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Schöner Surfen

Karsten Zunke, 15. Dezember 2005

Schnöde Bannerwerbung war gestern. Bunt, laut und interaktiv präsentieren immer mehr Unternehmen ihre Produkte im Internet. Sonderwerbeformen werden kreativer und vielfältiger. Das macht den Umgang mit ihnen nicht leichter. Hier ein Filmchen, dort ein Musikschnipsel als Appetizer für die neue CD und zum Auswendiglernen noch der Original-Fernsehwerbespot mit dem singenden Cowboy. DSL sei Dank.

Es kracht und scheppert allenthalben und so mancher Surfer wundert sich über die Vielfalt der neuen bunten Online-Werbewelt - und nimmt sie staunend zur Kenntnis. All die Power Curtains, Leaderboards, Super-Banner-Expandings, Motion Ads, Power Brandings oder Push-Down Banner. Mit steigenden Bandbreiten und zunehmender DSL-Verbreitung soll auch die Vielfalt der lade-intensiven Werbemittel weiter wachsen.

Bewegte Bilder, Interaktionen, Sounds und Streams - das sind den Experten zufolge die neuen Felder, auf denen sich die Kreativen austoben werden. Längst werden Produkte im Internet nicht mehr präsentiert, sondern mit Hilfe dieser Sonderwerbeformen inszeniert. Großer Vorteil solcher Online-Werbung: Sie fällt auf. Manchmal leider so sehr, dass der User sie sofort wegklickt. "Man muss den gesunden Mittelweg aus Wünschen der Werbekunden und Konsumgewohnheit der Endkunden finden", meint Klaus Ahrens Geschäftsführer Pilot 1/0.

"Aber mittlerweile haben die Werbekunden dazugelernt und versuchen das Werbemittel so zu gestalten, dass es für die Nutzer relevant wird. Das ist nicht nur eine Frage der Kreation, sondern auch der Mediaplanung", erklärt Ahrens. So achtet man bei Pilot stark auf die Umfelder, in denen Werbebotschaften platziert werden. Dieses zusätzliche Korrektiv "Relevanz" spielt für die Agentur zunehmend eine große Rolle. "Das Umfeld bestimmt darüber, ob die Online-Werbung groß und aggressiv oder eher zurückhaltend ausfällt", sagt Ahrens.

Fehlende Standards erschweren Agentur-Arbeit

"Die Klickraten sind immer noch viel besser als bei Standard-Bannern. Wenn die Werbung gut gemacht ist, der User ein Benefit hat und die Mediaplanung die Werbung gut platziert, sind Sonderwerbeformen sehr effektiv. Dann wird sie vom User auch nicht als störend empfunden", meint auch Claudia Mai, Head of Online-Marketing der OMD GmbH. Doch damit Sonderwerbung den Kunden erfreut und den User nicht stört, müssen Agenturen ein hartes Stück Arbeit leisten. Das Problem sind fehlende Standards für diese Werbeformen. "Der Abstimmungsbedarf ist enorm. Nicht nur zwischen Media-Agentur und Kreativ-Agentur oder Kunden und Kreativ-Agentur, sondern auch zwischen Media-Agentur und dem entsprechenden Vermarkter. Das ist arbeits- und zeitintensiv", erläutert Marc Lehmann, Director Digital bei der Frankfurter Agentur Mindshare.

"Einerseits ist es spannend, neue Ideen umzusetzen und auch der Kunde erwartet das. Andererseits würden Standards unsere Arbeit enorm erleichtern. Beispielsweise ist es ziemlich umständlich, Sonderformen über den Adserver auszuliefern. Dazu sind oft diverse Anpassungen nötig", ergänzt Mai.

Online-Werbung muss sich abheben und Internetnutzer schnell ansprechen. Dafür sind Sonderformate wichtig, sind sich die Experten einig. "Es ist aber ein Spagat", meint Mai. "Wenn sich das Internet als Werbeplattform weiter durchsetzen möchte, müsste es irgendwann auch bei Sonderwerbeformen zu Standards kommen. "Andererseits definiert sich das Internet so, dass in diesem Medium andere Sachen möglich sind als in den klassischen Kanälen. "Eine Lösung dieses Konflikts ist noch nicht in Sicht", so Mai.

Anteil von Sonderwerbeformen nimmt zu

Vielleicht könnte die Zeit dieses Problem bewältigen. Denn viele ehemalige Sonderformate sind heute gar keine mehr. Beispielsweise finden sich Tandem Ads - eine Kombination aus einem beliebigen Standardformat und einem Flash Layer - bei manchen Online-Vermarktern bereits in den normalen Preislisten. Diese Formate sind sehr beliebt, weil die Flash-Werbung in der Standardwerbeform endet und so auch nach Ablauf der Animation erhalten bleibt. Generell werden individuelle Lösungen heutzutage immer öfter nachgefragt.

Bei dem Vermarkter Hi-Media haben Sonderwerbeformen bereits einen Anteil von 65 Prozent am Online-Werbe-Umsatz. "Die Werbewirkungswerte stimmen und darauf kommt es an", erläutert Hi-Media-Vorstand Andreas Stietzel die Beliebtheit dieser Formate. Bei SevenOne Interactive machen die individuellen Werbeformen rund 50 Prozent des Online-Geschäfts aus. Im Jahr 2002 waren es noch 30 Prozent. "Immer mehr Kunden sind bestrebt, sich durch Einzigartigkeit und Prägnanz vom Wettbewerb abzuheben. Nicht zuletzt deshalb sind Sonderwerbeformen momentan so beliebt und so vielfältig", erläutert Geschäftsführer Matthias Falkenberg. Special Ads entwickelt der Vermarkter in einer eigenen Abteilung - so gehen Power-Curtain oder Power-Spot auf die Arbeit dieser Unit zurück. Damit Werbekunden nicht den Überblick verlieren, haben die Münchner extra einen Showroom für alle Medien- und Werbeformen der ProSiebenSat.1-Gruppe auf ihrer Homepage eingerichtet.

Laut Oliver Lessing, Geschäftsführer des Online-Vermarkters Quarter Media, lockt das neue Medium aber auch viele klassische Werbetreibende, die es von anderen Medien wie Print und TV gewöhnt sind, Branding-Ziele zu erreichen. "Sonderwerbeformen bieten diesen Kunden dabei besonders gute Möglichkeiten, das Internet in Crossmedia-Kampagnen einzubinden und aufmerksamkeitsstarke Formate zu schalten", so Lessing.

Kein Allheilmittel

Aber Sonderwerbeformen sind kein Allheilmittel. Für Responsekampagnen kommen nach wie vor fast ausschließlich Standardwerbemittel in Frage - bis hin zu Textlinks und Buttons. Sie sind häufig wirtschaftlicher als großformatige Sonderwerbeformen, die sie sich per se durch den hohen Preis disqualifizieren und deshalb meist gar nicht in eine solche Planung aufgenommen werden können.

Bei Brandingkampagnen ist dies jedoch etwas völlig anderes. Wer beispielsweise im Rahmen von TV-Kampagnen das Internet als Ergänzungsmedium einsetzt, für den ist ein TKP von 40 Euro nicht zu hoch: "Für solche Kampagnen ist das Internet sogar ein wirtschaftliches und konkurrenzfähiges Alternativmedium", meint Ahrens. Denn dann müsse sich die Höhe des TV-TKP mit der des Online-TKP messen lassen. Letzterer dürfte in der Regel gerade in den attraktiven jüngeren einkommensstarken Zielgruppen um ein Vielfaches günstiger ausfallen. So werden bei Branding- und Cross-Media-Kampagnen auch in Zukunft Sonderwerbeformen verstärkt zum Einsatz kommen. Aber vielleicht können sich jenseits der müden Banner zwei gleichwertige Spielarten dieser Werbung etablieren.

"Es wird zum einen Sonderwerbeformen geben, die im Rahmen von Sponsoring individuell auf einzelne Werbeträger zugeschnitten sind. Auf der anderen Seite wird es mehr Standardisierung bei den Sonderwerbeformen geben müssen, damit auch für breiter angelegte Kampagnen eine effektive und effiziente Abwicklung möglich ist", prognostiziert Lessing.

Über den Autor/die Autorin:

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