Das mit 1,6 Milliarden Page-Impressions und 13,79 Millionen Nutzern im Monat reichweitenstärkste deutsche Internetportal T-Online.de hat seiner Onlinepräsenz ein Facelift verpasst.
Vielen Anwendern dient die Startseite ihres Providers nicht nur als E-Mail-Empfangsstation, sondern auch als wichtige Nachrichtenplattform. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass solche Internetseiten eine wertvolle Reichweite für Werbekunden besitzen.
Damit geht aber auch gleichzeitig eine gewaltige Herausforderung für den Seitenbetreiber einher. Schließlich muss der Spagat von Information und Werbung gelingen.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, Effizienz von Werbung liegt in den Händen der Entscheider(innen). Viel gibt es auf der Startseite T-Online.de des gleichnamigen Online-Providers zu sehen. Zu viel, wie auch Web-Psychologen und Kommunikationsdesigner bestätigen würden. Sieben Informationseinheiten, so genannte Chunks, können vom menschlichen Ultrakurzzeitgedächtnis zur Weiterverarbeitung in das Kurzzeitgedächtnis gelangen.
Bei T-Online.de findet eher ein „chunk overload“ statt. Würde man die Informationseinheiten zählen wollen, fiele ein brauchbares Ergebnis vermutlich zeitlich mit der Vereidigung der Bundeskanzlerin zusammen. Aber Vorsicht vor voreiligen Hetzkampagnen gegen das Portal von T-Online. Schließlich handelt es sich bei diesem weder um eine reine Werbefläche noch um eine pure Verkaufsplattform. Vielmehr birgt dieses Mischprodukt von Nachrichten-, Informations- und Internetdiensten eine Fülle von Informationen. Diese Angebotsmenge will erst einmal redaktionell bearbeitet und zudem gut verpackt sein.
Redaktioneller Inhalt
Zu ihrem Glück sind sich die Seitenbetreiber von T-Online einer Tatsache bewusst: Qualität ist neben Reichweite das Kriterium für Mediaentscheider. Laut des von Interactive Media und Enigma GfK veröffentlichten „Market Report 2005“ stufen 64 Prozent der Verantwortlichen in Agenturen und Werbeabteilungen Angebote mit redaktionell aufbereiteten Inhalten als besonders hochwertige Werbeumfelder ein. So hochwertig, dass sie dort nicht nur eher werben würden, sondern sogar bereit wären, mehr dafür zu zahlen, soweit der Inhalt die vorhandenen Nutzer anspricht. Die Studie wurde von der Enigma GfK GmbH aus Wiesbaden durchgeführt.
.
Damit ist die Wertigkeit in Hinsicht auf Qualität von T-Online.de danach zu beurteilen, welche inhaltlichen Angebote die Seite für die ohne Zweifel vorhandenen Nutzer bereithält: vorrangig eine Kommunikationsplattform mit Informations- und Unterhaltungsangeboten. Aktualität, Themenauswahl und Informationsbreite sind hier die Maßstäbe für ein hochwertiges Werbeumfeld.
Hier lässt die Portalseite von T-Online kaum Wünsche offen. Die gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen finden ihren erforderlichen Platz.
Außenpolitische Nachrichten stammen zumeist direkt von AFP, die inländischen Neuigkeiten von dpa. Die redaktionelle Arbeit liegt in der Erfassung, Kürzung und Themenverteilung. Eine typische Redaktionsarbeit, die der Journalist aus den Online-Ablegern bekannter Printmedien kennt.
Die Reduzierung der jeweiligen Themenwahl auf Bild mit Überschrift liegt im Trend und soll dem Kunden die inhaltliche Auswahl erleichtern. Besonderes Augenmerk wird auf technologische Fragen des IT-Umfeldes gelegt. Dies erklärt sich mit der Hauptaufgabe des Portals, Service- und Internetdienstleister zu sein.
Dennoch sollte die redaktionelle Arbeit noch eine weitere Aufwertung erfahren. Nicht alle aktuellen Themen sind im Wege einer Nachrichtendienstmeldung befriedigend zu vermitteln. Stößt eine bestimmte Nachricht auf breiteres Interesse, sucht der Interessierte stets nach Kommentaren und verifizierten Rechercheergebnissen. Eine punktuelle Hervorhebung aktueller Themenbereiche durch journalistische Aufbereitung bleibt unverzichtbar. Hier fehlt es dem Portal noch an journalistischer Authentizität.
Verpackung
Web-Designer sind manchmal wirklich bedauernswerte Menschen. In den seltensten Fällen stammen Farbwahl und Logo einer Marke aus ihrer Hand. Und hätte man sie gefragt, sie würden am liebsten alles anders und natürlich besser machen. Jetzt, wo die Marke steht, muss die Corporate Identity für den Seitenaufbau eingehalten werden. Merkwürdig bunt kommt T-Online.de im oberen Seitenbereich daher. Trotz farblicher Zweitönigkeit der Marke, versuchen die Designer mit blauen, pinken und gelben Reitern den Blick auf die nun fünf Hauptkategorien zu lenken. Etwas bemüht, aber wohl notwendig, um den Anwender in dieser Informationsflut überhaupt auf die Reiterfunktion aufmerksam zu machen.
Neu ist für den T-Online-Kunden seit dem 10. Oktober die „Toolbox“ für den schnellen Zugriff interner Dienste. Eine gute Idee, wäre diese Toolbox auf allen Hauptkategorien verfügbar. Dies ist leider nicht der Fall. Natürlich sind die gleichen Funktionen auch in der Navigationsleiste anwählbar. Das macht die Toolbox insgesamt wieder überflüssig. Zu den bisherigen Hauptkategorien Startseite, Themen, Service, Shopping spendierten die Betreiber der Seite noch die Hauptkategorie „DSL und mehr“ und legen damit die Eigenwerbung dezent in eine eigene Schublade ab.
Unprofessionell erscheint die gesamte Seitenstruktur. „Drei Spalten sind in der digitalen Nachrichtenbranche die häufigste Aufteilung“, so Thomas Bauer, Webdesigner von Beatlokal, Münster. Auch mit zwei Spalten ist ein vernünftiger Aufbau möglich, wie Stern.de beweist.
Vier Spalten, wie bei T-Online.de, ergeben einen Informations-Tsunami, der in einer sinnfreien Auflistung von Produktvorschlägen mündet und getrost als Platzverschwendung zu deklarieren ist. Nicht erst seit Jakob Nielsen, dem König der Usability, sollte den Machern von T-Online.de eigentlich klar sein, dass selektive Aufmerksamkeit eben nicht mit einer Überreizung der visuellen Sinne funktioniert.
Mediaplaner kommen an dem Portal von T-Online kaum vorbei. Dennoch erscheint die Dame T-Online optisch klotziger denn je. So fehlt ihr noch etwas an Elastizität für den geforderten Spagat. Eine Diät täte gut. Vielleicht könnten mehr Frische im Design und ein weiterer chirurgischer Eingriff helfen.