Manager sind in mehreren Außenbüros für den Stellenmarkt aktiv und bieten die überwiegend regional ausgerichteten Stellenanzeigen großen Kunden an. In Siegburg, Berlin und Essen betreibt das Unternehmen eigene Callcenter mit insgesamt rund 110 Mitarbeitern und nutzt zusätzlich einen Callcenter-Dienstleiter. In einigen ausgewählten Regionen wird derzeit eine Handelsvertreterorganisation aufgebaut.
11880 erhöht Werbedruck
Auch Telefonauskunftsanbieter versprechen sich viel von der lokalen Suche im Internet. "Lokale Suche ist unser Kerngeschäft - und das schon seit mehr als zehn Jahren", sagt Ulrich Zabel, Director des Geschäftsbereichs "Directory Advertising Services" bei Telegate, unter anderem Betreiberfirma der Telefonauskunft 11880 und der Internetauskunft 11880.com. Dieser lokale Auskunftsdienst ist bereits seit zwei Jahren im Internet aktiv. Jetzt wird dafür richtig Werbedruck erzeugt: Mit einer TV-Kampagne soll das Verzeichnis bekannter gemacht werden. Sechs Prominente verweisen in jeweils 14-sekündigen Spots unter anderem auf die Branchensuche über 11880.com. Auch für diese Suche werden Verzeichniseinträge verkauft. Wie bei anderen Anbietern auch können Gewerbetreibende hier ihre Basis-Kontaktdaten mit Zusatzinformationen wie Öffnungszeiten oder Zahlungsmodalitäten veredeln. Außerdem erhalten sie in Ergebnislisten der 11880.com eine hervorgehobene Position.
"Verzeichnismedien haben gegenüber Suchmaschinen den entscheidenden Vorteil der Datenkompetenz: Durch den Betrieb der Telefonauskunft 11880 verfügen wir über eine eigene Datenbank mit mehr als 41 Millionen Einträgen deutschlandweit, die von unserer hausinternen Datenredaktion täglich aktualisiert, verbrancht und -schlagwortet wird. Das langjährige Know-how in der Aufbereitung von Teilnehmerdaten ist darüber hinaus ein wesentlicher Faktor für die Güte des Suchergebnisses", sagt Zabel stolz. Telegate hat offensichtlich noch rechtzeitig auf das Medium Online gesetzt. Denn betrachtet man speziell die Suche nach gewerblichen Einträgen, wird das Internet der GfK-Studie zufolge schon heute ähnlich häufig herangezogen wie gedruckte Auskunftsmedien. Von den insgesamt 666 Millionen Abfragen nach gewerblichen Einträgen erzielen beide Kanäle jeweils schätzungsweise knapp über 250 Millionen Suchvorgänge pro Jahr. Die Telefon- und SMS-Auskunft hinkt abgeschlagen mit 100 Millionen und die CD-ROM Auskunft mit 56 Millionen Suchvorgängen hinterher. Auftraggeber der Studie war die telegate AG.