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Goodbye, Real Madrid!

Jens von Rauchhaupt, 12. Januar 2007

So ein Ärger! Eigentlich sollte sich am Bildschirm ein Bericht über die spanischen "Fußball-Teletubbies" Real Madrid aufbauen. Statt zu formschwachen Madrilenen gelangt der leicht desorientierte Anwender unverhofft auf eine neue Webseite. Dort erfährt er etwas über ein neues Komplettangebot von Telefonie, DSL-Flatrate und Fernsehen. Falsch geixt, das war wohl nix. So oder so ähnlich ergeht es Tausenden von Usern täglich. So oder so ähnlich plante es vielleicht die verantwortliche Agentur. Zwischen den Stühlen sitzt der Werbeträger, der Geld einnehmen, aber niemanden vergraulen will.

Leistungsstarke Layer Ads

Derzeit ist kein Werbemittel umstrittener als das Layer Ad, das sich ohne Zutun des Anwenders für wenige Sekunden über den Inhalt einer Internetseite legt. In jüngster Zeit haben sich zwei Studien mit Werbebannerformaten und somit auch mit Layer Ads auseinandergesetzt: AdEffects 2006 der Tomorrow Focus AG und eine kleinere Studie der TU Braunschweig, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften unter der Führung von Professor Wolfgang Fritz, Dr. Michael Kempe und André Hauser. Trotz völlig unterschiedlicher Erhebungsarten gleichen sich die Ergebnisse hinsichtlich der gedächtnisbezogenen Werbewirkung der Layer Ads.

Ihnen zufolge sind Layer Ads echte Modellathleten unter den Online-Werbemitteln. In nur 0,3 Sekunden rauscht die Botschaft in das Gehirn und brennt sich nachhaltig in die Hirnrinde des Anwenders ein, Widerstand zwecklos. AdEffekts 2006: "Über 80 Prozent erkennen das Werbemittel nach 10 Minuten wieder (Werbeerinnerung)." Dieses Ergebnis korreliert mit der Zahl der Braunschweiger Studie; dort erinnerten sich 85 Prozent der Probanten. Hinsichtlich der Markenerinnerung schlussfolgern die Braunschweiger zudem: "Es kann bestätigt werden, dass ein Layer Ad in Verbindung mit einem zusätzlichen Banner die Markenerinnerung erhöht." Die Werbetreibenden nutzen die Layer Ads im Zusammenspiel mit einem zusätzlichen Werbebanner für Brandingmaßnahmen und zur Vorstellung neuer Produkte. Das Layer Ad soll die Aufmerksamkeit erregen, das zusätzliche Banner soll als "follow up" daran erinnern.

Pfiffe, Buhrufe, Eigentor

Beide Studien ergaben aber auch, dass die User keine gute Einstellung zu diesem Werbemittel haben. Layer Ads gelten gemeinhin als "unakzeptabel und sehr störend". Dieses Ergebnis war zwar schon vorher bekannt, nun hat man es aber schwarz auf weiß. Wirklich neu ist jedoch, was die TU Braunschweig zusätzlich herausgefunden hat. Sie widerlegt nicht nur die These, dass Layer Ads sich ebenfalls positiv auf die CTR (Click Through Rate) des zusätzlichen Banners auswirken würde ("Diese Annahme kann verworfen werden."), sondern fand zudem heraus, dass die wenigen AdClicks auf das Banner in Wirklichkeit danebengegangene CloseAdClicks der Probanten waren. Als würde das nicht schon reichen, musste die Studie außerdem feststellen, dass die Bereitschaft, auch das zusätzliche Banner wegzuklicken (falls möglich), um sage und schreibe 29 Prozent stieg. Es kommt aber noch dicker: Die Braunschweiger brachten zutage, was wirklich wehtut, denn das schlechte Image des Layer Ads wirkt sich nicht nur auf das Werbemittel und das darin beworbenen Produkt, sondern auch auf den Werbeträger selbst aus. Spätestens jetzt wird die Verärgerung über die Layer Ads zu einem Eigentor beim Vermarkter und dem Publisher.

Nachgefragt

Schön, wenn die eigene Redaktion ein Mitspracherecht bei Vermarktungsfragen hat.

"Ein Werbeträger sollte schon abwägen, ob er das Geld mitnehmen will oder lieber auf den Einsatz bestimmter Werbeformate verzichtet. Alle uns bekannten Studien belegen, dass Layer Ads enervierend sind und sie damit dem User beim Lesen der Lektüre stören. Natürlich hat Werbung generell diesen Ruf, doch bei Layer Ads wird es wirklich grenzwertig. Die Redaktion von Spiegel Online hat damit begonnen, die Werbung zu reglementieren. Auf Layer Ads wird schon länger verzichtet, das Gleiche gilt dort auch für Mouse Over Expandable Banner", erklärt Martin Rieß, Verkaufsleiter vom Vermarkter Quality Channel in Hamburg. Rieß räumt aber ein: "Diese Einschränkung gilt nur für Spiegel Online und nicht für unsere Life Style-Angebote wie etwa die Condé Nast-Marken Glamour oder GQ". Somit unterscheidet man bei Quality Channel nach den einzelnen Marken, der Zielgruppe und der vermuteten Belastbarkeit der Leserschaft, ein Einzelfall?

Nein, denn die Tomorrow Focus AG, die u.a. Focus Online vermarktet, hat ganz offensichtlich die Zeichen der eigenen Studie erkannt. Die Münchner verfolgen aber eine völlig andere Philosophie. Hier verteufelt man nicht die Layer Ads als solche, sondern hinterfragt den Sinn der Werbe-Penetranz innerhalb einer Session: "Wir haben bestimmte Regeln aufgestellt mit einer restriktiven Haltung hinsichtlich der Werbeauslieferung, nicht nur was die Layer Ads anbelangt. Wenn etwa der User von einer fremden Site auf Focus Online gelangt, ist die erste PI immer frei von Layer Ads", sagt Martin Lütgenau, Geschäftsleiter Sales, Tomorrow Focus AG und erklärt weiter: "Der User bekommt Ruhepausen. Wenn ihm ein Layer Ad ausgeliefert wurde, dann wird der User auf der nächsten Seite kein weiteres Layer Ad zu Gesicht bekommen. Innerhalb einer Session von 60 Minuten begnügen wir uns mit maximal drei 'Over the Page'-Werbemitteln. Auch wenn wir uns damit selbst Volumen wegnehmen, haben wir uns seit Juli für dieses neue Modell entschieden. Bei uns werden also die Werbemittel nach Usergesichtspunkten ausgesteuert und wir fragen uns immer, was für den Anwender erträglich ist und was er akzeptieren wird. Falls das Layer Ad in das Umfeld passt und für die Zielgruppe interessant sein kann, spricht nichts gegen dieses Werbemittel."

Mediasquares, der Vermarkter vom reichweitenstarken Sportportal Sport1.de, will zwar auf das leistungsstarke Layer Ad vorerst nicht verzichten, hat aber offenbar die Negativentwicklung dieses Werbemittels zur Kenntnis genommen. "Generell sehen wir die Werbeform Flash Layer noch als eines der Standardwerbemittel, welches regelmäßig von unseren Kunden und den Mediaagenturen angefragt wird", sagt Andreas Post, Director Sales, mediasquares GmbH. "Wir befinden uns allerdings in einem Prozess, der zum Ziel hat, dem Werbekunden, dem Seitenbetreiber und vor allem aber auch dem einzelnen Nutzer der Plattformen gerecht zu werden. Daher arbeiten wir gemeinsam mit den Agenturen und unseren Partnersites an weiteren adäquaten Werbemitteln, die Flash Layer mittel- bis langfristig ablösen werden. Flash Layer werden auf unseren Premium-Werbeträgern wie sport1.de nach und nach durch innovativere Formate ersetzt."

Agenturen in der Kritik

Es gibt einige Variationen, um den Anwender bei Layer Ads ungewollt respondieren zu lassen. Winzig kleine Schließbuttons oder, besonders trickreich: ein transparenter Layer-Teil über der Weiterlesen-Funktion am Artikel, für den sich der Anwender eigentlich interessierte. Schon nennt das Layer Ad den ausgeführten Klick sein eigen. Zufall ist etwas anderes, Selbstbestimmung auch. Gelangt der Leser dennoch ungewollt auf das Angebot des Werbetreibenden, weckt diese oftmals seine Neugierde. Pure Absicht der Agenturen, wie Martin Rieß vermutet: "Agenturen werden auch bei Layer Ads an den Responsezahlen gemessen. Wenn das Motiv schlechte Klickraten hat, dann hat die Agentur schlecht gearbeitet. Also versucht man mit mehr oder weniger intelligenten Tricks die Responserate in die Höhe zu treiben."

Martin Lütgenau hat Ähnliches zu berichten, will aber keine Absicht unterstellen: "Es kommt leider häufiger vor, dass ein angeliefertes Layer Ad nicht unseren Spezifikationen entspricht. Die Werbemittel kommen oftmals sehr spät von den Kreativagenturen. Wenn ein Fehler an der Schließfunktion vorliegt und wir das Banner zurückschicken, kann es schon wieder 3 bis 4 Tage dauern; das Inventar ist aber bereits gebucht und reserviert. Das ist wirklich ein großes Problem. Ganz abgesehen von der Gefahr des negativen Image-Transfers für den Werbekunden, wenn der Schließenbutton nicht funktioniert oder versteckt wurde. Hier muss bei den Kreativagenturen noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden."

Zahlen belegen, dass Layer Ads immer weniger eingesetzt werden: "Von allen Werbemitteln, die wir im Jahr 2006 auf unseren Seiten ausgeliefert haben, nahmen die reinen Flash Layer Ads gerade einmal 2 Prozent ein, mit den follow up-Motiven war es etwas mehr", sagt Martin Rieß, und Martin Lütgenau stellt im eigenen Haus einen ähnlichen Trend fest: "Allein im ersten Halbjahr 2005 wurden noch 10 Prozent des Umsatzes mit Layer Ads generiert, bis Mitte 2006 waren es nur noch 7 Prozent." Lütgenau prognostiziert, dass zukünftig die Expandable Medium Rectangles mehr und mehr den Platz der Layer Ads einnehmen werden.

Auf die Milchkuh gekommen

Neuigkeiten aus der Landwirtschaft zum Schluss, ohne jegliche Hintergedanken: Nahezu gleichzeitig zu den Ergebnissen der AdEffekts 2006 berichteten die VDI-Nachrichten von der 2. internationalen Fachtagung "TierTechnik" der Max-Eyth-Gesellschaft. Dort erfuhren die Gäste mehr über eine neuartige vollautomatische 24-Stunden-Melkanlage, die eine Milchkuh freiwillig betreten kann. Die Tiere entscheiden aus freien Stücken, wann sie ihr kostbares Gut abgeben wollen. Diese Selbstbestimmung führt bei den Kühen zu einer Erhöhung der Milchabgabe von nachweislich 10 bis 25 Prozent.

Über den Autor/die Autorin:

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