Mit Connect betreibt der Technologie-Dienstleister Wunderloop eine offene Börse für Online-Werbung, mit der plattformübergreifendes Targeting möglich ist. Noch befinden sich die Macher in der Lernphase und verpassen der Lösung den letzten Feinschliff. Von anderen Börsen will man sich über die buchbare Zielgruppenqualität differenzieren.
Bereits im Frühjahr ging der Technologie-Anbieter mit seiner Börse an die Öffentlichkeit. Jetzt, ein gutes halbes Jahr später, neigt sich die Beta-Entwicklungsphase langsam dem Ende zu. Der Fokus von Wunderloops neuem Marktplatz ist es nach eigener Aussage nicht, Restplätze zu vermarkten, sondern Online-Werbung effizienter zu machen. Ein plattformübergreifendes Behavioral-Targeting soll das ermöglichen.
Publisher können ihre Flächen in der Börse für einen Fixpreis und/oder einen Mindestpreis anbieten, den sie bei einer dynamischen Buchung akzeptieren würden. Der Advertiser wählt seine Zielgruppe und die Sites, auf denen seine Kampagne laufen soll. Im Gegensatz zu manch anderen Börsen wird hier ausschließlich auf CPM-Basis gehandelt - entweder nach einem Ratecard-Modell oder im Bietverfahren. Der Hamburger Dienstleister streicht dafür eine Transaktionsgebühr ein.
Die Deals werden dabei direkt zwischen Publisher und Advertiser beziehungsweise Vermarkter und Agentur abgewickelt und sind für andere Börsenteilnehmer nicht einsehbar. Wunderloop wiederum ist kein Vertragspartner, sondern tritt lediglich als Dienstleister auf, der die technische Abwicklung dieser Deals ermöglicht. Ebay lässt grüßen. Ob der B2B-Marktplatz ähnlich erfolgreich werden kann wie das etablierte Konsumenten-Auktionshaus und warum ein Targeting-Dienstleister zum Exchange-Betreiber wird, wollte Adzine von Ulrich Hegge, Mitgründer und Geschäftsführer von Wunderloop wissen.
ADZINE: Herr Hegge, Wunderloop ist Targeting-Technikdienstleister. Nun betreiben Sie mit "Connect" einen Media-Exchange. Ist das der Anfang einer Neuausrichtung?
Hegge: Nein, an unserer Positionierung ändert sich nichts. Wir bieten technische Services für das Targeting. Der Marktplatz ist eine zentrale Ergänzung unseres Geschäfts.
ADZINE: Was war der Grund für diesen Schritt?
Hegge: Einerseits gibt es große Markt-Player, die sehr individuelle, ausgeklügelte Targeting-Modelle wählen. Andererseits wurde sowohl von Agentur- wie auch Publisherseite mehrfach im Markt der Wunsch geäußert, Kampagnen mit Behavioral Targeting auch plattformübergreifend auszusteuern. Da dies wegen der individuell angepassten Lösungen nahezu unmöglich ist, entstand die Idee eines offenen Modells mit einfachen Basisfunktionen, bei dem jeder Publisher selbst entscheiden kann, wer mit wem wie partnert. Auf diese Weise können virtuelle Netzwerke entstehen, in denen plattformübergreifende Behavioral Targeting-Buchungen möglich sind - qualitativ hochwertig und mit einer entsprechend großen Reichweite.
ADZINE: Was meinen Sie mit "qualitativ hochwertig"?
Hegge: Der Publisher entscheidet beispielsweise, ob er in der Börse sichtbar ist oder nicht. Und er sieht, wer die anfragende Agentur ist. Das Börsengeschäft basiert zudem auf einer einheitlichen Grundlage. Es gibt auf der Plattform verständliche Standards für die Zielgruppen und einen einheitlichen Vergleich der entsprechenden Leistung auf CPM-Basis. Der Publisher kann sogar selbst zum Advertiser werden. Wir nennen das Publisher-Advertiser.
ADZINE: ... Publisher-Advertiser?
Hegge: Ja, der Publisher hat die Möglichkeit, Nutzer einer Zielgruppe seiner Seite auch auf anderen Sites zu re-identifizieren. Er sieht dabei ausschließlich seine Nutzer, nicht alle anderen auf der fremden Website. Daraufhin kann er dem anderen Publisher einen Preis für entsprechende Werbeeinblendungen nur für seine Nutzer bieten. Ist auch der Werbekunde des Publisher-Advertiser einverstanden, diese Nutzer auf anderen Seiten zu re-identifizieren, wird die Reichweite einer Kampagne nochmals erhöht. Das kann sich für alle Beteiligten rechnen, wenn zum Beispiel finanzinteressierte Nutzer auch auf bisher schlecht vermarktbaren Seiten als hochwertige Finanz-Nutzer erkannt und vermarktet werden können.
ADZINE: Aber was haben Sie davon - außer der Transaktionsgebühr? Soll der Marktplatz auch neue Kunden für die Wunderloop-Technologie bringen?
Hegge: Auszuschließen ist das natürlich nicht. Erste positive Beispiele gab es bereits. Die Regel wird es aber nicht werden, denn unsere Targeting-Technologie "wunderloop custom" ist vor allem für die großen Seiten und Vermarkter mit großer Reichweite interessant. Dieser Markt ist jedoch aufgeteilt und der überwiegende Teil der Top-Vermarkter hierzulande ist bereits bei uns Kunde. Connect wiederum ist für alle geeignet - auch für Vermarkter jenseits der Top-20-Reichweite. Eine Gruppe, die wir bisher nicht erreichen konnten. Abgesehen davon wird mit diesem neuen Modell zusätzliches Geschäft für alle Beteiligten ermöglicht, und daran partizipieren wir dann natürlich.
ADZINE: Wie viele Sites sind bereits buchbar, wie viele User erreichen sie pro Monat und wie viele Kampagnen sind bisher gelaufen?
Hegge: Da wir uns noch im Beta befinden, möchten wir dazu keine detaillierten Auskünfte geben. Wir haben aber schon über 1.000 Websites in der Börse und befinden uns mit zahlreichen Werbekunden in Testkampagnen.
ADZINE: Welche Rolle werden Marktplätze, auf denen Medialeistung gehandelt wird, aus Ihrer Sicht in Zukunft spielen?
Hegge: Marktplätze, und insbesondere intelligente Marktplätze, also diejenigen, bei denen Vermarktungseffizienz mit der Intelligenz des Targeting verküpft wird und die damit Mehrwert für die Werbetreibenden generieren, werden eine ganz zentrale Rolle spielen. Das klassische Geschäft wird bei den starken Marken schon weiterlaufen, aber der Anteil der Medialeistung, die über Marktplätze gehandelt werden wird, wird dramatisch zunehmen. Behavioral Targeting bekommt dadurch eine Massenreichweite, die sich viele Marketer wünschen. Der zentrale Unterschied zu anderen Börsen ist damit die Zielgruppen-Qualität, die so erreicht und einfach und schnell buchbar gemacht wird.
ADZINE: Die Börse ist aber nicht selbsterklärend. Wie sieht es mit der Beratung potenzieller Nutzer aus?
Hegge: Momentan sprechen wir viel mit den beteiligten Akteuren. Mit dem endgültigen Release werden wir auch Online-Seminare zum Interface anbieten, Screencasts produzieren und ausdruckbare Handbücher herausgeben. Die Börse selbst wird in der Handhabung selbsterklärend sein. Das Thema Behavioral Targeting und wie dies am besten genutzt wird, muss aber weiter erklärt werden.
ADZINE: Wann wird es soweit sein?
Hegge: Um Volumen zu erzeugen, sind wir mit der Plattform bereits im Frühjahr dieses Jahres, in einer relativ frühen Entwicklungsphase, an die Öffentlichkeit gegangen. So hatten wir Zeit, eine kritische Masse aufzubauen, zu lernen und zu optimieren. Jetzt sind wir im Late-Beta-Stadium. Ein genauer Termin für die endgültige Version unserer Börse steht noch nicht fest.
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