Es ist ein Traum für jeden Marketer, wenn Interessenten aktiv nach Produkten und Dienstleistungen suchen und zugehörige Keyword-Werbung anklicken. Ein Alptraum ist jedoch, wenn die Klicks - und somit die Werbegelder - verpuffen und Besucher die Seite unverrichteter Dinge wieder verlassen. Durch die Verknüpfung von Search-Marketing und Re-Targeting können die scheinbar verlorenen Interessenten wieder aufgespürt werden. In den USA gibt es bereits diverse Angebote. Auch 24/7 Real Media hat jetzt für das eigene Media-Netzwerk eine Lösung gefunden, um Werbung auf das Suchverhalten der Nutzer abzustimmen.
Die 24/7 Real Media-Lösung funktioniert mit jeder Suchmaschine, in der Keywords vermarktet werden. Das Prinzip: Beim Aufsetzen der Suchwort-Kampagne verlinkt das Unternehmen die Textanzeigen seiner Kunden mit einer speziell kodierten URL anstelle der üblichen Webadresse. Wer solche Suchwortwerbung anklickt, kann dann auf sämtlichen Websites der sogenannten 24/7 Real Media Global Web Alliance sowie einiger Partner wiedererkannt und mit passender Bannerwerbung beliefert werden. Das Netzwerk umfasst über 950 Internet-Seiten und erreicht nach Unternehmensangaben monatlich rund 117 Millionen Benutzer. Allerdings gehören Kontinentaleuropa und somit Deutschland bisher nicht dazu.
Zweite Chance für Werber
AlmondNet hat das gleiche Ziel, aber einen anderen Ansatz. Für ihre "Post-Search Ads" arbeitet die Werbetechnologie-Firma aus New York mit Partnersuchmaschinen zusammen. Die Anzeigen werden ebenfalls in einem angeschlossenen Publisher-Netzwerk ausgeliefert. Wer auf den Partnerseiten zum Beispiel nach Lebensversicherungen gesucht hat, sieht Werbung von Lebensversicherungsanbietern im Netzwerk später auch auf der Wetter- oder Sportseite.
Revenue Science, ebenfalls in New York beheimatet, hat seine Search Re-Targeting-Technik bereits Anfang 2006 gelauncht. Mit ihrer Hilfe werden Besucher, die über Keywordanzeigen kommen, beim Eintreffen auf der Landing-Page markiert. Bewegen sie sich im angeschlossenen Netzwerk, werden sie mit Anzeigen an ihr früheres Interesse in der Suchmaschine erinnert. So erhalten Search-Marketer eine zweite Chance, Klicks zu konvertieren und den Erfolg ihrer Suchwort-Kampagne zu verbessern. Andere US-Firmen haben ähnliche Angebote.
Advertising.com bezeichnet seine Lösung als ein "Post-Search Behavioral Targeting". Dazu wird die Search-Lösung "Out Search" zusammen mit der Behavioral Targeting-Technologie Leadback eingesetzt. Nutzer, die Suchwortwerbung geklickt, aber nicht gekauft haben, können im Advertising.com-Netzwerk mit entsprechenden Werbe-Anzeigen zur Rückkehr auf die Website des Anbieters bewegt werden. In Europa wurde der Produktname "Out Search" für die Search Marketing-Lösung bisher nicht übernommen. Prinzipiell bietet Advertising.com aber in Europa bereits seit Anfang 2006 diese Form von Behavioral Search Re-Targeting an.
Lost and Found
"Wir verwenden unsere eigenen Cookies, die wir über unser eigenes Netzwerk und die Websites unserer Partner retargeten. Die Suchmaschinen spielen in dem Prozess keine Rolle. Über sie sammeln wir nur die Daten der Klicks", erläutert Thorsten Faltings, Managing Director 24/7 Real Media Deutschland, das Angebot seiner Firma. Die Suchmaschinenbetreiber müssen nicht bemüht werden, auch Suchprofile werden nicht abgefragt. Wer also auf Google oder Yahoo nach Produkten sucht und bestimmte Key-Word-Anzeigen klickt, erhält passende Werbung, sobald er sich auf einer Seite des angeschlossenen Netzwerkes bewegt. Möglich wird dies durch zwei Technologien von 24/7 Real Media. Denn neben dem globalen Werbenetzwerk hat das Unternehmen auch Ad Serving und Suchwortvermarktung im Portfolio. Für Letzteres bietet man mit Decide DNA eine Lösung an, die Tracking, Reporting und Optimierung der Suchwort-Kampagnen übernimmt. In Kombination mit dem Ad Server Open Adstream wird Search Re-Targeting ermöglicht.
Doping für die Klickrate
"Es ist eine einzigartige Methode, die wertvollen Daten der Suchmaschinenvermarktung auch für andere Medien zu verwenden", schwärmt Faltings. Die Lösung habe bei einem Kunden in Großbritannien die Klickrate um bis zu 800 Prozent gesteigert. "Die Effizienz von Online-Kampagnen kann mit Re-Targeting sehr stark gesteigert werden", meint auch Marco Klimkeit, Geschäftsführer von Newtention in Hamburg. Mit dem "Follow-Up" von Newtention Media Sales werden Nutzer beispielsweise während der Suche auf einer Website beim Klick auf einen Link markiert und können später wieder angesprochen werden. "Damit werden beim Re-Targeting im Bereich Search keine hypothetischen Schlussfolgerungen aus dem Surfverhalten eines Nutzers gezogen, wie beispielsweise beim Behavioral Targeting. Stattdessen wird der User an ein vorher gezeigtes Interesse erinnert und erhält somit Online-Werbung, die für ihn wirklich relevant ist", sagt Klimkeit.
Auch bei Value Click steht der einzelne Internetnutzer im Fokus des Behavioral Targeting. Hier wird ebenfalls geschaut, welche Informationen User abrufen, welche Werbung sie klicken - und vor allem, welche Produkte sie anschauen oder in den Warenkorb legen. So lassen sich Interessenprofile anlegen, mit deren Hilfe Nutzer relevanter umworben werden können.
Passende Banner für deutsche Sucher
Das suchmaschinenübergreifende Search Re-Targeting von 24/7 Real Media steht in Deutschland noch in den Startlöchern. Hier muss das Werbenetzwerk erst aufgebaut werden. Die Herausforderung für das Digialmarketing-Unternehmen ist, dass es für die neue Lösung auf zwei Seiten eine kritische Masse aufbauen muss - bei den Advertisern und auf der Seite der Publisher. "Wir sind bereits mit den ersten Interessenten seitens der Publisher im Gespräch, um möglichst schnell diesen Dienst auch in Deutschland anbieten zu können", sagt Faltings. Ein genauer Termin steht dafür noch nicht fest.
Yahoo greift bereits seit Anfang dieses Jahres für sein "Behavioral Targeting Shoppers" auch hierzulande auf das Suchverhalten der Nutzer zurück, um ihnen passende grafische Werbung einzublenden. Da Yahoo Suchmaschinenanbieter, Websitebetreiber und Online-Vermarkter in einem ist, können für das Targeting auf den Yahoo-Sites jedoch auch die dort eingetippten Suchwörter herangezogen werden. Sie werden in Echtzeit ausgewertet. Die Lösung berücksichtigt daneben auch geklickte Kampagnen und das Surfverhalten der Nutzer. Die Klickraten und die Konversionswahrscheinlichkeit hatten sich Yahoo zufolge bei ersten Tests gegenüber Vergleichskampagnen im zweistelligen Bereich erhöht.
Verbraucher zunehmend verunsichert
Ob Behavioral- oder Re-Targeting - alle Spielarten des Targeting dürften sich in naher Zukunft weiterentwickeln. "Re-Targeting wird über neue Technologien zum wirklichen One-To-One-Marketing-Tool. Jeder User erhält automatisiert das für ihn passende Werbebanner. Das ist ein großer Unterschied zum Behavioral Targeting, wo grundsätzlich über Zielgruppencluster gearbeitet wird", erläutert Klimkeit die weiteren Entwicklungschancen. So ermögliche besonders Re-Targeting neue Geschäftsmodelle für Vermarktungshäuser und trage dazu bei, neue Budgets für die Online-Industrie zu erschließen. Aber für viele Marktteilnehmer dürfte es auch immer schwieriger werden zu verstehen, was die Kombination aus unterschiedlichen Targeting-Möglichkeiten bewirkt. "Gerade hier sind gute Technologien erforderlich, die die Flut an Möglichkeiten automatisiert", sagt Klimkeit.
In Richtung Endkunde ist zunehmend auch die Öffentlichkeitsarbeit der Anbieter gefordert. So beklagen beispielsweise US-amerikanische Verbraucherschützer immer lauter, dass Informationen für das Behavioral Advertising ohne Einverständnis und meist ohne das Wissen der Nutzer gesammelt werden. Erst kürzlich scheiterten sie mit ihrem Vorschlag, eine sogenannte "Do Not Track"-Liste zu etablieren, in der sich Verbraucher hätten eintragen sollen, die unbeobachtet surfen wollen. Als Vorbild für den Vorstoß galt die "Do Not Call"-Liste. Auf ihr haben sich schon viele Millionen Amerikaner eingetragen, um sich vor Werbeanrufen der Call-Center zu schützen. Auch wenn die Internet-Variante vorerst gescheitert ist: Die Bestrebungen eine solche Liste zu etablieren, verdeutlicht die aufkommende Verunsicherung bei den Konsumenten.