Kürzlich las ich einen Artikel des amerikanischen Autors Jaime Gottlieb mit der Überschrift „Europe’s Yankee Goldrush“, der Stellung zur Jupiter Research Studie „European Online Advertising Forecast 2005 –2010“ nimmt. Die Jupiter Studie sagt Europa einen enormen Anstieg der Werbebudgets für digitale Aktivitäten voraus, was nicht weiter neu und verwunderlich ist. Allerdings sieht der Autorenkollege aus New York die Profiteure der europäischen Marktentwicklung primär in den USA.
Die amerikanische Dominanz des Europäischen Online-Werbemarktes macht der Schreiber an einer Studie des Marktforschungsunternehmens Hitwise fest. Diese Studie untersucht den Suchmaschinenmarkt in Großbritannien. Das Ergebnis: 94 Prozent aller Suchanfragen in GB werden von us-amerikanischen Unternehmen bearbeitet. Damit dürfte klar sein, wer die Umsätze aus bezahlter Suche in der Erfolgsrechnung verbucht.
Andere europäische Länder werden vom Autor nicht weiter unter die Lupe genommen und das Ergebnis für Großbritannien und seinen Suchmaschinenmarkt wird undifferenziert auf den gesamten europäischen Online-Werbemarkt übertragen. Diese Vorgehensweise lässt ein vernebeltes und für einen Amerikaner vielleicht auch berauschendes Bild Europas entstehen.
Zugegeben, die Aufteilung des Suchmaschinenmarktes in Deutschland ist dem angelsächsischen nicht ganz unähnlich und auch andere große Portalnamen und Shoppingplattformen aus dem Land der Goldgräber scheinen auch in Deutschland nicht unbedeutend. Geht man aber mit deutscher Gründlichkeit an die Analyse des Marktes, so erschließt sich schnell, dass der Anteil von werberelevanten US-Sites am deutschen Gesamtangebot fast bedeutungslos ist. (Searchmarketing hierbei ausgenommen)
Unter den TOP 20 der bestbesuchten Seiten finden sich gerade vier amerikanische Angebote, wird der Inhalt dann etwas spezifischer und die Nutzerzahl kleiner, sinkt die Bedeutung noch weiter. Die drei reichweitenstärksten Angebote in Deutschland haben auch ihre Wurzeln in diesem Land. Den Spitzenreiter in Hinsicht auf Reichweite, T-Online, unterzieht ADZINE in dieser Ausgabe einer Analyse, besonders interessant nach dem Facelifting.
Es sind nicht nur die Publisher, die vom Online-Werbemarkt profitieren. Man darf die übrigen Beteiligten nicht vergessen, wie Mediaagenturen, SEOs, E-Mail-Marketer, Vermarkter, Kreative, Journalisten und natürlich jeden einzelnen, der in der Branche Beschäftigung findet, auch bei amerikanischen Unternehmen. Es sind also doch nicht nur eine handvoll ehemaliger Stanford Studenten, die den europäischen Markt unter sich aufteilen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle einen Gruß an Jaime Gottlieb nach New York loswerden mit dem Hinweis, sich nicht zu sehr von großen amerikanischen Namen blenden zu lassen. Im übrigen ist der europäische Markt nicht allein an unseren Freunden von der Insel und einer amerikanischen Suchmaschine festzumachen.
Vielleicht ist es eher ein deutscher oder sogar europäischer Charakterzug sich differenzierter mit Sachthemen auseinanderzusetzen und daraus entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese persönliche Vermutung wird durch die grundsätzliche Herangehensweise an wichtige Themen in unserem Heimatmarkt gestützt. Nach dem Motto: „Wer hohe Türme bauen will, sollte lange am Fundament verweilen“ So geschehen bei der AGOF e.V. mit der Erhebung der „internet facts“. ADZINE befragte einige Mediaplaner zum Ergebnis der Ende September diesen Jahres vorgelegten Regelstudie.
Weitere spannende Themen der vorliegenden ADZINE Ausgabe sind die Anwendungsmöglichkeiten von Podcasting im Marketing und die Verbindung von Keywordadvertising im Netz mit dem handelsüblichen Telefonanschluss. Nach der Devise: Bei Anruf zahlen.
Viel Spaß bei der neuen Ausgabe von ADZINE!