Die Nachfrage nach Kommunikation über digitale Kanäle veranlasst auch etablierte Full Service-Internetagenturen ihre Positionierung im Mediasegment zu überdenken. Internetagenturen verfügen oft über exzellente Kreation und technisches Know-how, viel Erfahrung mit komplexen Internetprojekten sowie deren Anbindung an andere digitale Kanäle. Selbst wenn es für die meisten Internetagenturen kein Neuland ist, auch für die entsprechende Besucherzahlen auf den Kundenseiten zu sorgen, fehlt es oft noch an der offensiven Marktausrichtung und dem Kompetenzausbau in einzelnen Spezialdisziplinen wie Onlinemediaplanung oder auch im Search- oder Affiliate-Marketing. Zugute kommt ihnen bei der Mediaarbeit die Kenntnis der Kundenbedürfnisse aus der umfassenden Arbeit mit ihren Bestandskunden.
Internetagenturen werden damit noch zu größeren Allroundern und müssen sich gegenüber den Spezialisten überzeugend positionieren. Das Kölner denkwerk startet gerade mit seiner neuen Abteilung 'Media'. Bei der Frage der Positionierung bleibt das denkwerk der eigenen Devise treu - am Anfang steht das Denken, dann erst kommen Kreation und Media. Nils Hachen, Leiter Kommunikation und Media, lässt im Interview gegenüber Adzine keine Gelegenheit aus, zu betonen, dass gerade bei der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Kommunikationsinstrumente ein schlüssiges Mediakonzept unverzichtbar sei. Nils Hachen ist seit 2001 bei denkwerk und sammelte zuvor Media- und Marketingerfahrungen beim e-commerce-Angebot RTL Primus Power in Köln und der MCO GmbH in Düsseldorf.
ADZINE: Handelt es sich bei der Abteilung Media um eine rein organisatorische Veränderung im Unternehmen oder auch um eine Angebotserweiterung für denkwerk-Kunden?
Hachen: Mitte vergangenen Jahres haben wir, angesichts der Wachstumsraten im Online-Media-Bereich, die Entscheidung getroffen, eine eigene Abteilung aufzubauen. Schon vorhandene Kompetenzen wurden gebündelt und durch "Neuverpflichtungen" ausgebaut. Neben Senioren, die unter anderem aus der Verlags- und Versicherungsindustrie zu uns gestoßen sind, gab es Bewerbungen aus anderen Agenturen sowie von Absolventen, die entsprechende Diplomarbeiten und Praktika zu bieten hatten. So ist es uns relativ kurzfristig gelungen, ein Team zusammenzustellen, das den Anforderungen des Marktes gerecht wird und ein umfassendes Leistungsbündel zur Konzeption und Umsetzung von Kommunikationslösungen in den digitalen Medien offeriert. Online-Marketing-Aktivitäten, die wir bisher nur unseren Bestandskunden angeboten haben, stehen mit der neuen Media-Abteilung nun auch Neukunden zur Verfügung.
ADZINE: Wie fügt sich "Media" in die vorhandene denkwerk-Struktur?
Hachen: Denkwerk ist sehr stark in der Konzeption, Kreation und Realisierung technisch anspruchsvoller Internetprojekte für Marken, aber auch im E-Commerce. Denkwerk beschäftigt rund 120 Mitarbeiter, davon allein 40 Mitarbeiter in der Backend-Programmierung. Die Abteilung Media sorgt durch externe Maßnahmen in den digitalen Medien dafür, dass unsere Kunden die Dosis Aufmerksamkeit erhalten, die wir vorher gemeinsam definiert haben. Wir profitieren als "Media" natürlich von tatsächlich kurzen Wegen zu Kreation und Technik im eigenen Haus. Gerade im Hinblick auf immer anspruchsvollere Werbemittel sowie wachsenden Anforderungen im Kampagnen-Tracking und der Seitenanalyse. Die Abteilung Media fügt sich daher ideal in denkwerks Full Service-Ansatz.
ADZINE: Welche Leistungen können Sie Ihren Kunden unter dem Oberbegriff "Media" konkret anbieten?
Hachen: Da wir keine Einzeldisziplinen propagieren wollen, gibt es für unsere Kunden im ersten Schritt Beratung. Nach Analyse der Bedürfnisse und weiterer Rahmenbedingungen erhält der Kunde ein konkretes Mediakonzept. Inhalt des Konzeptes sind Auswahl und Umfang geeigneter digitaler Instrumente in der Außenkommunikation. Wenn dann Konsens mit dem Kunden herrscht, können wir die gesamte Bandbreite digitaler Kommunikation realisieren. Das reicht von Banner- und Video-Ads in Web, Mobile oder auch In-Game bis zu Performance-Instrumenten wie Affiliate- und Suchmaschinen-Marketing. Besondere Aufmerksamkeit widmen wir ebenfalls den viralen Möglichleiten und dem was man heute unter "Web 2.0" versteht.
ADZINE: Ist es nicht schwierig, die gesamte Bandbreite abzudecken, gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels?
Hachen: Wie ich schon sagte: Zunächst müssen anhand der zentralen Parameter ein Konzept und die Mittel ausgewählt werden. Gehen wir dann an die Umsetzung und sollten unsere eigenen Ressourcen nicht ausreichen, arbeiten wir mit Partnern zusammen und bauen mittelfristig das eigene Personal aus. Momentan sind wir personell gut aufgestellt. Wir haben aber auch in der Zusammenarbeit mit Spezialisten für einen gemeinsamen Kunden sehr gute Erfahrungen gemacht. Oftmals werden Kunden, wenn sie zu uns kommen, schon in Einzeldisziplinen wie dem Affiliate- oder Search-Marketing von Spezialisten betreut. Diese Zusammenarbeit setzen wir dann natürlich auf Wunsch fort.
ADZINE: Glauben Sie Marketingverantwortliche verlieren langsam den Überblick, was digital möglich ist und dann auch noch Sinn macht?
Hachen: In der Tat kostet es jedenfalls vergleichsweise viel Zeit, um bei der digitalen Kommunikation am Ball zu bleiben. Wenn man zum Vergleich die Bedeutung digitaler Medien in der Budgetverteilung heranzieht, verlangt dieses Segment unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit. Gerade wenn Unternehmen sich entschieden haben, mit stark spezialisierten Dienstleistern zusammenzuarbeiten, müssen Sie schon ein gewisses Niveau an Know-how im Unternehmen vorhalten. Nicht zuletzt auch ein Projektmanagement, das die Dienstleister auf Augenhöhe koordiniert.
ADZINE: Gegenüber den Spezialisten im Mediaeinkauf aus den großen Agentur-Netzwerken haben sie vermutlich Preisnachteile beim Einkauf?
Hachen: Es kann natürlich schon vorkommen, dass Agenturnetzwerke Platzierungen günstiger einkaufen. Durch intelligente Mediaplanung, die teilweise kleinteiliger ist und auch speziellere Seiten berücksichtigt, können wir aber sowohl preislich wie auch qualitativ punkten. Wir verstehen auch die Planung inkl. des Einkaufs als Teil unserer Beratungsleistung, die als solche von unseren Kunden vergütet wird. Wir sind daher gar nicht so volumengetrieben wie vielleicht die Netzwerk-Einkäufer. Unser Differenzierungsmerkmal ist nicht der isoliert betrachtete Preis, sondern die Qualität der Planung und Beschaffung von Medialeistung für einen individuellen Zweck im Verhältnis zu den anfallenden Kosten. Es geht doch darum, mit einem gegebenen Budget möglichst viel für den Kunden zu erreichen. Man kann nun einerseits versuchen Medialeistung möglichst günstig einzukaufen, viele PIs oder Unique User. Man kann bei der Analyse der Kundenbedürfnisse aber evtl. auch feststellen, dass sich für die Kundenziele und Budgetgröße Bannerwerbung überhaupt nicht eignet. Daher sehen wir den Hebel nicht primär beim Preis, sondern bei der Auswahl der Instrumente in Verbindung mit Botschaft und Creatives.
ADZINE: Wenn wir uns mal Display-Ads näher anschauen, wo geht für Sie der Trend bei den Werbemitteln hin?
Hachen: Wenn wir über Werbemittel sprechen, müssen wir immer auch die Platzierungen im Auge haben, denn beides muss zusammenpassen. Daher setzen wir auf kontextbezogene, spezielle Platzierungen, die teilweise auch individuell für unsere Kunden in die Sites integriert werden. Passend dazu müssen die Werbemittel gestaltet sein. Hier bilden sich gerade zwei entscheidende Trends heraus, die ich für sehr positiv halte. Zum einen die On-Demand-Werbemittel, die den Content auf der Seite nur überlagern, wenn der Nutzer diese aktiv mit der Maus berührt. Ansonsten bin ich der Meinung, dass Inhalte möglichst nicht unaufgefordert von Werbung verdeckt werden sollten. Dabei hängt es natürlich auch immer vom Anspruch der Seitenbetreiber und der Nutzer ab.
Weiter ist immer mehr Interaktivität im Banner zu erwarten. Adressen und Newsletter-Anmeldungen können direkt im Werbemittel generiert werden, dadurch kann die Bedeutung des Traffics auf der eigenen Seite abnehmen.
ADZINE: Worin besteht für Sie und damit natürlich auch für Ihre Kunden momentan die größte Herausforderung oder auch die Schwierigkeit in den digitalen Medien?
Hachen: Die Herausforderung besteht für uns in der Vielzahl der digitalen Instrumente. Es kommen permanent neue Möglichkeiten hinzu, die in Kommunikationskonzepten zu berücksichtigen sind. Die Trennung von relevanten und unwichtigen Entwicklungen spielt hier sicherlich auch eine zentrale Rolle. Wir sehen uns als Berater fürs Ganze und damit permanent der Aufgabe gegenüber, für feste Zielvorgaben und ein gegebenes Budget aus Kreation und den vorhandenen Kanälen den besten Mix zu generieren.
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