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Wenn Vermarkter jubeln und Medienplaner die Stirn runzeln - dann ist bald Weihnachten. Dass Werbung im Netz zum Jahresende boomt, ist Tradition und gut für die gesamte Branche. Aber in diesem Jahr tauchen erstmals neue Probleme auf: Werbeplätze werden knapp. Extrem knapp. Erste Seiten sind bereits bis zum Jahresende komplett ausgebucht.

Viele hielten die Meldung für ein Gerücht, die vor wenigen Tagen aus Amerika herüberhallte. Angeblich seien die Einstiegsseiten großer Portale wie Yahoo und AOL hoffnungslos ausgebucht. Wer in bestimmten Rubriken eine Kampagne starten wolle, müsse mit Wartezeiten bis zu 18 Monaten rechnen. Eine Anfrage dieses Magazins vor zwei Wochen wollten die entsprechenden Portalbetreiber in den USA weder bestätigen noch dementieren (siehe ADZINE Nr.5).

Angeblich hinkt Deutschland den Amerikanern immer etwas hinterher - so auch beim Online-Marketing. Aber auch hierzulande sind auf einigen Seiten die Werbeplätze ausverkauft. Und das seit Ende November. "Die Entwicklung in den USA deckt sich mit den Erfahrungen, die wir zurzeit machen: Viele der von uns vermarkteten Portale sind bereits ausgebucht", erklärt Paul Mudter, Geschäftsführer InteractiveMedia CCSP GmbH.

Die Startseite von t-online.de ist beispielsweise bereits für die nächsten zwei Monate belegt und auch auf den T-Online Portalen onReise und onWirtschaft stehen nur noch wenige Werbeflächen zur Verfügung. "Insbesondere der Raum für große Werbeformate ist knapp, da er auf den Startseiten ja ohnehin begrenzt ist", erläutert Mudter.

Extrem hohe Auslastungsquoten

Eine deutlich gestiegene Auslastung vermeldet auch der Online-Vermarkter GWP. Laut Carsten Schwecke, Leiter Crossmedia/Online werden die Portale Handelsblatt.com, Wirtschaftswoche.de und Zeit online momentan besonders stark gebucht. "Wir haben eine der höchsten Auslastungsquoten, die wir je hatten", so Schwecke.

Echte Engpässe gebe es in einzelnen Umfeldern auf handelsblatt.com und wiwo.de. "Engpässe auf der Homepage oder besonders stark nachgefragten Rubriken sind möglich", heißt es auch aus dem Hause SevenOne Interactive, dem Online-Vermarkter der ProSiebenSat1-Gruppe. "Allerdings haben wir in engem Austausch mit Werbetreibenden und Agenturen bisher immer eine optimale Lösung finden können", erklärt Sprecher Marcus Prosch. Aufgrund der großen Reichweite und der hohen Nutzungsintensität gibt es beim Online-Vermarkter United Internet noch keine Platzprobleme. Man verzeichne aber eine deutlich höhere Nachfrage als im Vorjahr, heißt es auf Anfrage von ADZINE.

Auch beim Vermarkter IP Interactive werden verfügbare Werbeplätze knapper. Laut Geschäftsführer Lars-Eric Mann konnten auch hier bisher allen Kunden passende Umfelder angeboten werden. Das Unternehmen vermarktet unter anderem die Portale RTL.de und n-tv.de. Besonders beliebt seien die Homepages wie rtl.de, aber auch andere Bereiche, die das ganze Jahr über Konjunktur haben, wie RTLratgeber.de, die Autorubrik oder Themenseiten für Musik und Kino. Dass die Verfügbarkeit auf den Seiten zum Jahresende deutlich geringer werde, habe man allerdings auch in den letzten Jahren beobachten können, so Mann.

Beim Qualitätsvermarkter G+J Electronic Media Sales (EMS) ist die Lage ähnlich. In den vergangenen Wochen und Monaten verzeichnete man einen deutlich spürbaren Aufwärtstrend. "Insbesondere auf Seiten wie impulse.de oder capital.de kommt es immer wieder zu Kapazitätsengpässen", bestätigt Alexander Adler, Sprecher von G+J EMS. Dies sei jedoch nicht saisonal bedingt, sondern habe mit der hochwertigen Zielgruppe und den hohen Affinitätswerten zu tun, meint Adler.

Große Volumina ausverkauft

"Die Tendenz, dass die Nachfrage im vierten Quartal ansteigt, hat sich bereits in den vergangenen zwei Jahren abgezeichnet. Aber jetzt sehen wir, dass es tatsächlich zu signifikanten Engpässen kommt", meint hingegen Manfred Klaus, Geschäftsführer von Plan.Net. Die Agentur bietet unter anderem Online-Mediaplanung als Dienstleistung an. Was bei den Vermarktern ungehemmte Freude auslöst, sorgt bei den Mediaplanern daher eher für Sorgenfalten.

"Die Nachfrage steigt, es kommt zu Ausbuchungen und die Preise ziehen an", sagt Oliver Gertz, Geschäftsführer der Agentur Magic Response. Vor allem reichweitenstarke Seiten seien umkämpft. "Spiegel-Online ist beispielsweise für Homepage-Einfärbungen bis Ende des Jahres ausgebucht", so Gertz "Bei allen großen Premium-Seiten ist es momentan schwierig, Topplatzierungen zu bekommen.

Bei Quality Channel und Yahoo sind die großen Volumina ausverkauft", bestätigt auch Branchenkollege Klaus. Selbst in den Cost-Per-Click-Netzwerken sei es momentan teilweise schwer, Klicks für ausreichende Volumina zu bekommen.

Lastminutegeschäft hat ausgedient

Auch wenn solche Unwegsamkeiten zu bestimmten Terminen immer wieder im Arbeitsalltag eines Mediaplaners auftauchen können: Langfristig scheint sich die Werbeplanung des schnellen Online-Mediums der klassischen Mediaplanung noch stärker anpassen zu müssen. "Man wird künftig langfristiger planen und die entsprechenden Volumina frühzeitiger reservieren müssen, um sie zu normalen Preisen und ohne Knappheitszuschläge zu realisieren", sieht Klaus als Konsequenz der jetzigen Situation. "Wir müssen von den kurzfristigen Kampagnen wegkommen und strategischer denken", fordert auch Magic Response Chef Gertz. Nur so könne man sich die Filetstücke unter den Platzierungen langfristig sichern.

Beim jetzigen "Lastminutegeschäft" habe die Geschwindigkeit häufig Vorrang vor der Qualität, so der Marketing-Fachmann. Auch wenn sich die Experten einig sind, dass es hierzulande kurzfristig keine amerikanischen Verhältnisse mit Wartezeiten bis zu 18 Monaten geben wird, mit der Fußball-WM steht das nächste Werbeereignis bereits vor der Tür. Man darf gespannt sein, ob sich viele Unternehmen mit Online-Werbung zurückhalten werden, um im Werbelärm der Sponsoren nicht unterzugehen oder ob bekannte Werbemuffel zusätzlich ins Netz drängen. Denn schließlich will jeder ein Stück vom lukrativen WM-Werbekuchen abhaben und sei es "nur" mit Hilfe eine Bannerkampagne im Internet. Mit einer langfristigen Planung wäre man vor bösen Überraschungen sicher.

"Ein langfristiger Ansatz bringt für alle drei Seiten Vorteile: Für den Vermarkter Planungssicherheit, für den Kunden Wirtschaftlichkeitsvorteile und für die Agentur die Chance mehr Leistung für den Kunden heraus zu holen", ist sich Plan.Net Chef Klaus sicher.

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