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WETTEN DASS - Zulässigkeit der Werbung für zweifelhafte Online-Wetten

Martin Schirmbacher, 13. Oktober 2006

Kaum eine Branche sorgt derzeit so umfangreich für juristische Schlagzeilen wie die der Online-Wett- und Glücksspielanbieter. Zurzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine Entscheidung eines deutschen Gerichts ergeht, die im weiteren Sinne mit der Frage der Zulässigkeit des Angebotes von Internet-Wetten zu tun hat. In der Regel geht es um Online-Casinos oder Sportwetten und die Frage, inwieweit diese beworben werden dürfen.

Sportwetten sind nicht nur für die Anbieter, sondern auch für die Vermieter von Werbeplatz lukrativ. Immer häufiger finden sich im Internet die verschiedensten Online-Werbeformen, mit denen für Websites von Sportwetten-Anbietern und Online-Casinos geworben wird. Werbung für Online-Wetten und Online-Spiele stellen für viele Anbieter von Online Werbeflächen und -links attraktive Einnahmequellen dar. Dies ist jedoch nicht ohne rechtliche Risiken für die Sitebetreiber.

Diese Risiken rühren vor allem daher, dass das deutsche Glücksspielrecht auf dem Prüfstand steht. In einer viel beachteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.3.2006 - Az. 1 BvR 1054/01) hat das oberste deutsche Gericht das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärt. Schon im Jahre 2003 hat der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 6.11.2003 - Az. C-243/01) befunden, dass ein staatliches Wettmonopol in einem Mitgliedstaat nur dann zulässig ist, wenn dies zum Schutz der Verbraucher oder der Sozialordnung erforderlich ist. Ob dies der Fall ist, muss in letzter Konsequenz der Gesetzgeber entscheiden. Es kann aber nicht angehen, so letztlich das Bundesverfassungsgericht, dass der Staat mit der Veranstaltung von Glücksspielen und Sportwetten erhebliche Einnahmen generiert und diese auch extensiv bewirbt, andererseits aber privaten Wettanbietern die Veranstaltung von Wett- und Glückspielen grundsätzlich untersagt. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, eine verfassungsmäßige Regelung zu finden. Wie diese aussehen wird, steht noch in den Sternen.

Was bedeutet dies für die Werbung für Online-Casinos, Sportwetten-Anbieter und andere Glücksspiele im Internet? Festzuhalten ist zunächst, dass die gesetzlichen Regelungen, insbesondere § 284 StGB, wonach die öffentliche Veranstaltung von Glücksspielen strafbar ist, weiter gelten. Dies ist besonders misslich, weil § 284 Abs. 4 StGB schon die Werbung für ein unerlaubtes Glücksspiel unter Strafe stellt. Man kann sich darüber streiten, ob das bloße Setzen eines Hyperlinks eine solche Werbung ist. Bei Bannern, Pop-Ups oder Layer-Ads dürfte in aller Regel eine Werbung in diesem Sinne anzunehmen sein. Wer also für ein unerlaubtes Glücksspiel auf seiner Website Werbung schaltet, macht sich strafbar. Dies gilt allerdings nur, wenn der Websitebetreiber oder dessen Vermarkter wusste, dass es sich bei dem verlinkten Angebot um ein unerlaubtes Glücksspiel handelt. In einem etwaigen Strafverfahren muss der Richter entscheiden, ob eine solche Kenntnis von der fehlenden Erlaubnis bei dem Websitebetreiber vorlag. Eine einfache Einlassung, "Ich wusste nichts von der Illegalität des beworbenen Glücksspiels", dürfte angesichts der derzeitigen öffentlichen Diskussion jedoch kaum überzeugen.

Auch zivilrechtlich ist die Werbung für verbotene Glücksspiele und Sportwetten nicht unbedenklich. So können sich wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche ergeben. Zwar ist - zu allem Überfluss - auch die Haftung für Hyperlinks ein juristisches Minenfeld, doch besteht Einigkeit, dass bei Kenntnis von der Illegalität der verlinkten Seite die Verlinkung unterbleiben muss. Immerhin hat der Bundesgerichtshof den Link auf ein Glücksspielunternehmen, das in Deutschland keine Zulassung besaß, durch eine Online-Zeitung für (gerade noch) zulässig gehalten (Urteil vom 1.4.2004 - Az. I ZR 317/01).

Zu konstatieren ist daher, dass bei der Werbung für Glücksspiele und Sportwetten erhebliche Vorsicht geboten ist. Im Idealfall sollte mit dem Anbieter ein Vertrag geschlossen werden, in dem dieser die Zulässigkeit seines Angebotes in Deutschland zusichert und sich verpflichtet, den Websitebetreiber von allen Kosten freizustellen, die bei diesem wegen einer Inanspruchnahme aufgrund der Werbung für das Angebot des Vertragspartners anfallen. Dies betrifft insbesondere Anwalts- und Gerichtskosten.

Was jedenfalls nicht hilft, ist ein allgemein gehaltener Disclaimer in so genannten "Nutzungsbedingungen" der Seite, in dem unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 eine Haftung für Verweise auf andere Seiten ausgeschlossen wird. Im Gegenteil: In oben angesprochener strafrechtlicher Bewertung mag es für das Gericht ein Indiz für die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte sein, wenn sich der Websitebetreiber in einem Disclaimer davon pauschal zu distanzieren versucht.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".