PR und Suchmaschinenmarketing - eine Lovestory?
Andrea Wenk, 24. August 2007Die Macht der Schlüsselworte ist im Online-Marketing längst kein Geheimnis mehr. Das Buchen von Anzeigen in Suchmaschinen gehört heute zu den am meisten eingesetzten Vertriebsmaßnahmen im Internet. Über eine Milliarde Euro sollen laut Branchenverband BVDW allein 2007 in diesen Werbekanal investiert werden. Doch Sponsored Links lassen sich nicht nur als Vertriebsinstrument einsetzen, sondern auch zur Unterstützung der Unternehmenskommunikation. Allerdings wird dieses Kommunikationsmittel noch kaum genutzt. Der Grund: Unwissenheit bei den PR-Verantwortlichen über den sinnvollen Einsatz von Sponsored Links in der Kommunikation und nicht zuletzt die Angst vor der Vermischung von Werbung und PR.
Mehr als 3000 Amerikaner suchen monatlich im Internet nach dem Claim "I'm Lovin' It" der Fast-Food-Kette McDonald's. (Quelle: Trellian, März 2007) Treue Kunden, die das Unternehmen lieben und sich mit den Produkten identifizieren. Für das Unternehmen bieten sich hier 3000 Chancen, mit dieser Zielgruppe in Kontakt zu treten und die Bindung zur Marke zu stärken. Oder auch um Stellung zu aktuellen Themen wie gesunde Ernährung oder Genfood zu beziehen. Leider sind dies für McDonald's 3000 verpasste Kommunikationsmöglichkeiten, denn bei der Suche nach "I'm Lovin' It" auf www.google.com findet sich die Fast-Food-Kette nicht auf der ersten Trefferliste von Google wieder. Was McDonald's hier versäumt hat, nutzen Unternehmenskritiker aus: Unter den Top-Ergebnissen findet sich eine Anti-McDonald's-Website (www.bestpageintheuniverse.net), die das Unternehmen heftig kritisiert.
Das Internet wird für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung immer wichtiger
Ein Beispiel, das deutlich macht, wie wichtig es heutzutage ist, seine Marke im Internet zu schützen und darüber zu wachen, dass bei der Suche nach dem Unternehmen die wesentlichen und richtigen Informationen im World Wide Web auffindbar sind. Denn eines ist angesichts des derzeitigen Wandels in der Mediennutzung klar: Das Internet ist eines der wichtigsten Recherchequellen für nahezu alle Bezugsgruppen der Unternehmenskommunikation, seien es Journalisten, Kunden oder Aktionäre. Über die Hälfte der Deutschen nutzt das Internet und beginnt dabei einen Großteil ihrer Onlinesessions mit der Nutzung einer Suchmaschine. 85 Prozent aller Internetuser nutzen zumindest gelegentlich Suchmaschinen und Webkataloge. Damit ist die Internetsuche nach dem Versenden von E-Mails die zweithäufigste Tätigkeit im Internet. Mehr als 650 Millionen Suchanfragen werden laut Nielsen/NetRatings monatlich getätigt. (Quelle: AGOF e.V. / internet facts 2006-III) Hinzu kommt, dass in Zeiten des Web 2.0 die Kontrolle über die eigene Marke immer schwieriger wird.
Sichtbarkeit im Internet wird zum Erfolgsfaktor
Stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen sicherstellt, dass es mit den richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt im Internet gefunden wird. Denn eine Website zu haben, bedeutet heutzutage nicht mehr automatisch auch die Sichtbarkeit im Netz. Hier bieten sich im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) der Corporate Website. Hier wird eine Website technisch soweit optimiert, dass die Suchroboter der Suchmaschinen sie gut auslesen können. Das sichert meist ein gutes Ranking. Der Nachteil: SEO ist ein kontinuierlicher, langwieriger Prozess, denn die Algorithmen von Google & Co. ändern sich häufig. Zudem erreicht man allein durch SEO keine schnelle Positionierung einer Website in den Trefferlisten, etwa in einem Krisenfall.
Eine zweite Möglichkeit, die Sichtbarkeit des Unternehmens im Internet zu sichern, ist das Suchmaschinenmarketing (SEM). Die Funktionsweise von SEM ist denkbar einfach. Unternehmen können bei Suchwortvermarktern (z.B. Google, Yahoo Search Marketing, MIVA) bestimmte Suchworte (Keywords) buchen. Tippt ein Internetnutzer dieses Keyword in eine Suchmaschine ein, erscheinen neben den eigentlichen Suchtreffern kleine Textanzeigen des Unternehmens. Diese kurzen "Werbetexte" werden auch Sponsored Links oder Pay-Per-Click-Anzeigen genannt. Letztere Bezeichnung macht einen Vorteil dieses Werbeformats deutlich: Das Unternehmen zahlt nur für den Klick auf die Anzeige (Cost-per-Click=CPC), nicht schon für den Sichtkontakt, wie sonst üblich. Die Werbeplätze in den Suchmaschinen werden in einem Auktionsverfahren versteigert. Je mehr ein Unternehmen für einen Klick bietet, desto weiter oben erscheint es mit seiner Textanzeige.
SEM-Kampagnen lassen sich bereits mit einem geringen Budget von 100 Euro starten. Eine zeit- und kostenaufwendige Mediaplanung und Gestaltung von Werbeformaten ist nicht erforderlich. Insbesondere für die Buchung von Markennamen und Taglines werden meist geringe CPCs gezahlt, da die Konkurrenz auf diesen Keywords naturgemäß gering ist.
Die Vorteile dieser Werbeform liegen vor allem in der schnellen Einsatzbereitschaft, was besonders in PR-Krisen wichtig ist. Weitere Vorzüge sind klar definierte Budgets, detaillierte Evaluierungsmöglichkeiten und kostenlose Sichtkontakte und damit kostenloses Branding im Internet.
SEM wird von Unternehmen in Deutschland bereits seit 2001 intensiv im Vertrieb eingesetzt. Wogegen die Möglichkeiten in der Unternehmenskommunikation noch eher selten genutzt werden, ergab eine aktuellen unter Direktkunden. Demnach bedienen sich erst etwa acht Prozent der von MIVA befragten Kunden des Suchmaschinenmarketings zur Unterstützung ihrer Unternehmenskommunikation.
Bei Krise Keyword!
Die Einsatzmöglichkeiten von SEM in der PR lassen sich in drei Bereiche zusammenfassen: Krisen-PR, Agenda-Setting und die Unterstützung von Brandingkampagnen.
Insbesondere in der Krisenkommunikation ist oft schnelles Handeln gefragt. Mit Sponsored Links kann eine Microsite mit Informationen zur Krise, etwa einem Lebensmittelskandal oder einem Vorfall in einem Kernkraftwerk, innerhalb von maximal 48 Stunden unter den ersten Treffern von Google & Co. platziert werden. Damit stellt das Unternehmen dem Verbraucher schnell die gewünschte Information zur Verfügung und sorgt dafür, dass möglichst zeitnah alle Fakten zum Thema für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Im nicht kommerziellen Suchindex würde diese Platzierung Wochen oder Monate dauern. Wer dieses Instrument nicht nutzt, kann sogar erheblichen Schaden für seine Marke verursachen, wie Morgan Stanley erfahren musste. Die Investmentbank sah sich im letzten Jahr in den USA mit einem Finanzskandal konfrontiert, bei dem zahlreiche Privatinvestoren erhebliche Verluste hinnehmen mussten. Erste Pflicht in der Krisen-PR wäre hier sicherlich die Bereitstellung von Informationen für die Geschädigten gewesen, etwa in Form einer speziellen Microsite im Internet. Diese hätte mit Hilfe von Suchmaschinenmarketing innerhalb von 48 Stunden im Internet ganz oben in den Trefferlisten der Suchmaschinen platziert werden können. Diese Chance ließ Morgan Stanley ungenutzt. Sehr zum Nachteil, denn stattdessen buchte eine Anwaltskanzlei den Suchbegriff „Morgan Stanley“ bei Google ein und suchte so nach Geschädigten für eine Sammelklage. Auch Vattenfall hätte im jüngst eskalierten Skandal um die Sicherheit der Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel mit SEM die Informationspolitik erheblich verbessern können. Doch bis heute finden sich auf www.google.de bei der Eingabe von "Reaktorabschaltung" oder "Brunsbüttel Sicherheit" auf der ersten Trefferseite keine Informationen von Vattenfall. Dagegen entdeckt der Nutzer dort Schlagzeilen wie "AKW Brunsbüttel - Hunderte Mängel".
Auch beim Aufbau einer Themenführerschaft des Unternehmens leistet Suchmaschinen-PR einen sinnvollen Beitrag. Durch die gezielte Buchung von Keywords kann das Unternehmen auf ein aktuelles Thema aufspringen bzw. ein Thema für das Unternehmen aufbauen. Ein Bereich, den sich die sonst eher innovationsscheuen Behörden im Gegensatz zu vielen Unternehmen schon erschlossen haben: So bucht das Bundesministerium für Gesundheit bei den großen Suchmaschinen Suchbegriffe (Keywords) wie "Gesundheitsreform" oder "Krankengeld", um Verbrauchern zielgerichtet Informationen und Fakten zur aktuellen Diskussion um die Reform bereitzustellen.
Und schließlich lassen sich mit Suchmaschinen-PR auch laufende Imagekampagnen unterstützen, etwa durch die Buchung von Taglines, Produktversprechen, Claims und Markennamen. Eine Studie von Nielsen/NetRatings bestätigt die Brandingwirkung von Textlinks und weist eine Steigerung in Markenwerten von bis zu 14 Prozent aus, wenn ein Sponsored Link in Suchmaschinen top-platziert ist.
Vermischung von Werbung und PR?
Im Zusammenhang mit Suchmaschinen-PR wird gern der Vorwurf laut, es handle sich hier um eine unzulässige Vermischung von Werbung und PR. Eine Betrachtung, die angesichts integrierter Kommunikationskonzepte und der Emanzipation des Lesers nicht mehr zeitgemäß erscheint.
Ziel der PR ist es, systematisch Informationen zum Unternehmen oder zu bestimmten Themen an die verschiedenen Öffentlichkeiten zu transportieren. Dazu werden unterschiedliche Instrumente genutzt, wie etwa eine Pressemeldung oder eine Pressekonferenz. Entscheidend für den Erfolg ist immer, ob die gesendete Information relevant für den Empfänger ist und der Informationskanal sinnvoll gewählt wurde. Genauso bzw. noch gezielter funktioniert Suchmaschinen-PR, denn hier entscheidet der Internetnutzer, etwa ein Journalist, ganz bewusst, ob er sich für die angebotenen Inhalte interessiert oder nicht. Entweder klickt er gar nicht erst auf den Sponsored Link oder er verlässt die Website direkt wieder, wenn diese nicht die gewünschte Information enthält. Zumal Sponsored Links weit weniger als Werbung wahrgenommen werden als andere Online-Werbeformen. Ein Drittel der Internetnutzer begrüßen die Sponsored Links sogar als nützliche Hinweise, wenn sie den Inhalt von Suchanfragen ergänzen. ("WWW-Benutzeranalyse" (W3B) des Hamburger Marktforschungsinstituts Fittkau & Maaß, Juli 2007) Ein effizienteres Tool zur Zielgruppenansprache ist kaum denkbar. Insbesondere, wenn man an volle Papierkörbe mit ungelesenen Pressemeldungen und überquellende Mailpostfächer denkt.
Daher sollten Kommunikationsverantwortliche ihre Berührungsängste mit dem Marketing abbauen. Kommunikationskampagnen sollten ganzheitlich gesehen und jeder Kanal darauf geprüft werden, welchen Beitrag er für den Erfolg einer Kampagne leisten kann.
Weiterführende Links/Lesetipps:
Stretch Your PPC Dollars Further
Using search for PR management
Die Macht der Keywords, PR Report Juni 2007
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