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Marken Fishing

Jens von Rauchhaupt, 18. August 2006

Eines der deutschen Traditionsunternehmen mit der ersten wirklich globalen Marke, das Duftwasser 4711, steht samt seiner Kölner Immobilie zum Verkauf. Vielleicht hätten die Verantwortlichen von 4711 dieses Schicksal mit einem höheren Werbeeinsatz im Internet vermeiden können. Mit anderen deutschen Traditionsmarken geht es derweil wieder bergauf, einige von Ihnen erleben gar eine Art Renaissance. ADZINE hat willkürlich sein Netz in den hiesigen Markentopf geworfen. Wir wollten von den Unternehmen erfahren, wie es um ihren Online-Werbeeinsatz steht.

Petri heil

Etwas mehr als 4 Prozent aller getätigten Werbesausgaben in Deutschland flossen im ersten Halbjahr 2006 in die Online-Medien. Dies illustrierte vor 2 Wochen die FAZ am Sonntag in ihrem Wirtschaftsteil. Das Internet wird noch immer von vielen potenten Werbetreibenden als Werbeplattform für ihre Markenprodukte gemieden. ADZINE hakte bei einigen Herstellern von FMCGs (Fast Moving Consumer Goods) nach. Viele Unternehmen waren von unserer Anfrage nicht begeistert, sie befürchteten eine Flut von Angeboten, wie sie uns hinter vorgehaltener Hand erklärten.

Afri Cola, Entscheide Dich!

Die Marke Afri Cola gibt es seit 1931 und gehört wie die Marken Bluna und Staatlich Fachinger zur Mineralbrunnen Überkingen Teinach AG, eines der führenden Mineralwasserunternehmen in Süddeutschland. Dort konzentriert man sich auf das Markengeschäft und bezeichnet neue emotionale Markenwelten als einen Erfolgsfaktor des Unternehmens. Das Produkt Afri hat eine neue oder besser, die ursprüngliche Rezeptur mit einem Koffeingehalt von 25 mg/100ml erhalten. Das haut den stärksten Karpfen um. Zudem führte man mit dem Internetauftritt auch die neue Afri Cola White ein, das zuckerlose Pendant zur klassischen Afri Cola. Um mehr über die Werbespendings und den Werbewillen für die Marke Afri Cola zu erfahren, konnten wir die verantwortliche Lead-Agentur, die plenum & fischbach GmbH, befragen.

Emotionalität und Onlinemarketing scheint aus Sicht von Afri Cola nicht im Widerspruch zu stehen, wie Simon Loebel, Senior Account Manager bei plenum & fischbach, bestätigt: "Natürlich ist emotionale Werbung im Internet möglich. Die ständig wachsenden technischen Möglichkeiten führen sogar dazu, dass der User durch Interaktion eine stärkere Emotionalität vermittelt bekommen kann (Online Games, interaktive Filme). Die Hürden für den Markenartikler liegen in erster Linie in der Positionierung des entsprechenden Werbemittels und dem effizienten Einsatz der zur Verfügung stehenden Werbebudgets." Von E-Mail-Umfeldern als Platzierung zeigt sich Loebel indes wenig begeistert. Dort wäre der Verbraucher zu abgelenkt, daher sei ein Werbeeinsatz in solchen E-Mail-Log-In- und -Log-Out-Umfeldern für Afri Cola kein Thema. Die Zielgruppe von Afri Cola beschreibt Loebel als Trendsetter und Lifestyle People. Darauf ist auch die derzeitige Kampagne von Afri Cola ausgerichtet: "Wer das Produkt Afri Cola wählt, der entscheidet sich für einen individuellen Geschmack und gegen den Mainstream", sagt Loebel.

Zu klassischen Online-Kampagnen konnte sich Afri Cola aber noch nicht durchringen, dennoch sieht man die immensen Möglichkeiten des Internets: "Das Internet stellt für die Marke Afri Cola das zentrale Kommunikationsmedium dar. Als aktuell laufende Aktion veranstalten wir im Rahmen eines Sponsoring mit dem Christopher Street Day in Stuttgart Live-Bloggings: Auf verschiedenen Events im Rahmen der Aktionswoche können die Besucher ihre Meinung in einen Blog schreiben, dafür sind wir mit einem multimedial ausgestatteten Afri-Bus vor Ort", sagt Georg Kazantzidis, verantwortlich für das Produktmarketing bei Afri Cola. Wie hoch die Werbeausgaben für das Internet sind, konnten wir nicht erfahren, Kazantzidis versicherte uns jedoch, dass sie deutlich über 4 Prozent liegen. "Für die Zukunft sind wir bestrebt, eine crossmediale Strategie zu fahren. Das Internet hat dabei - als Basis aller Aktionen - eine stetig steigende Bedeutung", so Kazantzidis.

Dr. Oetker bleibt sich treu

Bevor wir direkt mit Dr. Oetker Kontakt aufnahmen, haben wir von Nielsen/NetRatings Zahlen über den messbaren Werbeeinsatz dieses Traditionsunternehmen eingeholt. Fehlanzeige, von Dr. Oetker und seinen Marken hatte man in London für das Jahr 2006 keinerlei Online-Kampagnen messen können. Einzig der Internetauftritt brachte es in den letzten 12 Monaten auf eine Zahl von 250 Tausend Einzelbesuchern. Dabei ist Dr. Oetker wirklich ein Werberiese: Laut Nielsen Media Research gaben die Bielefelder im ersten Halbjahr 2006 einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag für Werbung in den klassischen Medien aus.

Den Internetauftritt haben die Bielefelder erst kürzlich deutlich aufgewertet, er umfasst nun 4.500 Einzelseiten. Große Online-Werbekampagnen außerhalb der eigenen URL sind aber in naher Zukunft nicht zu erwarten, denn: "Die Online-Aktivitäten von Dr. Oetker laufen derzeit ausschließlich auf der eigenen Homepage oetker.de", erklärt Martin Stodolka, Marketing Manager Kundenbindung, Dr. Oetker. Dennoch hat auch Dr. Oetker das Internet als Kommunikationskanal für seine Marken erkannt: "Awareness und Emotionalität sind für Dr. Oetker sehr wichtig. Beides ist auf allen 4.500 Seiten der Dr. Oetker Homepage zu finden. Für Dr. Oetker ist es darüber hinaus unabdingbar, dass zwischen den Kunden und Dr. Oetker ein persönlicher Kontakt entsteht. Das Internet fördert diesen gewünschten Dialog", so Stodolka.

Wie sich Dr. Oetker diesen Dialog konkret vorstellt, hat uns der Marketingmanager für Kundenbindung auch gleich erklärt: "Auf der Startseite, auf den Produktseiten und auch im Cult Corner wird auf die Produkte aufmerksam gemacht. Hinzu kommt ein jeweils zweiwöchiges Gewinnspiel unter 'Mitmachen & Gewinnen'. Daran nehmen durchschnittlich 5.000 User teil. Die Fragen beziehen sich beispielsweise auf Dr. Oetker Produkte, die Dr. Oetker Homepage oder Serviceleistungen von Dr. Oetker. Die User äußern sich dabei gerne, nutzen auch die dafür vorgesehenen freien Antwortfelder aus. Selbstverständlich ist eine Online-Teilnahme an weiteren Gewinnspielen von Verkaufsförderungsaktionen auch auf der Dr. Oetker Homepage möglich. Natürlich ist das Internet eine geeignete Plattform, um Launches und Line Extender entsprechend zu präsentieren. Der Verbraucher soll umfassend über die Produkte informiert werden."

Da Dr. Oetker in den klassischen Medien sehr aktiv ist, wollte ADZINE zudem eine Einschätzung zu den neuen Möglichkeiten von Videostreams im Internet erhalten. Stodolka erklärte dazu: "Dr. Oetker hat auf seiner Homepage unter der Rubrik 'Cult Corner' einige TV-Werbespots, die sich der User anschauen kann. Videostreams im Internet machen jedoch für 30-sekündige Werbespots keinen Sinn. Gemeinsam mit dem digitalen TV-Sender tv.gusto wurde mit 'Backen' dagegen die erste reine Backsendung für den deutschen TV-Markt entwickelt. Sie ist seit Mitte September wöchentlich bei tv.gusto zu sehen." Somit wird deutlich, dass Dr. Oetker seiner eigenen Linie treu bleiben möchte und auf Onlinekampagnen leider verzichten wird. Man sehe aber, dass der eigene Internetauftritt im Verhältnis zu anderen Kommunikationskanälen kostengünstig ist und dass man das Budget dazu in den letzten Jahren erhöht habe. Unklar bleibt aber, wie Dr. Oetker mit dieser Strategie neue Kunden aus dem Internet auf die eigenen Websites lotsen will.

Gerolsteiner kümmert sich ums eigene Team

Auch der Mineralwasserkonzern Gerolsteiner setzt zurzeit ausschließlich auf seinen eigenen Internetauftritt: "Natürlich ist das Internet auch für uns ein wichtiges Kommunikationsmittel und wir werden uns den neuen Möglichkeiten dieses Mediums nicht verschließen", erklärt die Sprecherin Heike Görres, verantwortlich für die Fachpresse bei der Gerolsteiner GmbH & Co KG auf unsere Anfrage. "Derzeit richten wir jedoch im Onlinebereich unser Hauptaugenmerk auf den direkten Dialog mit dem Verbraucher und unseren Radsportfans, die unseren Internetauftritt gerolsteiner.de wirklich sehr gut nutzen. Wir sehen im Moment einfach keine Notwendigkeit, Onlinekampagnen zu fahren und bleiben vorerst bei Werbespendings in den klassischen Medien", so Görres weiter.

Einige Traditionsunternehmen scheinen Online-Marketing als Synonym zur Pflege der Unternehmens-Website zu verstehen. Dort tun sie viel, indem sie neue Produkte vorstellen und Rückkanäle zum Verbraucher mit Hilfe von Gewinnspielen öffnen. Irgendwie ernüchternd und auch etwas verwunderlich, wie sie die digitalen Werbemöglichkeiten brach liegen lassen. Man darf sich nicht wundern, wenn der Verbraucher demnächst mehr Afri Cola als Mineralwasser trinkt. ADZINE hat jedenfalls seine Angelrute bereits in Richtung Krombacher, Bitburger und Sinalco ausgeworfen und vielleicht beißt auch noch ein Gummibärchen an. Petri Dank!

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