Unternehmensgründungen und Launches neuer Plattformen im sogenannten Web 2.0-Umfeld sind heute an der Tagesordnung. Die wenigsten erregen noch Aufmerksamkeit. In die Schlagzeilen geraten Start-ups oft erst, wenn sich ein prominenter Investor beteiligt. Anders bei Townster, schon vor dem offiziellen Launch am 3. Juli 2007 war die Plattform in der einschlägigen Web- und Blog-Gemeinde bekannt wie ein bunter Hund. Zunächst schon mal ein Zeichen dafür, dass Marketing und online-PR für die Townster-Gründer in dem oft sehr technologiegetriebenen Web 2.0-Umfeld keine Fremdwörter sind.
Erst im Februar 2007 gründeten Thomas Mindnich, Thorsten Borsch und Gleb Tritus die NETLABS GmbH, die Betreibergesellschaft der "Social Local Search"-Plattform Townster. Die drei Gründer, die zuvor u.a. bei Sedo, GameLoft und eigenen Projekten Start-up-Erfahrungen gesammelt haben, verfolgen das Ziel, Townster als intelligente Suchlösung international und plattformübergreifend aufzustellen. Die Startfinanzierung stemmen die drei Gründer aus dem eigenen Geldbeutel. ADZINE wollte etwas mehr über das Geschäftsmodell und die generellen Chancen von Community-Modellen auf Werbegelder erfahren.
Adzine: Unsere erste Frage betrifft nun zunächst mal das Produkt und die Funktionalitäten. Können Sie uns kurz das Alleinstellungsmerkmal von Townster nennen oder ist es eine Kopie bestehender Modelle wie Qype oder Lokalisten?
Gleb Tritus: Mit einer Kopie würden wir nicht weit kommen, dafür ist der Web 2.0-Bereich inzwischen zu übersättigt. Townster verbindet ein soziales Netzwerk mit einer lokalen Suchmaschine. Der User kann über seine bestehenden Kontakte neue Orte entdecken sowie wiederum über diese Orte neue Leute mit einem ähnlichen Profil kennenlernen. Weil uns die User verraten, welche Orte (Bars, Restaurants, Hotels usw.) sie besuchen, können wir diese sehr effektiv in Klassen einordnen: Wo ist überwiegend jugendliches Publikum, wie ist die Geschlechterverteilung, aus welchen Stadtteilen kommen die Besucher? Faktoren wie diese helfen uns, dem Nutzer echte lokale Suche anzubieten: Was nutzen mir 100 Adressen, wenn ich nach einer Cocktailbar in Köln suche? Ich benötige idealerweise nur die Bars in einem Radius von ca. 5 Kilometer um meinen aktuellen Standort herum, idealerweise mit einem überwiegend jugendlichen Publikum, das möglichst meinem Persönlichkeitsprofil entspricht und in meiner Ecke wohnt.
Adzine: Welche Rolle können Social Networks und Communities im Rahmen von Marketing- und Werbeaktivitäten in Zukunft spielen?
Gleb Tritus: Ich denke nicht, dass sich diese Rolle großartig vom jetzigen Stand unterscheiden wird: Soziale Netzwerke bleiben weiterhin trafficstarke Kanäle, die ein gutes Händchen in der Vermarktung brauchen. Allerdings bin ich überzeugt, dass künftig mehr Werbetreibende das Potenzial erkennen werden: Als StudiVZ letztes Jahr zwei reduzierte Karten für die "Blue Man Group"-Show angeboten hat, wurde in 48 Stunden ganz locker sechsstelliger Umsatz generiert. Da hat sich jemand im Vorfeld genaue Gedanken über die Zielgruppe gemacht, eine Video-Landingpage eingerichtet und ein günstiges "Special Offer" geschnürt, statt einfach die üblichen Standard-Banner abzufeuern. Man kann in Social Networks also sehr wohl conversionstark werben.
Adzine: Welchen Erlösansatz verfolgt Townster?
Gleb Tritus: Wir bauen zunächst auf klassische Onlinewerbung unter Berücksichtigung von lokalem Targeting: Dank der Tatsache, dass wir jedes Plattformelement von Townster (Personen, Orte, Diskussionsgruppen, Events etc.) geocodieren, können wir Werbung sehr gezielt lokal ausstreuen, z.B. im Radius von 10 km um ein bestimmtes Geschäft herum. Das wirkt sich erfahrungsgemäß positiv auf die Conversion aus. Im zweiten Schritt werden wir Premiumdienste für Gewerbetreibende sowie die Vermarktung unserer Inhalte angehen.
Adzine: Wie sieht das Marketing-Konzept von Townster aus?
Gleb Tritus: Wie so ziemlich alle Web 2.0-Applikationen forcieren wir vor allem das virale Marketing. Wir werden gezielt potenzielle Multiplikatoren, z.B. besonders aktive User der Plattform, ansprechen und sie stärker in die administrative Seite der Community einbinden. Auch auf der Seite bündeln wir virale Effekte durch eine prominent platzierte Einladungsfunktion. Im nächsten Schritt werden wir auch Co-Branding und Sponsoring-Geschichten angehen, um die Brand Awareness zu festigen. Natürlich möchte ich auch nicht ausschließen, dass wir mittelfristig auch klassische Werbekampagnen fahren werden, wie es die meisten großen Portale dieser Tage tun.
Adzine: Communities hatten es bisher immer schwer, ihren Traffic zu monetarisieren, da die Werbung offenbar nur wenig Aufmerksamkeit erhält. Wie kann man es schaffen, "nützliche" Werbung zu schalten, die auch die entsprechende Aufmerksamkeit erhält, speziell in Communities?
Gleb Tritus: Werbung in sozialen Netzwerken ist eine heikle Sache - die User sind in der Regel sehr kritisch, die Akzeptanz von Anzeigen entsprechend niedrig. Die Plattformbetreiber können der damit verbundenen Abwanderungsrate durch zwei Maßnahmen entgegenwirken:
1. Die Werbung sollte so speziell und userbezogen sein, wie es nur geht - Targeting über alles, ob lokal oder auf Stammdaten bezogen (z.B. nach Altersgruppe).
2. Die Werbung muss dezenter als sonst platziert werden oder individuell an das jeweilige Portal angepasst sein. Vor allem den naturgemäß kritischen "Heavy Usern" stößt ein Banneroverkill negativ auf - doch gerade diese Nutzer forcieren das Wachstum einer Community nachhaltig.
Adzine: Sie verfolgen mit Townster logischerweise einen lokalen Community-Ansatz, da es um Städte und empfehlenswerte Orte und Events in den Städten geht. Glauben Sie an lokale Werbung im Internet, abgesehen von Verzeichnissen wie "Wer liefert was?" und "meinestadt.de"?
Gleb Tritus: Absolut! Branchenbücher wie die Gelben Seiten haben unter den kleinen und mittelständischen Unternehmen traditionell eine hohe Akzeptanz. Leider verpassen es die etablierten Marken, die Zeichen der Zeit zu erkennen und ihr Angebot angemessen ins Netz zu bringen, wo der Benefit für alle deutlich größer ist: Der Interessent hat den Mehrwert einer effektiveren Suche, während das werbende Unternehmen ein genaues Reporting für sein Geld erhält. Der Kunde will doch wissen, wie viele Leute nach ihm gesucht haben, woher sie kommen und was genau sie wollten - nicht eine vage geschätzte Durchschnittszahl der Kontakte, wie man sie bei Offline-Publikationen bekommt.
Adzine: Wenn man über lokale Werbeansätze und auch Suche spricht, schließt sich automatisch die Frage nach dem mobilen Internet an. Ist das für Townster auch der nächste logische Schritt?
Gleb Tritus: Definitiv ja. Seit Juni 2007 gibt es in Deutschland zwei wirklich günstige Flatrate-Angebote für das mobile Internet. In den kommenden Monaten werden T-Mobile, Vodafone & Co. mit großer Werbepower das Handy-Web propagieren, weshalb wir zweifellos davon ausgehen, dass das mobile Internet in etwa zwei Jahren ein Massenmarkt-Thema sein wird. Townster hat diesen Trend von Anfang an berücksichtigt und wird lokale Suche auch auf mobilen Endgeräten anbieten, sobald die Online-Version eine zufriedenstellende Reichweite erreicht hat.
Adzine: Wir danken Ihnen für das Interview, Ihnen und Ihren Mitstreitern wünschen wir viel Erfolg!
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