Das Kalkulieren von Budgets und Sichtkontakten gehört für Mediaeinkäufer und -verkäufer zum Alltagsgeschäft. Daher wird den meisten Lesern die folgende Frage eines Werbetreibenden nicht ungewöhnlich vorkommen. Er möchte nämlich von dem Betreiber eines Autoportals wissen, wie viel Mal sein Video-Ad für ein Mediabudget von 100.000 Euro gesehen würde.
Der Seitenbetreiber zögert etwas, antwortet dann aber ausholend: Im TV ginge es seiner Meinung nach darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, bei Breitband-, also Internetspots gehe es weniger um Reichweite als um die Beziehung zum einzelnen Betrachter und die Frage, wie lange sich Menschen mit der Werbung beschäftigen.
Der Betreiber des Autoportals berichtet von einer Kampagne auf seiner Seite, die er für einen Autohersteller für 14 Tage geschaltet hatte. Der Werbestream war 60 Sekunden lang und der Betrachter musste den Spot aktiv starten. Über die Laufzeit der Platzierung wurde der Stream 2.949 Mal abgerufen.
Na super, nicht gerade ein Ergebnis, dass Mediaeinkäufer in Begeisterungsstürme versetzt, jedenfalls nicht, wenn sie in den Kategorien Reichweite, Impressions und Klicks denken und auch danach einkaufen. Nimmt man den Faktor Zeit allerdings mit in die Betrachtung auf, dann würden wir die 2.949 gesehenen Streams mit der durchschnittlichen Verweildauer am Spot von 45 Sekunden multiplizieren. Die 2.949 "Klicks" erhalten durch diese Perspektive eine neue Qualität. Denn in der Summe erhält der Werbetreibende 132.705 Sekunden oder 37 Stunden aktive und gewollte Aufmerksamkeit (man könnte hier auch von Involvement sprechen) für seine Botschaft und Marke. Die Kosten für den Werbetreibenden auf dem Autoportal betrugen 5.000 Euro, das macht einen Involvement-Minutenpreis von 2,26 Euro.
Es drängt sich die Frage auf, wie viel Werbetreibende normalerweise für eine Minute aktive Aufmerksamkeit für ihre Marke berappen müssen. Diese Frage kann heute niemand beantworten. Werbetreibende haben bislang auch nicht danach gefragt. Der Auftrag lautete bisher: Sichtkontakte, ganz gleich ob die Betrachter an der Botschaft interessiert sind oder nicht.
Übernimmt man aber das System 'Unterbrecherwerbung' aus dem Fernsehen auch für Internetstreams und verzichtet damit auf das Opt-In, erlangt man keine Kenntnis über mögliches Involvement. Erlaubt man dagegen Zuschauern einer Werbung zuzustimmen, ist es möglich, eher das Verhalten und die Absicht des Betrachters zu verstehen als die Bedürfnisse des Sendenden zu bedienen. Es ist nämlich äußerst aufschlussreich zu wissen, wie viel Zeit sich der Betrachter durchschnittlich mit einem Spot, einer Markenbotschaft beschäftigt hat.
Wir sind uns wohl einig, dass das Abrechnungsmodell bis auf weiteres TKP und CPC heißen wird und der Werbetreibende im Beispiel für seine 5.000 Euro eigentlich 100.000 Ad-Impressions geordert hatte. Aber ebenfalls dürften wir uns einig sein, dass zusätzliche Messgrößen Aufschluss über die Relevanz von einzelnen Seiten im Mediaplan geben und zudem etwas über die Güte des gewählten Approaches aussagen können. Ob der soeben erfundene Involvement-Quotient von 1,32 sec/Ad-Imp. mehr oder weniger positiv zu bewerten ist, das wird die Zeit zeigen. Es fehlt momentan noch an Benchmarks.
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