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Werbung muss auch im Netz vom redaktionellen Teil getrennt sein

Martin Schirmbacher, 1. September 2006

Die Werbewirtschaft denkt sich - besonders im Internet - immer neue Werbeformen aus, um die Zielgruppen optimal zu erreichen. Zu diesen neuen Werbeformen zählt die Vermischung von redaktionellen und werbenden Bestandteilen einer Website schon eine ganze Weile nicht mehr. Doch auch hier gilt: Was offline gilt, muss auch online gelten - das Verbot der Schleichwerbung.

Diese Selbstverständlichkeit hat jetzt bei verschiedenen deutschen Gerichten zu Verurteilungen der Werbenden geführt. So hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin mehrfach entschieden, dass es Bild.T-Online untersagt ist, redaktionelle Texte und Bilder mit Links auf werbende Inhalte zu versehen, ohne deren Werbecharakter eindeutig kenntlich zu machen (Urteil vom 26. Juni 2005, Az. 16 O 132/05). Das Gericht verbot also nicht werbende Links in redaktionellen Texten, sondern sagt lediglich, dass für die User erkennbar sein muss, dass es sich bei der Verweisseite um Werbung handelt. Einen kleinen Hinweis: "Anzeige" auf der verlinkten Seite ließ es dafür nicht genügen. Neben dem allgemeinen Grundsatz aus § 4 Nr. 3 UWG gilt im Internet zusätzlich das Trennungsgebot des § 7 Teledienstegesetz bzw. des § 13 Mediendienstestaatsvertrag. Auf diese Paragrafen stützte das Gericht seine Argumentation.

In einer ähnlichen Entscheidung hat erst kürzlich auch das Kammergericht klargestellt, dass Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss (Urteil vom 30.6.2006, Az. 5 U 127/05). Dabei liege eine relevante Täuschung stets schon dann vor, wenn dem Leser/User eine entgeltliche Anzeige als redaktioneller Beitrag präsentiert wird. Ein Link auf einen Werbepartner aus einem redaktionellen Angebot heraus müsse so gestaltet sein, dass dem Nutzer erkennbar ist, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird.

Auch aus Süddeutschland kommen ähnliche Entscheidungen: Das OLG München hat mit Urteil vom 20. Januar 2005 (Az.: 29 U 4589/04) einem Arzt unter anderem untersagt, einen Text, in dem ein Nahrungsergänzungsmittel eines bestimmten Herstellers über alle Maßen gepriesen wurde, im Internet zu veröffentlichen. Hier nahm das Gericht Bezug auf eine spezielle Vorschrift des Heilmittelwerberechts. Auch dort gilt jedoch, dass die Grenzen zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung nicht verdeckt werden sollen.

Eine weitere Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss vom 29. Juli 2005, Az. 5 W 85/05) zeigt, dass das eigentliche Problem aber der Nachweis der Schleichwerbung ist. Natürlich kann und soll es den Redaktionen nicht verwehrt sein, Produkte beim Namen zu nennen und deren Vorteile und Nachteile auch im Vergleich mit Konkurrenzware miteinander abzuwägen. Die Grenze ist aber erreicht, wenn sich der Verdacht aufdrängt - und erhärtet, dass der redaktionelle Beitrag von dem erwähnten Unternehmen finanziert wird.

Die Urteile zeigen, dass vermehrt Vorsicht geboten ist. Eine Täuschung des Durchschnittsusers über den Umstand, dass ein konkreter Bestandteil einer Website Werbung ist, muss vermieden werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass über jeder Anzeige in Schriftgröße 36 "Anzeige" stehen muss. Muss sich für den Nutzer aufdrängen, dass es sich bei der jeweiligen Einblendung um Werbung handelt, bedarf es eines ausdrücklichen Hinweises nicht. Dies dürfte etwa bei PopUps und Floating Ads generell der Fall sein.

Auf Werbung auch nicht gesondert hinweisen muss, wer selbst einen redaktionellen Teil gar nicht bereithält. Auf die eigene Unternehmenspräsentation muss also nicht der Hinweis, dass ein Skyscraper Reklame ist. Doch Vorsicht: Die Schwelle zum "redaktionellen Teil" ist relativ schnell überschritten. Muss der User denken, dass es sich um eine unabhängige Berichterstattung handelt, ist dem Trennungsgebot Rechnung zu tragen, will man sich nicht dem Schleichwerbevorwurf ausgesetzt sehen.

Die Rechtsprechung schafft inzwischen klare Vorgaben. Der Teufel steckt indes im Detail. Sensibilität für das Thema ist in den Redaktionen in jedem Fall angezeigt. Auch die Werbenden sollten sich nicht auf der sicheren Seite fühlen. Unter Umständen können auch Sie in die Haftung geraten, wenn die Handlungen der Redaktionen dem Werbenden zugerechnet werden können.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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