„Mene mene tekel upharsin !“ So deutete der Prophet Daniel seinem Dienstherrn Belsazar im alten Testament den Untergang seines Königreiches: Belsazars Reich war dem Untergang geweiht, weil Gott es gezählt, den König gewogen und ihn für sein eigenes Reich als zu leicht befunden hatte. Im Internetmarketing ist es der Endkunde, dem eine ähnliche, allmächtige Stellung in Form des Abwägens zukommt. Denn auf dem Onlinemarktplatz ist ein Vermarktungsinstrument vor allem darauf angewiesen, dass der Endkunde wenigstens das Werbemittel annimmt.
Messparameter
Mit der Akzeptanz von ADWARE ist das indes so eine Sache. Schwarze Schafe in der Werbebranche pervertieren ADWARE zur allseits verhassten SPYWARE, indem sie ungefragt persönliche Daten des Nutzers Dritten zuspielen.
Das ist höchst ärgerlich. Mit der nötigen Transparenz für den Verbraucher und einer nachweisbaren Werthaltigkeit der Anwendungen besitzen ADWARE-Applikationen schon wegen ihrer Messbarkeit das Potenzial zu einem optimalen Werbemittel.
Nachteil Adware: Sicherheitskapriolen ohne Ende
Aber bevor die Lanze bricht, muss die Stange hörbar knacken. Daran erkennt man jedenfalls guten und frischen Spargel. Und es knackt gewaltig bei den Adwareherstellern. Nachdem der US-Kongress im Januar 2005 die Gesetzesinitiative „H.R. 29“ zum Schutz des Verbrauchers gegen Backchannelprogramme eingereicht hat, suchen die Publisher dieser Programme nunmehr einen festen Halt auf dem glatten Parkett der Gesetzestreue.
Mit einem 84 Seiten langen PDF-Sermon versucht zum Beispiel Adwarespezialist Claria auf seiner Webpräsenz dem Interessierten zu erklären, warum es sich bei Ihren Produkten keinesfalls um Spyware handelt und wieso ihre Softwareprogramme nicht (mehr) personenbezogene Daten wie Name, Wohnort, Alter – so genannte Sensitive Personally Identifiable Data – zusammentragen.
Claria, das bis zum Jahre 2003 unter dem unvorteilhaften Namen „Gator“ agierte, hat dafür gute Gründe: Das kalifornische Unternehmen verfügt mit dem hauseigenen Publisher Gain über ein Sammelsurium von nützlichen wie auch unnützen Softwareprogrammen. Diese kann der Internetnutzer kostenlos herunterladen und nutzen, sofern er sich nicht an den darin geschalteten Werbungen und Partnerprogrammen stört.
Gibt man hingegen den Begriff Claria bei Google ein, verweist der Sponsorlink im Hauptfenster auf eine Softwareschmiede, die Antispyware zur Verfügung stellt, um Adwareprogramme von Claria/Gain wieder von der Festplatte des Anwenders zu säubern. Nicht nur Claria, sondern auch seine Pendants Hotbar, Directavenue, Cydoor und viele mehr stecken in diesem Glaubwürdigkeitsdilemma.
So wird derzeit zwischen Antispywareherstellern und den Publishern von Adwares mit immer härteren Bandagen gekämpft. Da will Hotbar gegen Symantec eine gerichtliche Verfügung durchsetzen, dass Symantec Hotbar-Produkte nicht als Spyware kennzeichnen darf. Postwendend antwortete Antivirenexperte Symantec im Juli dieses Jahres mit einer Feststellungsklage, eben dies tun zu dürfen. Kaspersky Lab warnt in seiner jüngsten Trendanalyse ausdrücklich vor „Reklame Trojaner“ und schätzt Adware von Claria/Gain als pseudolegal ein. Jüngst hat Panda Software einen P2P Wurm entdeckt, der Google und Yahoo Suchanfragen verdeckt umleitet und die Suchergebnisse werbegünstig manipuliert. Panda Software ließ es sich nicht nehmen, diesen Schädling, der so gar nichts mehr mit einem kundenfreundlichen Adwareprogramm gemein hat, „Adware/Premium Search“ zu nennen.
Vorteil Adware: Messbarkeit
Mit dem Begriff Adware ist das Menetekel also keinesfalls abzuwenden. Ein forschender Blick über die aufgebaute Drohkulisse ist hilfreich: Eine Softwareapplikation, die neben ihrer eigentlichen Funktionalität auch Werbebanner einblendet, ist gemeinhin als Adware zu bezeichnen. Eine Applikation, die das Gleiche ohne Mitwissen des Nutzers tut und zudem Dritten persönliche Daten übermittelt, gilt als Spyware.
In Adwareprogrammen steckt Performance-Marketing „par exellence“. Gegenüber dem klassischen demografischen Marketing besitzen diese Adwareprogramme klare Vorteile. Die Interaktion zwischen Endkunden und dem Server des Adware-Publishers führen unmittelbar zu messbaren Kundenreaktionen. Mithin zum eigentlichen Werbeerfolg. Dies ist für Performance Marketing Tools typisch und nicht neu.
Neueren Datums ist jedoch die weitere „Wertabschöpfung“ der gewonnenen Daten. Hier steht das Surfverhalten im Mittelpunkt und die Adwaretools nützen dabei ihren Vorteil voll aus. Da sie ständig im Hintergrund des Betriebssystems laufen, sind sie in der Lage, das Surfverhalten des Endkunden gleich bleibend zu beobachten. Hat der Onlinekunde sein Einverständnis dazu gegeben, kann die Adware die gewonnenen Daten dem Server des Publishers zur Auswertung übermitteln und zielgerichtet, dem „Surfbenehmen“ entsprechend, neue Werbung in das Adwaretool schalten. Daher wird diese Art der Werbung auch als Behavioral Marketing bezeichnet.
Im besten Fall nimmt der Internetkunde diese Art der Online Werbung gar nicht wahr und erfreut sich der Hauptfunktion des Adwaretools. Behavioral Marketing nutzt also das ganze Spektrum des Mediums Internet, indem es auf die Interaktion des Anwenders antwortet. Im angelsächsischen Markt besetzt Behavioral Marketing ein immer größeres Vermarktungspotenzial. Der geschätzte Jahresumsatz von Claria soll 90 Millionen US-Dollar betragen.
Ausgang vertagt
Wie Adware sein Potenzial auf dem deutschen Markt nutzten kann, ohne gleich dem Untergang geweiht zu sein, erfahren Sie in der nächsten Ausgabe von ADZINE.
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