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SEARCH MARKETING

Der 3. Versuch

Rupert Turner, 8. Februar 2008

Es ist sicher zu bedeutend, um es zu übergehen, aber so recht weiß ich auch nicht, was ich darüber schreiben soll. Ich habe schon so viele Artikel über Yahoo! und Microsoft in den letzten Tagen gelesen und ich fand keinen so richtig gut. Ich habe eigentlich keine Lust, mich da einzureihen und auch die Comscore Zahlen zu addieren. Es ist ein superkomplexes Thema und jegliche Vorhersage und Bewertung eine absolute Glückssache. Eine Überraschung war das Übernahmeangebot für Yahoo! von Microsoft hingegen nicht, die Art und Weise sowie die Höhe vielleicht schon. Gerüchte gab es etwa seit einem Jahr und schon Anfang Januar gab es an der New Yorker Börse Spekulationen und damit einen kurzfristigen Kursanstieg der Yahoo!-Aktie.

Der Deal hat mich bereits den ganzen Nachmittag gekostet, das ist mittlerweile der dritte Text, den ich angefangen habe und diesmal hoffentlich auch beenden werde. Es müssten soviele Produkte, Technologien und Ländermärkte berücksichtigt werden, sowie unzählige äußere Einflussfaktoren. Zudem geht es hier nicht um einen schnellen Return, es geht um die Weichenstellung für die nächsten 10 Jahre, wenn nicht um Jahrzehnte. Betrachtet man etwa den Ausbau des Anteils der Suchanfragen für Yahoo! und Microsoft Search in Europa, dann ist das ein Projekt, das vielleicht in 3, in 5 oder in 10 Jahren erst Früchte tragen könnte. Denn man muss die Nutzer umerziehen? Für mich stellt sich sowieso die Frage, wie ein Unternehmen, das 43 Milliarden Dollar ausgeben kann, nicht in der Lage ist, seinen Produkten vernünftige Namen zu geben, unter denen man sich als durchschnittlich intelligenter Nutzer etwas vorstellen kann. Eine Prognose möchte ich mal wagen, die MS/Yahoo!-Suche wird wohl nicht Yahoo Live! heißen.

Microsoft bringt statt Search-Traffic aber auch ein wichtiges Asset ein: das Ad-Center, die deutlich bessere Search-Marketing-Technologie, die den beiden zur Verfügung stünde und die dann "nur" noch gefüttert werden möchte. Hier glauben manche Branchenexperten, dass die Technologie sogar Google überlegen sein könnte. Gut, aber soweit sind wir ja noch nicht, da ein echter Belastungstest noch aussteht. Die zentrale Frage bleibt also, wie könnten Microsoft und Yahoo! zusammen der Übermacht Google im Searchmarketing Anteile abjagen?

Yahoo! hätte durchaus auch noch eine weitere Option, denn es gibt die Überlegungen, dass Yahoo! das gesamte Search-Geschäft an Google outsourcet, damit Kosten reduziert und sich auf das Portalgeschäft konzentriert, um einen nicht unerheblichen Anteil der steigenden Online-Branding-Dollars zu vereinnahmen.

Man muss natürlich schon sagen, dass durch die Übernahme ein stark dominierendes Unternehmen im Portalgeschäft entstünde, zumindest in den USA. Für Europa und den Rest der Welt relativiert sich die Rolle etwas. Es entstünde aber langfristig ein globaler Gegenpol zur Google-Macht, betrachtet man die Online-Werbeausgaben als Ganzes. Aber auch in einem dem Search-Marketing zumindest verwandten Thema könnte der Deal zu einem ausgleichenden Faktor im Markt werden. Sowohl Yahoo! wie auch Microsoft verfügen über sehr gute Technologien, um im Network-Geschäft etwas Großes auf die Beine zu stellen.

Hier könnten sie sowohl Google Adsense wie auch einem geplanten GoogleClick-Mediaexchange einiges entgegenzusetzen haben. Die beiden würden sich dann für eine Technologie entscheiden müssen (Atlas oder RightMedia). Würden aber vermutlich durch eine ausgereifte Technik und Werbekunden, die sie ohnehin haben werden, viele andere Publisher anziehen. Das Thema der Ad-Netzwerke mit Optimierungs-Engine sollte auf keinen Fall unterschätzt werden, gerade wenn es um die Verwertung der wohl immer vorhandenen Restplätze und des gigantischen Traffic aus Social Networks geht. Denn, wer heute noch annimmt, dass sich die große Masse des Inventars aus Social Media in absehbarer Zeit über reguläre Deals vermarkten lässt, der dürfte auf dem Holzweg sein. Das werden auch StudiVZ & Co. feststellen. Irgendwann werden die Social Networks ihren Milliardentraffic in die Networks und Exchanges reinschaufeln, weil sie nur 5% des Inventars über TKP-Deals monetarisieren können. In den Networks der Zukunft können die Werbekunden dann ihre maximalen Clickpreise oder effektiven TKP justieren und müssen dann nur noch die 2-5 Bannermotive hochladen. Den Rest macht die Technik.

Ob man nun an dieser Übernahme Gefallen findet, ist nach wie vor Geschmackssache, ich habe das Gefühl, dass es auf längere Sicht aus beschriebenen Gründen zu einer größeren Balance im Markt führen würde. Da Google alles daran setzt, den Zusammenschluss zu verhindern, scheint man dort eine Gefahr für die eigenen Pläne zu sehen, oder ist es nur Rache für Microsofts Interventionen im Rahmen der kartellrechtlichen Genehmigung der DoubleClick-Übernahme?

Google selbst rechnet sich als Käufer von Yahoo! wohl kaum eine Chance aus, da die FTC eine Bedrohung für den Wettbewerb erkennen würde. Googles momentane Agitationen gegen den Microsoft/Yahoo!-Deal, etwa das, was von offizieller Seite (Google-Blog) über die Google-PR verbreitet wurde, ist dem Unternehmen eher unwürdig. Google ist zwar groß, aber eben doch noch nicht erwachsen.

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Rupert Turner ist freier Autor für ADZINE