Die 100-prozentige Übernahme durch Yahoo! bescherte dem Unternehmen Right Media erstmals auch Schlagzeilen in Deutschland. Insbesondere weil die Transaktion als Yahoos! Antwort auf die angekündigte Übernahme von DoubleClick durch Google gedeutet wird. In Deutschland dürften selbst viele Brancheninsider zuvor noch nichts von Right Media gehört oder es bestenfalls als eines von vielen amerikanischen Ad-Networks abgetan haben.
Leider war im Rahmen der Berichterstattung kaum zu ergründen, was Right Media eigentlich konkret anbietet. Die Rede war von einem Auktionsmodell für Online-Medialeistung, von einem transparenten Marktplatz, von Restplatzvermarktung bis hin zu einem Blind Network. Nun haben wir erfahren, dass es in Deutschland ein Unternehmen gibt, das schon seit einiger Zeit eng mit Right Media operativ zusammenarbeitet. Es handelt sich dabei um das Werbenetzwerk Oridian mit Hauptsitz in TelAviv. Die deutsche Oridian GmbH vermarktet hierzulande den deutschen Traffic auf vornehmlich amerikanischen Sites. Diesen Crossborder Traffic lassen die Sites zum Großteil von Oridian international an Werbekunden verkaufen. Wann immer Sie auf einer amerikanischen Webseite - sei es eine bedeutende Zeitung oder eine der großen Web 2.0 Communities - unterwegs sind und deutsche Werbung sehen: Es ist von hoher Wahrscheinlichkeit, dass diese von Oridian ausgeliefert wurde. In Deutschland hat Oridian nach eigenen Angaben knapp 20% Nettoreichweite.
Wie es der Zufall dann so will, residiert Oridian nur einen, maximal zwei Steinwürfe vom Adzine-Büro entfernt. Das sind die besten Voraussetzungen, um im direkten Gespräch von Sacha Berlik, Geschäftsführer Oridian Deutschland und UK, etwas zum Thema Right Media zu erfahren. Das Büro liegt in einem Hinterhof direkt neben einer Fernsehkulisse für eine weitere Anatomie-Serie und dem Revier von "SK Kölsch". Die eigentliche Action findet hier aber im Großraumbüro (wirklich groß) von Oridian statt.
ADZINE: Herr Berlik, was hat Oridian denn nun mit Right Media zu tun?
Berlik: Right Media ist der AdServer von Oridian. Wobei Oridian der größte nicht-amerikanische Kunde von RM ist. Oridian ist das einzige AdNetwork mit weltweiter Präsenz, welches die Right Media-Technologie nutzt (Büros in: TelAviv, Köln, London, Plymouth, Sydney, Buenos Aires, Amsterdam, Madrid, New York).
ADZINE: Aber Right Media ist doch mehr als ein Adserver, oder?
Berlik: Ja stimmt, um etwas präziser zu sein, ist es ein AdServer mit voll funktionsfähigem Marktplatz oder Exchange für Online-Medialeistung, ein Auktionssystem, über das andere Unternehmen derzeit nur reden.
ADZINE: Herr Berlik, jetzt machen Sie uns aber neugierig, wie muss man sich das denn vorstellen? So in etwa wie bei Google Adwords/Adsense, bei dem man auch erst im Nachhinein weiß, was einen die Schaltung gekostet hat?
Berlik: Bei Right Media haben Sie maximale Transparenz. Der Advertiser muss sich bei dem jeweiligen Publisher (Webseite oder Vermarkter) anmelden und akzeptiert werden und hat dann die Möglichkeit, seine Werbung zu platzieren. Das Portfolio ist jeweils so transparent wie der Werbetreibende Transparenz verlangt und es der Vermarkter zulässt. Der Vorteil ist, dass sich Anbieter und Werbekunde tatsächlich kennen und nicht anonym gehandelt wird. Es entstehen also echte Kunden-Lieferanten Beziehungen. Das Right Media Tool unterstützt dabei die Anbahnung von Geschäften. So können mit Advertisern, aber auch anderen Publishern Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden.
ADZINE: Das hört sich etwas kompliziert und auch etwas schwammig an, wer macht denn da die Regeln?
Sowohl Anbieter wie auch Einkäufer können Bedingungen und Kriterien festsetzen oder es auch bleiben lassen. Es ist wie im richtigen Leben. Sie können alles zulassen und ihren Traffic verramschen bzw. sehr günstig Traffic einkaufen. Andererseits können Sie als Advertiser aber auch sehr gezielt und intelligent Kampagnen platzieren, die einen sehr hohen ROI, aber natürlich auch ihren Preis haben. Als Vermarkter geben Sie aber genauso Verkaufskonditionen vor. Sie können dabei alle mir bekannten Abrechnungsmodelle anbieten. Jede Kampagne wird allerdings auf TKP-Basis ausgewiesen und optimiert. Letztendlich treffen sich genau die Nachfrage und das Angebot, die von den Rahmenbedingungen und der Zielsetzung am besten zusammenpassen.
ADZINE: Mediaagenturen könnten also auch direkt Beziehungen aufnehmen. Wozu braucht dann ein Vermarkter wie Oridian überhaupt noch ein Team, abgesehen von einem der Right Media bedient?
Berlik: Die Mediaagenturen müssen weiterhin mit den teilnehmenden Vermarktern und Webseiten Kontakt aufnehmen, um über Right Media bei Ihnen einzubuchen. Es ist lediglich der Markplatz; der eigentliche Handel, Abrechnung etc. wird wie gewohnt abgewickelt. Right Media ist eine exzellente technische Plattform, welche Angebot & Nachfrage zusammenführt; besser als es der existierende Markt kann. Es ist aber kein kompletter Ersatz. Dabei spielt der Vermarkter auch bei Right Media immer noch eine starke Rolle, weil er die eigenen Mediaangebote aggregieren und sich darüber hinaus innerhalb des Systems auch mit anderen Anbietern verlinken kann. Der Werbekunde bzw. die Mediaeinkäufer profitieren weiterhin von der Arbeit und dem Support des Vermarkters.
ADZINE: Leistet Oridian momentan Überzeugungsarbeit bei den Agenturen für Right Media Kampagnen.
Berlik: Nein - Right Media ist ja kein Mediaprodukt als solches. Wir verkaufen unser Portfolio mit den überragenden Optimierungsfunktionen von Right Media. Über das eigentliche Produkt verfügen die teilnehmenden Publisher und Vermarkter immer noch selbst. Allerdings wird es durch die richtige Technologie nochmals veredelt. Davon profitieren beide Seiten, sowohl Werbekunden wie auch Mediaanbieter. Das Right Media System geht von knappen Ressourcen aus, d.h., das System optimiert immer dahingehend, dass nur soviel Traffic benötigt wird, wie der Kunde für seine Zielerreichung benötigt. Der Vermarkter kann dadurch mehr Kunden bedienen und gleichzeitig gute TKPs erzielen. Wie ich schon sagte, für beide Seiten ein schlüssiger Ansatz.
ADZINE: Wie steht es denn mit der Bedienerfreundlichkeit?
Berlik: Betrachtet man Right Media als AdServer wird wohl jeder, der auch schon mal einen AdServer bedient hat, eine Kampagne starten können. Die Usability ist sehr gut, man muss allerdings bei manchen Funktionen etwas aufpassen, beispielsweise hat Geo Targeting bei Right Media eine etwas andere Bedeutung. Unser Geschäft sind internationale Angebote mit europäischen Traffic. Daher müssen wir zunächst mal auf Deutschland oder UK zielen, um nicht bei den amerikanischen Nutzern zu landen.
Je mehr Sonderwünsche man hat, eben auch hinsichtlich der Exchanche-Funktionen, desto mehr Know-how braucht man allerdings. Die Komplexität liegt dabei im Detail.
ADZINE: Wer sind die Publisher und woher kommt der Traffic?
Berlik: Man muss unterscheiden zwischen Traffic und dem Ursprung der Seiten. Bei den Kunden von Right Media handelt es sich um einzelne Seiten, Vermarkter und Portale. Derzeit kommen die meisten Angebote aus dem US-amerikanischen Raum. Viele der Angebote, gerade auch aus unserem Werbenetzwerk, verzeichnen aber einen beachtlichen Anteil europäischer Nutzer. Oridian nutzt Right Media daher, um diese hochwertigen Nutzer europäischen Werbekunden zugänglich zu machen.
ADZINE: Wie steht es mit dem Sicherheitsgedanken, gehen die Amerikaner nicht etwas laxer mit Datensicherheit und Spyware etc. um?
Berlik: Das gesamte internationale Oridian Netzwerk legt sehr viel Wert darauf, dass die Umfelder "brandsafe" sind. Um dies sicherzustellen, hat Right Media den sogenannten Mediaguard eingerichtet, der nicht nur technische Probleme oder auch Spyware, Adware, sondern auch inhaltliche Schwierigkeiten in Werbemitteln und Websites erkennt. Hinter dem Mediaguard stehen sowohl eine Kontrolltechnologie wie auch ein Team, das Websites und Kampagnen manuell überprüft. Sie glauben nicht, wie schnell wir per E-Mail auf Probleme hingewiesen werden. Letztendlich werden aber alle unsere direkten Publisher von unserem eigenen MediaBuy in TelAviv und New York auf Herz & Niere geprüft.
ADZINE: Sind auch schon deutsche Publisher im System?
Berlik: Derzeit sind noch keine von Relevanz dabei, aber es ist natürlich anzunehmen, dass mit der Übernahme durch Yahoo! auch die Internationalisierung von Right Media beschleunigt vorangetrieben wird. Wir rechnen damit, dass schon in den nächsten 12 Monaten weitere große Namen im System auftauchen werden. Zu Yahoo! im Speziellen kann ich Ihnen zurzeit keinerlei Informationen geben.
ADZINE: Glauben Sie, dass Yahoo! und Right Media auf Augenhöhe mit DoubleClick und Google sein wird?
Berlik: Yahoo! hat die Technik, die Google noch entwickeln muss. Right Media ist ja nun mal online und funktioniert.
ADZINE: Wie wird abgerechnet, ist es teuer am Marktplatz teilzunehmen?
Es ist marktadäquat. Stark ROI orientiert. Soll heißen, dass der Preis für Medialeistung wirklich angemessen ist und nicht von Interessengruppen verknappt und geprägt wird. Der Preis ist eher amerikanisch - also bedeutend günstiger als inländischer Traffic mit deutlich besserer Preis-Leistungs-Performance. Es sind wirklich faire Preise.
ADZINE: Ich sehe schon, Sie lassen uns hier im Dunkeln, ich bedanke mich trotzdem für das spannende Gespräch, Herr Berlik.
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