3 Fragen und Antworten zur Online-Markt- und Mediaforschung
Henning Poppe, 21. September 2007René Lamsfuß (35), Leiter Marktforschung und Mediaberatung United Internet Media AG und Vorstandsvorsitzender der AGOF e.V. René Lamsfuß erklärt gegenüber ADZINE, warum es in der Online-Markt- und Mediaforschung unerlässlich ist, immer mehrere Forschungsverfahren anzuwenden, um ein Abbild der Wirklichkeit zu erreichen.
Adzine: Herr Lamsfuß, wie muss eine Online-Markt-/ Mediaforschungsstudie konzipiert sein, um erklären zu können, wie ein Internetnutzer auf Werbung reagiert?
Lamsfuß: In unserer heutigen Mediengesellschaft, in der jeder von uns täglich mit unzähligen TV-Spots, Radiospots, Printanzeigen, Werbebannern im Internet, City Lights etc. 'zugedröhnt' wird, ist die entscheidende Frage: Was passiert denn da beim Mediennutzer bzw. Konsumenten? Was davon kann er eigentlich noch differenziert wahrnehmen, was davon kommt überhaupt bei ihm an? Um diese Frage beantworten zu können, muss (Online-) Marktforschung so aufgebaut sein, dass klassische Werte der Werbewirkung mit den medialen Werten der Kampagnen im Analysebereich verknüpft werden, um schlussendlich eine Empfehlung geben zu können, wie der optimale Werbe-Mix aussehen sollte. Crossmedia und Multiplikatoreneffekte sind in aller Munde. Die Frage ist aber: Wie mache ich das auch in Zahlen, sprich durch Markt-/ Mediaforschung sichtbar, oder wie kann die Marktforschung für das Media-Auditing eingesetzt werden?
Adzine: Nämlich wie, wenn man die geschilderten Rahmenbedingungen bedenkt?
Lamsfuß: Wir haben in einem ersten Schritt ein Multi-Source-Modell konzipiert, eine Offline-Befragung gemacht, um es repräsentativ zu machen, das Ganze in der Online-Marktforschung gespiegelt und die Datensätze nachher mit den Abverkaufsdaten zusammengefügt, um die Auswirkungen bis an den Point of Sale verfolgen zu können. Durch die Entwicklung eines Modellierungsansatzes können nun verschiedene Szenarien durchgespielt werden. Wenn ich z.B. den Werbedruck in einem Medium verändere, kann ich sehen, wie sich die Leistungswerte der Gesamtwerbewirkung verändern und welche Crossover-Effekte entstehen. Also was passiert mit dem Branding, wenn ich bspw. weniger TV und mehr Online einsetze? Agentur, Werbekunde, Marktforschungsinstitut und Vermarkter müssen sich zusammensetzen und diskutieren, über welche Verfahren man die Kontakte so berechnen kann, dass man hinterher valide und reliabel sagen kann, welchen Einfluss auf die Gesamt-Werbewirkung die jeweilige Mediengattungen hat. Das p-Werte-Modell muss stimmen.
Adzine: Ein Multi-Source-Ansatz ist also für den Erkenntnismehrwert unverzichtbar?
Lamsfuß: Es geht nicht darum, alles einzusetzen, was man an Methoden in der Online-Markt- und Mediaforschung zur Verfügung hat, sondern man muss die Methoden aus dem Werkzeugkasten auswählen, die wirklich einen Erkenntnismehrwert liefern und die den Befragten nicht überfordern. Wir haben über qualitative Studien festgestellt, dass Werbung ein wichtiges Navigationsinstrument für den Konsumenten ist, um sich in einer heute von Informationsüberfluss geprägten Umwelt zurechtzufinden. Und wie der Konsument das macht, findet man nur mit qualitativen Fragestellungen heraus, die Hypothesen hervorbringen, die man dann quantitativ überprüfen kann. Der Online-Bereich bietet eine Menge an Möglichkeiten, auch experimentelle Verfahren zu testen: Ich denke da zum Beispiel an Tagebuchstudien, bei denen die Probanden ihre Mediennutzung in einem Excel-File protokollieren bzw. kommentieren. Das geht im Internet ja problemlos und hat den Nebeneffekt, dass es den Konsumenten einbezieht und ihm vielleicht sogar Spaß macht. Die Marktforschung lebt davon, dass die Menschen etwas von sich preisgeben!
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