Suchmaschinenhaftung für Markenverstöße beim Keyword-Advertising
Martin Schirmbacher, 20. Juli 2006"Google machte Geschäft mit Plagiaten", so lautete eine Überschrift im Handelsblatt Ende letzten Monats. Es ging um den Fall Louis Vuitton vs. Google, der vor einem Berufungsgericht in Paris verhandelt wurde. Der Markenartikler nahm den Suchmaschinenbetreiber auf Schadensersatz in Anspruch, unter anderem weil Google Anzeigen von Produktfälschern eingeblendet hatte, wenn nach Louis Vuitton gesucht wurde.
Über die rechtliche Zulässigkeit des Einsatzes fremder Marken als Keyword in Googles AdWords-Programm ist an dieser Stelle bereits berichtet worden (Adzine 6/2006 - http://www.adzine.de/de/site/contentfcmsv44419bcf229191/artikel.xml). In Deutschland wird der Einsatz fremder Marken als Keyword überwiegend für eine Markenverletzung gehalten. In dem zu entscheidenden Fall hatten nicht Konkurrenten, sondern Markenpiraten für gefälschte Louis-Vuitton-Produkte geworben. Weil der Taschenhersteller der Fälscher nicht ohne weiteres habhaft werden konnte, wandte er sich mit seinem Anspruch an die Suchmaschine.
Zu Recht, wie das französische Gericht befand. Google habe es in der Hand gehabt, solche AdWords zu verhindern. Überhaupt habe Google die Einblendung von Websites von Fälschern verhindern können. Google wurde zur Zahlung von über 300.000,- EUR Schadensersatz verurteilt. In der Tat ist der Fakt nicht von der Hand zu weisen, dass Google für jeden Klick auf einen bezahlten Link erhebliche Einnahmen generiert - auch wenn durch die Anzeige Rechte Dritter verletzt werden oder der Link auf eine Seite führt, die rechtsverletzende Inhalte hat.
Es ist nun aber nicht zu erwarten, dass die Suchmaschinen in größerem Umfang von Markeninhabern zur Kasse gebeten werden. Jedenfalls nach deutschem Recht kann Google allenfalls als so genannter Mitstörer in Anspruch genommen werden. Ein Schadensersatzanspruch setzt konkrete Kenntnis von den Umständen des Einzelfalles und Verschulden voraus. Dass theoretisch Markenverletzungen möglich sind, genügt dafür nicht. Ob diese Voraussetzungen in dem in Frankreich entschiedenen Einzelfall vorlagen, lässt sich nicht zuverlässig ermitteln.
Google jedenfalls versucht, sich gegen die Inanspruchnahme durch Markeninhaber zu wappnen und nimmt seine Werbekunden in die Pflicht. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die der Schaltung von Google AdWords zugrunde liegen, verpflichtet sich der Anzeigenkunde, gewerbliche Schutzrechte (insbesondere Markenrechte Dritter) nicht zu verletzen. Gleich in der darauf folgenden Klausel der AGB gibt sich Google das Recht, Kosten, die durch die Inanspruchnahme Dritter aufgrund etwaiger Markenverletzungen etc. entstehen, auf den Kunden abzuwälzen.
Dass jedenfalls eine Unterlassungsklage gegen einen Suchmaschinenbetreiber auch in Deutschland Erfolg haben kann, zeigen Urteile aus Düsseldorf und Berlin. Das Berliner Landgericht verurteilte den Betreiber einer kleineren Metasuchmaschine beispielsweise dazu, auf bestimmte beleidigende Websites nicht mehr zu verlinken (Urt. v. 22.02.2005 - Az.: 27 O 45/05). Allerdings hatte der Suchmaschinenbetreiber zum Zeitpunkt des Urteils bereits Kenntnis von den rechtsverletzenden Inhalten, lehnte eine Unterlassung der Verlinkung jedoch ab.
Wer also Rechtsverstöße, insbesondere Verletzungen von Markenrechten im Internet, bemerkt, sollte durchaus Ansprüche gegen Suchmaschinen prüfen lassen, die darauf verlinken. Google selbst ist inzwischen deutlich kooperativer als in vergangenen Zeiten bei der Bekämpfung von Markenverletzungen und bietet ein Beschwerdeverfahren an, das relativ zuverlässig funktioniert (http://www.google.de/tm_complaint.html#2). Geschäfte mit Plagiaten macht Google also nur bis zur Beschwerde...
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