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SEARCH MARKETING

Click Fraud - als lästiges Übel hinnehmen oder als illegales Geschäftsgebaren verfolgen?

Martin Schirmbacher, 24. November 2006

Spätestens seit der spektakulären Klage mehrerer Werbetreibender in den USA gegen Google Inc. auf Rückzahlung von bereits berechneten Werbeentgelten wegen Click-Betruges ist das Thema in aller Munde. Bekannt geworden ist, dass sich Google mit den Klägern im März dieses Jahres im Umfang von 90 Mio. $ geeinigt hat.

Unter Click-Betrug (oder Click-Spamming) wird herkömmlich das gezielte Clicken auf Werbeanzeigen Dritter verstanden, das den alleinigen Zweck hat, bei dem Werbenden Kosten auszulösen. Über den Umfang der durch Click-Betrug verursachten Schäden gibt es keine allgemeingültigen zuverlässigen Angaben. Je nach Branche geht man von fehlerhaften Clicks im Umfange von 4 % bis ca. 20 % aus.

Google und andere Suchmaschinen behaupten von sich, falsche Clicks (invalid Clicks) soweit wie möglich zuverlässig herauszufiltern. Zu diesem Schluss kommt auch ein Report von Alexander Tuzhilin (http://googleblog.blogspot.com/pdf/Tuzhilin_Report.pdf). Über die Methoden, wie die Filterung genau abläuft, sind Einzelheiten nicht bekannt. Für die vom Click-Betrug Betroffenen hilft die Aussage auch nur bedingt etwas. Es bleibt dabei, dass viele Werbetreibenden für Clicks bezahlen, die nicht wirklich den Zweck - nämlich die Verlinkung zur Website des Werbetreibenden - erfüllen. Misslich ist dies insbesondere, wenn Konkurrenten, sei es manuell, sei es durch Einsatz von entsprechenden Skripten solange auf die eingeblendete Werbung clicken, bis das eingesetzte Tageslimit erschöpft ist. Oft hat dies zur Folge, dass anschließend die Anzeige der Konkurrenten an die erste Stelle rückt.

Click-Betrug ist rechtlich unzulässig

Eine solche Vorgehensweise durch einen Wettbewerber ist gleich in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig.

Zum einen gebietet das Wettbewerbsrecht, dass ein Mitbewerber nicht gezielt behindert werden darf. Wer auf die Werbung des Konkurrenten klickt, um einerseits Kosten zu verursachen und andererseits die Einblendung des Wettbewerbers nach Erreichen des Tageslimits zu verhindern, behindert den Werbetreibenden im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG gezielt. Einziger Zweck des Clicks ist die Verhinderung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit des Konkurrenten. Die Werbung soll nicht an die Kunden ausgeliefert werden. Zudem entstehen bei dem Werbenden vergebliche Kosten.

Zudem dürfte das Clicken auf die AdWord-Anzeige auch als vorsätzlich sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB anzusehen sein, wenn dem Click nicht der Wunsch zugrunde liegt, die verlinkte Webseite zu erreichen, sondern es allein darum geht, dem Werbenden Schaden zuzufügen. Damit ist es auch für einen Dritten, der nicht Wettbewerber ist, rechtswidrig, allein deshalb auf einen Werbeanzeige zu klicken, um bei dem Werbetreibenden Kosten auszulösen.

Sowohl gegen Wettbewerber als auch gegen andere Personen bestehen daher Unterlassungsansprüche und gegebenenfalls auch Ansprüche auf Schadensersatz. Soweit die Theorie.

Beweisbarkeit des Click-Betruges

Problematisch ist indes die Beweisführung. Sofern dem Click-Betrüger nicht nachgewiesen werden kann, dass er gezielt auf die Anzeige geklickt hat, um dem Werbenden zu schaden, wird sich der Anspruch kaum durchsetzen lassen.

Ein solcher Nachweis kann allenfalls geführt werden, wenn die IP-Adresse, über die die Clicks erfolgen, zweifelsfrei dem Konkurrenten zugeordnet werden kann. Dies dürfte indes nur selten der Fall sein. Schon wenn sich der Konkurrent über einen großen Provider in das Internet einwählt, fällt die Zuordnung der IP-Adresse schwer: Die Provider sind nicht verpflichtet, gegenüber nicht öffentlichen Stellen Angaben dazu zu machen, welche IP-Adresse zu welchem Zeitpunkt an welchen Kunden vergeben war. In der Regel erfolgt eine Bekanntgabe der Zuordnung der IP-Adressen lediglich gegenüber Strafverfolgungsbehörden.

Dies setzt voraus, dass ein Strafverfahren gegen den Click-Spammer geführt wird. Die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft setzt aber eine strafbare Handlung voraus. Die Straftatbestände des UWG sind jedoch nicht einschlägig, so dass lediglich Straftaten nach allgemeinem Strafrecht in Betracht kommen. Die Vorschrift des § 263 StGB, die den Betrug unter Strafe stellt, ist nicht anwendbar, da der Betrug voraussetzt, dass ein Mensch über eine bestimmte Tatsachen getäuscht wird. Ein Mensch wird beim Click-Betrug indes nicht unmittelbar getäuscht, weil die Auswertung der Klicks natürlich automatisiert erfolgt.

Einschlägig kann dem gegenüber der so genannte Computer-Betrug des § 263a StGB sein. Um ein Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden zu gewährleisten, wird es darauf ankommen, der Staatsanwaltschaft möglichst plausibel zu machen, worin der eigentliche Vorwurf besteht. Mit einer sorgfältig formulierten Strafanzeige sollte der Staatsanwalt dazu gebracht werden können, Ermittlungen einzuleiten. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Provider zur Herausgabe der Daten des Anschlussinhabers zu der ermittelten IP-Adresse erfolgreich aufgefordert hat, kann - mittels anwaltlicher Hilfe - Akteneinsicht genommen und der tatsächliche Verursacher gegebenenfalls ermittelt werden.

Es liegt auf der Hand, dass ein solch langwieriges und mit Unsicherheiten behaftetes Verfahren nur dann in Betracht kommt, wenn bereits ein konkreter Verdacht besteht und der eintretende Schaden immens ist.

Inanspruchnahme von Google

Eine andere Frage ist, ob wegen des Click-Betruges auch gegen Google vorgegangen werden kann. Dabei sind zunächst die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Google für das AdWords-Programm einschlägig. Die Vertragsbedingungen enthalten - wenig überraschend - keine konkreten Aussagen zum Click-Betrug. Google verpflichtet sich lediglich, die vom Kunden zu zahlende Vergütung allein auf der Grundlage der von Google erhobenen Daten und vorgehaltenen Aufzeichnungen zu berechnen. Letztlich steht damit im Ermessen von Google, inwiefern das Phänomen des Click-Betruges berücksichtigt wird.

Eine rechtliche Handhabe gegen Google besteht allenfalls in dem Fall, dass Google nachgewiesen werden kann, dass es vom Click-Betrug im konkreten Fall Kenntnis hatte, nichts dagegen unternommen und gleichwohl abgerechnet hat. Dieser Nachweis dürfte nur äußerst selten zu führen sein. Letztlich steht ein Vorgehen gegen Google damit auf äußerst wackeligen Füßen. In krassen Fällen und nach einer entsprechenden Benachrichtigung an Google ist indes nicht ausgeschlossen, dass auch ein Vorgehen gegen Google Erfolg haben kann.

Festzuhalten bleibt, dass Unternehmen, die den Verdacht des Click-Betruges hegen, dem auf den Grund gehen sollten. Sofern sich der Verdacht erhärtet und die IP-Adresse nicht auf andere Weise einem konkreten Nutzer zugewiesen werden kann, sollte man über eine Strafanzeige nachdenken, um auf diese Weise eine Zuordnung der besonders häufig verwendeten IP-Adresse zu einem konkreten User zu ermöglichen. Ist der Übeltäter ermittelt, sollte die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen relativ unproblematisch sein.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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