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DISPLAY ADVERTISING - Webradio

Radio Gaga

Jens von Rauchhaupt, 8. Dezember 2006

Was wird nicht alles auf schlecht Neudeutsch getargetet, getrackt, gestreamt und schließlich analysiert, um den Zielgruppen und ihren Interessen auf die Spur zu kommen. Dabei ist es doch recht einfach die Kundschaft dort anzusprechen, wo sie sich bereitwillig selbst identifiziert. Der Musikgeschmack ist ein solches Identifizierungsmerkmal. Nach Einschätzung der Media-Agenturgruppe Zenithoptimedia sollte die Onlinewerbung den Hörfunk im Jahre 2009 übertrumpft haben. Ein Grund mehr sich dem Webradio und seinen messbaren Werbemöglichkeiten zu widmen.

Webradio, was ist das genau?

Dieses Jahr sollen europaweit 20,4 Millionen Menschen wöchentlich das Internet zum Radiohören genutzt haben, meldete die BITKOM im September. Laut der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte GEMA ist ein Webradio "eine Musikübertragung im Internet, die vom Sender für die Empfänger in Form eines Programms zusammengestellt wird. Jeder Hörer hört zu einer bestimmten Zeit dasselbe."

Beim Webradio, mit dem sich ADZINE hier beschäftigt, beschränkt sich der Inhalt auf das Wesentliche, die Musik. Es geht also nicht um die Internetstreams der großen Hörfunkanstalten, sondern um reine Musikkanäle. Hier wird wenig oder gar nicht gesprochen. Diese Art von Webradio hat eine bizarre und kurze Vergangenheit hinter sich. Leider hat es auch viele junge und ambitionierte Opfer zu beklagen, die bis 2005 ohne Rücksicht auf Urheber- bzw. Zweitverwertungsrechte ihren PC unbekümmert zum Radiosender umfunktionierten.

Aus Spaß wurde ernst und mit den neuen Lizenzkatalogen samt Schadensersatzdrohungen der GEMA und GVL begann das große Webradiosterben. Ihre Betreiber konnten oder wollten keine Lizenzen erwerben. Podcasting nahm vielerorts seinen Platz ein. Die GEMA hat derzeit 887 dieser Webradio-Lizenzen vergeben. Diese Zahl sei aktuell, so die GEMA gegenüber ADZINE. Wer also heute noch ein Webradio betreibt, muss je nach Hörerkreis und Sendedauer seinen Geldbeutel entsprechend strapazieren, ohne zunächst nur einen einzigen Cent mit dem Radiomachen einzunehmen. Ein teurer Spaß für die Hobby DJ's, die sich zum Teil im DIRV e.V (Deutscher Internet Radio Verbund) organisiert haben.

audimark besetzt eine Nische

Die Not der Webradiobetreiber hat das junge Unternehmen audimark aus der europäischen Innovationsschmiede Dortmund auf eine kühne Idee gebracht: Wieso eigentlich nicht die kleinen deutschsprachigen Webradiosender auch mit Audiospots versorgen. "Ja es gab ein Webradio-Sterben", bestätigt der Geschäftsführer von audimark, Matthias Mroczkowski: "Unsere Medienanalyse, bei der wir 1140 Internetradionutzer befragt haben, hat aber ergeben, dass tatsächlich noch gut 2500 reine Webradios in Deutschland auf Sendung sind. Unser Hauptaugenmerk legen wir auf die kleinen Webradiostationen, wobei wir nur mit GEMA/GVL-Lizenzinhabern zusammenarbeiten. Allerdings können wir mit unserem Produkt den Radiobetreibern dazu verhelfen, endlich genug Geld für eine Lizenz einzunehmen. So gesehen profitieren selbst die Musikrechteinhaber von unserem Produkt". Während also klassische Radiosender wie RPR1 gerade den Weg in das Internet gefunden haben, um ihr laufendes Radioprogramm mit Display Ads zu versilbern, geht audimark den umgekehrten Weg und vermarktet Audiospots bei den Webradiosendern.

Der Tausend-Kontakt-Preis für einen 30 Sekunden Werbespot liegt laut audimark-Listenpreis bei 15 Euro. Das zur Einspeisung der Werbespots und zur Messung benötigte Plugin Tool haben die Dortmunder selbst entwickelt. "Der Webradiobetreiber entscheidet selbst, wann der Audiospot gesendet wird, unser Tool misst die exakte Zuhörerzahl", so Mroczkowski. Ein Missbrauch auf Seiten der Webradiobetreiber soll ausgeschlossen sein. Audimark verspricht sowohl für Werbetreibende als auch für den Webradiobetreiber volle Transparenz. So kann audimark ausländische Hörer durch die IP-Nummer identifizieren. Diese finden bei der Messung keine Beachtung. Schon jetzt hat audimark zahlreiche Webradiosender für ihre Idee gewinnen können, darunter etwa ShoutedFM und rautemusik.fm, der über 53.000 registrierte User hat. "Die Nachfrage von Seiten der Radiobetreiber ist immens", bestätigt Mroczkowski. Kaum verwunderlich, dass audimark mit dieser Geschäftsidee einen Preis im Dortmunder start2grow Wettbewerb gewonnen hat.

Die Musik macht den Unterschied

"Der typische Webradionutzer ist zwischen 17 und 25 Jahre alt, männlich und weiß genau, was er hören will. Das bedeutet, wir können die Zielgruppe je nach Sender sehr genau einschätzen und zielgenau eingrenzen", sagt Mroczkowski. In der Printlandschaft buhlen schon lange Hip Hop, Techno, Heavy Metal, Klassik, Jazz, Rock, Pop und RMB-Magazine um die Gunst der Musikfans und der Werbekunden. TNS-Emnid Mediaforschung sieht in einer Studie den generellen Erfolg von sogenannten Special Interests-Zeitschriften darin, dass diese durch ihren Community-Charakter das Interesse beim Leser verstärken.

Dank Foren und Chatfunktion sollte dieser Community-Charakter auf den Webseiten der Webradios eine weit höhere Attraktivität ausstrahlen. Sei es ein Roadsender, der sich dem Thema Auto widmet (roadradio.de) oder ein knallharter Technosender mit starker Affinität zur Computertechnologie (TechnoBase.fm), überall teilen sich die Zuhörer auf den Webseiten der Sender kräftig mit, äußern Wünsche oder üben Kritik. "Die Zielgruppen identifizieren sich selbst", schrieb Martin Recke unlängst auf Mediabrief.de von SinnerSchrader zum Thema Micro Targeting. Kleine Webradiosender sind hier ein hervorragendes Beispiel, die diese Annahme untermauern.

Eilige Hip Hoper und ausdauernde Schlagerhörer bei AOL

Der Radiodienst von AOL hat es in sich und passt trotz seiner immensen Reichweite zu diesem Thema: "Über die unterschiedlichen Musikfarben können wir den Konsumenten hervorragend ansteuern, indem wir senderspezifisch die Werbmittel ausliefern. Wir wissen, dass sich die Anwender mit unserem Radiotemplate beschäftigen, da wir das Cover der CD einblenden und der Hörer den Downloadshop, den physischen Shop oder unser Klingeltonangebot direkt ansteuern kann", sagt Boris Rogosch, Director Entertainment & eCommerce bei AOL Deutschland.

AOL konnte bereits Unterschiede in den einzelnen Zielgruppen feststellen: "Wir haben sehr interessante Erfahrungen hinsichtlich der Verweildauer gesammelt. Ein Hip Hop-Hörer hört sich pro Besuch-Session durchschnittlich vier Lieder an. Im Schlagerbereich sieht das ganz anders aus. Dort konsumiert der Hörer zwischen 12 und 14 Stücke", sagt Rogosch und ergänzt hinsichtlich der Besuchszeiten: "Die Hörer nutzen unser Radioangebot vorrangig zwischen 9 und 13 Uhr sowie am Abend zwischen 20 und 21 Uhr."

AOL bietet seinen Access-Kunden 130 unterschiedliche Radiosender an. Die Portalkunden können immerhin noch rund 30 unterschiedliche Sender nutzen. Rogosch verspricht: "Wir sind gerade im Begriff, die Senderanzahl für die Portalkunden kräftig auszubauen. Der Radiodienst ist ein fester Bestandteil unseres Gesamtangebotes. Er leistet einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir innerhalb der Internetportale die Nummer 1 hinsichtlich der Musikreichweite sind." Die monatliche Nutzerzahl soll bei AOL laut Rogosch zwischen 400 und 500 Tausend Hörer liegen. Das Radio Template von AOL ist mit einer Rectangle-Fläche für Werbebanner versehen. Zukünftig will AOL dort auch in Kombination mit dem Banner passende Audio Ads aufspielen. "Wir haben dies schon in unserer Eigenwerbung genutzt und damit eine 3-fache Click-Through-Rate beim Werbebanner festgestellt." Auch gebrandete Radiofenster, wie man sie bei Yahoo! kennt, sind bei AOL in Planung.

Im Unterschied zu audimark setzen aber die Hamburger wie ihre Portalmitbewerber von Lycos (laut.de) und Yahoo! vorrangig auf Display Ads und nicht auf Audiospots: "Die Audiospots, die wir nutzen, sind keine typischen Audiospots, wie man sie aus dem Hörfunk kennt." Rogosch hält klassische Audiowerbung jedoch nicht zwangsläufig für kontraproduktiv: "Das heißt nicht, dass wir den Kunden diese Möglichkeit nicht offerieren werden. Nach unserer Erfahrung ist aber eine kontextsensitive Werbung, die mit dem medialen Umfeld des Nutzers im Zusammenhang steht, zumeist wirkungsvoller."

Einen Wettbewerbsvorteil wegen Warner Music sieht Rogosch bezüglich der GEMA/GVL-Lizenzen übrigens nicht: "Es gibt eine völlig neutrale Auswahl, wie wir die Sender mit Musik bestücken. Im Übrigen wird die Auswahl ja auch vom User betrieben. Wir bezahlen also ganz normal GEMA/GVL-Gebühren wie jeder andere Internetradiosender auch."

Über den Autor/die Autorin:

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