Die Deutsche Dialogmarketing Akademie GmbH wagt das, was schon von vielen Unternehmen seit einiger Zeit gefordert wird, eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Onlinemarketing anzubieten. Die Akademie wurde 1993 ursprünglich gegründet, um dem dringend benötigten Nachwuchs im Direktmarketing relevante Inhalte für ihre Karriere an die Hand zu geben. Schon das Logo der Akademie, dem des DDV des Deutschen Direkt Marketingverbands nicht ganz unähnlich, lässt eine gewisse Nähe zum führenden Branchenverband vermuten. Können die Direktmarketer nun auch Fachinhalte für das weite Themenfeld des Onlinemarketings vermitteln?
Die DDA konnte Hansjörg Zimmermann, den Gründer der Agenturen Argonauten und Das Goldene Vlies, als Studienleiter gewinnen. Der ehemalige Professor für Medienautoren und Konzeption an der Hochschule der Medien in Stuttgart ist Onlinemarketing-Mann der ersten Stunde und als Studienleiter wohl der entscheidende Impulsgeber für Konzept und Inhalt des Studienangebotes. Am ersten Studienort in Köln geht es am 23. März los. Weitere Standorte, z. B. Hamburg und Frankfurt, sollen schon im Herbst folgen. Das berufsbegleitende Programm erstreckt sich über 21 Themenmodule und 43 Präsenztage. Die Bereitschaft sich an Freitagen und Samstagen in einem Zeitraum von 8 Monaten weiterzubilden ist Grundvoraussetzung für die Teilnahme. Die Studiengebühren dürften eine weitere Hürde sein, die aber eher vom Arbeitgeber zu nehmen ist. So investieren beide Seiten in einen hoffentlich lohnenden Deal.
ADZINE hat sich den Lehrplan (zu finden unter http://www.dda-online.de) angeschaut und beim Studienleiter Hansjörg Zimmermann nachgefragt.
ADZINE: Ein Weiterbildungsangebot im Onlinemarketing scheint schon länger überfällig, was gab den Ausschlag, das Thema jetzt konkret anzugehen?
Zimmermann: Bereits zu meiner aktiven Hochschulzeit an der HdM in Stuttgart habe ich das Thema vorangetrieben, aber Hochschulmühlen und BVDW mahlen eben etwas langsam. Nachfragen sowohl von Unternehmensseite als auch Agenturen sind so stark gewachsen in den letzten Monaten, dass dieses Angebot jetzt fällig ist.
ADZINE: An wen richtet sich das Bildungsangebot "Fachwirt Online Marketing" und welche Voraussetzungen sollten die Teilnehmer mitbringen?
Zimmermann: Das Angebot richtet sich an alle Projektmanager, Berater, Werber, Absolventen von Hochschulen, die sich jetzt den künftigen Anforderungen digitaler Kommunikation stellen.
ADZINE: Rekrutieren Sie die Dozenten aus der Praxis?
Zimmermann: Ein Teil der Dozenten kommt aus der Praxis, ein Teil sind Professoren aus Hochschulen und Universitäten. Wir legen besonderen Wert auf die Qualifikation der Dozenten und holen deshalb auch Top Hochschulprofessoren.
ADZINE: Onlinemarketing ist ein Überbegriff für ein weites Betätigungsfeld mit vielen unterschiedlichen Akteuren. Es ist nahezu unmöglich, in einem überschaubaren Zeitraum sämtliche Facetten mit inhaltlicher Tiefe zu füllen. Wie sind Sie bei der inhaltlichen Konzeption und Akzentuierung vorgegangen?
Zimmermann: Wir haben uns an den Bedürfnissen der Unternehmen und Agenturen ausgerichtet. In mehreren Roundtable-Gesprächen mit GFs haben wir diese evaluiert. Hauptnachfrage besteht offensichtlich darin, qualifizierte Marketeers online "aufzupimpen" - also onlinefit zu machen. Natürlich ist uns klar, dass weder das Thema Suchmaschinenmarketing noch das Thema Usability an einem Wochenende vertieft dargestellt werden kann. Wir können uns durchaus vorstellen, in einem zweiten Schritt "Master-ähnliche" Module anzubieten.
ADZINE: Ihr Studienkonzept beinhaltet 23 Module; die ersten 6 Module, d.h. 12 Studientage sind allein für Grundlagen in BWL/VWL, Marketing, Recht, Psychologie u.a. vorgesehen. Müssen Sie wirklich bei Null anfangen?
Zimmermann: Selbstverständlich ist für einige Studenten BWL/Marketing oder Psychologie nicht gänzlich unbekannt. Aber eine Auffrischung schadet nicht. Außerdem denken wir darüber nach, ggf. alternative Wahlmodule anzubieten, um genau diesen Ideen positiv gegenüberzustehen.
ADZINE: Themen rund um das Website-Building: Projektmanagement, Webdesign, Usability u.v.m ziehen sich durch das ganze Angebot und erhalten eine starke Gewichtung. Handelt es sich bei Ihrem Studienangebot überhaupt um Onlinemarketing oder ist es nicht doch eher Website-Projektmanagement mit Exkursen in die Onlinewerbung?
Zimmermann: Da muss ich Ihnen widersprechen. Von 41 Einheiten sind gerade mal 4 Einheiten Projektmanagement! Und darunter subsumieren sich Dienste, Technik, Broadband, Strategie, Prototyping, Pflege, Ausbau, Informationsarchitektur und Produktion. Wer das Thema nicht drauf hat, kann auch im Onlinemarketing nur zufällig was bewegen!
ADZINE: Sie werden mir aber Recht geben, dass der Nutzer zunächst mal auf die Website des Unternehmens oder des Produktes aufmerksam gemacht werden muss, bevor er sie besuchen kann.
Zimmermann: Ich bin da anderer Meinung: Ich muss erst dafür sorgen, dass das Angebot (auf der Website) stimmt. Erst dann kann ich (auch online) Werbung machen! Das ist wie im richtigen Leben: Wenn das Produkt im Regal ist, dann erst kann ich das Produkt promoten.
ADZINE: Was können Sie wissenshungrigen Unternehmen und Teilnehmern für Inhalte anbieten, die bereits über eine geeignete Web-Präsenz verfügen, aber für 2008 planen 10 % Ihres Mediabudgets in digitalen Medien einzusetzen.
Zimmermann: Diese Frage müssen Sie präzisieren. Viralmarketing, SEM, SUMO, Keywordadvertising, Onlinewerbeformate, Online-Media, E-Mailmarketing und Newslettermarketing, Mobile sind doch mit 8 Studieneinheiten vertreten!!!
ADZINE: Ich komme auch auf 8 Studientage für Onlinemarketing, nur habe ich Zweifel, dass die Bedeutung der Off-Site-Kommunikation mit grafischer Werbung, Keywordadvertising oder Affiliate Marketing ausreichend abgebildet wird. Also um meine Frage zu verdeutlichen, folgende Situation: Ein Marketingverantwortlicher erhält für ein neues Produkt "Papiertaschentücher" für die Monate März, April, Mai 2008 folgende Onlinebudgets, um die Markenbekanntheit bei einer zu def. Zielgruppe um x Prozent zu erhöhen: 100.000 Euro für die Erstellung einer neuen Produktwebsite und 900.000 Euro für Onlinemedialeistung in noch zu definierenden digitalen Medien. Jetzt die Frage: Wird der Teilnehmer auf diese Situation bei Ihnen ausreichend vorbereitet, bei nur einem Studientag für Mediaplanung?
Zimmermann: Noch einmal: ein klares Ja. Natürlich wird er entsprechend vorbereitet. Das Verhältnis zwischen "Website-Building im weitesten Sinne" und Onlinevermarktung ist absolut ausgewogen. Und ob man das Thema Onlinemedia, Werbung etc. ausbauen sollte oder nicht - darüber können wir uns gerne auseinandersetzen. Die Intensivierung in diesem Bereich sehe ich durchaus ebenso wie Sie. Aber wie gesagt: Erst einmal müssen die Hausaufgaben gemacht werden - und das Verständnis für die Mechanik, Aufgabe und Rolle muss zunächst einen professionellen Hintergrund bilden.
Onlinemediaplanung ist im Übrigen in der Tat ein ganz spezielles Segment, das tatsächlich ausgebaut werden muss. Nach meiner Erfahrung wird dieses Thema grundsätzlich viel zu stiefmütterlich behandelt und bis heute von den Mediaagenturen verhängnisvollerweise verniedlicht.
ADZINE: Allgemeine Softskills wie Präsentationstechniken und Rhetorik finden ebenfalls Berücksichtigung im Studienangebot. Hat der Nachwuchs, der staatliche Ausbildungen und Studiengänge durchlaufen hat in diesen Bereichen tatsächlich so große Defizite?
Zimmermann: Die Defizite sind da noch viel größer als Sie sich vorstellen können. Aus eigener Erfahrung von den Hochschulen, an denen ich lehre oder gelehrt habe, waren dies die ersten Fächer, die - wenn überhaupt vorhanden - aus budgetären oder personellen Gründen gestrichen wurden. Und die, wenn angeboten, total überbucht waren. Studenten legen enormen Wert auf Softskills. Kein Wunder, denn da sind die angelsächsischen Länder uns um Lichtjahre voraus.
ADZINE. Neben 5 Klausurprüfungen ist auch eine Diplomarbeit für die Teilnehmer vorgesehen. Sollen diese Arbeiten möglichst einen Praxisbezug zum aktuellen Arbeitsumfeld der Studierenden haben?
Zimmermann: Das ist ja Grundvoraussetzung. An die Diplomarbeiten wird ein Fachhochschulmaßstab angelegt.
ADZINE: Unter dem Curriculum ist zu lesen: "Der Vorlesungsplan versteht sich als noch nicht verabschiedeter Entwurf. Er wird sowohl noch von Experten geprüft als auch letztlich erst von den aktiven Dozenten kompetent mit Leben gefüllt. Konstruktive Kritik ist erwünscht und jederzeit willkommen." Dürfen unsere Leser und verzweifelte Personalverantwortliche also noch Wünsche äußern?
Zimmermann: Da würde ich mich in der Tat sehr freuen. Wir sehen das Ganze als iterativen Prozess und wünschen uns in der Tat Kritik und Anregungen.
ADZINE: Für das interessante Gespräch bedanke ich mich recht herzlich.
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