Das Jahr 2006 war schon fast gelaufen, die meisten Jahresrückblicke schon abgespult, da passierte ein für das Jahr charakteristisches Medienereignis. Nein, nicht George Bushs Äußerung: "Tomorrow there will be a better future", sondern Saddam Husseins Hinrichtung am Tag danach. Ein von einem Henkersgehilfen angeblich heimlich aufgenommenes Video schaffte es neben den einschlägigen Videoportalen auf unzählige Nachrichtenseiten. Gezeigt wurden die letzten Momente vor der Exekution Husseins. Das war für mich der erbärmliche Höhepunkt des sogenannten Consumer Generated Contents im YouTube-Jahr 2006.
Ohne Saddam Hussein ein langes Leben oder zumindest einen "schönen" Tod gewünscht zu haben, macht doch gerade dieses Extrembeispiel des digitalen Hobbyfilmens eine ganze Reihe von Problemen deutlich. Inhalte werden oftmals unkommentiert und ungefiltert Nutzern jedes Alters zugänglich gemacht. Das ungekürzte Hinrichtungsvideo war ebenfalls ohne viel Aufwand im Netz ausfindig zu machen.
Die Inhaltelieferanten des Webs bestehen seit dessen Anfängen zum Großteil aus Freizeitpublizisten, aber wenn Millionen von Kamerareportern im eigenen Auftrag Fotos und Videos aufnehmen und veröffentlichen, muss es zwangsläufig zu erheblichen Interessenkonflikten führen. Wir kennen das ja zur Genüge schon aus dem Klatschumfeld, wenn sogenannte Promis Fotografen und Verlage verklagen. Heute muss man allerdings nicht nur als "öffentliche" Persönlichkeit befürchten, gefilmt zu werden. Wie sieht es aber dann mit den Bürgerrechten aus? Gerichte beschäftigen sich heute z.B. schon flächendeckend mit Rache- und Eifersuchtsdelikten, bei denen intimes Foto- und Videomaterial des ehemaligen Partners oder Partnerin der Öffentlichkeit übers Internet zugänglich gemacht wurden.
Gerade weil es so viele ungeklärte Fragen und damit Risiken rechtlicher und natürlich auch moralisch-ethischer Natur gibt, ist die Kommerzialisierung vieler sogenannter web 2.0-Angebote immer noch problematisch. Als Werbetreibender im Internet sollte man hierbei genau analysieren, welche Umfelder geeignet sind. Hierzu finden Sie einen interessanten Artikel bei adotas.com: http://www.adotas.com/2006/02/myspace-isnt-for-advertisers-its-for-sex/
Aber anstatt die Entwicklungen und die Möglichkeiten digitaler Medien zu verteufeln, ist es an den Publishern und gerade auch den klassischen Medienproduzenten, mit qualitativ hochwertigen Angeboten einen Gegenpol zu schaffen.
Genau das geschieht momentan, denn professionell produziertes Video- oder Internet-TV wird, was die Web-Inhalte angeht, das beherrschende Thema im Jahr 2007 sein. Produktionsgesellschaften, Agenturen und Publisher arbeiten an zahlreichen neuen Formaten, die eigens für das Netz entwickelt werden. Diese Formate werden sich allerdings in einem Punkt entscheidend von klassischen TV-Produktionen unterscheiden, nämlich in den Kosten. Web-Inhalte müssen aufgrund der heute noch begrenzten Refinanzierungsmöglichkeiten günstiger produziert werden. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Videocontent ist beim Nutzer vorhanden, wie die rege Nutzung im Newsbereich bereits zeigt. Es muss ja nicht immer eine Hinrichtung sein.
Um welche Einbindungsmöglichkeiten und Erlösmodelle es sich bei neuen Videoangeboten handeln wird, bleibt zunächst abzuwarten. Dass es aber viel Interesse vonseiten der Werbeindustrie für den Einsatz von Internet Werbespots gibt, steht außer Frage.
Welche Rolle IP-TV bei dem Verwachsen digitaler Content-Plattformen und des guten alten Fernsehens spielen könnte, untersucht Guido Nedden in seinem Beitrag über die Übertragungstechnologie und die derzeit zur Verfügung stehenden Angebote für den Nutzer. Wir hatten den Eindruck, dass man sich dem Thema am besten nähert, indem wir untersuchen, welche Angebote derzeit für den Endverbraucher vorliegen, da dieser irgendwann durch interaktive Werbung im TV erreicht werden soll. Ohne die technischen Voraussetzungen und Unterschiede zum PC als Endgerät zu kennen, werden wir uns schwer tun, das Potenzial für eine werbliche Nutzung einzuschätzen.
Jens von Rauchhaupt setzt sich mit einem brandaktuellen Online-Marketing Thema auseinander. Er nutzt zwei Studien zum Thema Layer Ads, die wichtige Erkenntnisse zum Einsatz dieses Werbemittels für Werbetreibende, aber auch die Sitebetreiber und Vermarkter liefern.
Mit ein paar schwergewichtigen Gedanken zum web 2.0-Phänomen meldet sich Udo Fleckenstein von Bloosfusion zu Wort und geht damit gleichzeitig auch noch mal auf das Eingangsthema Consumer Generated Content ein.
Viel Spaß mit ADZINE in 2007!