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DISPLAY ADVERTISING

Ad-Exchange Business sorgt für Preistransparenz – Interview mit Sacha Berlik von mexad

Rupert Turner, 18. November 2010

Sacha Berlik ist Gründer und CEO von mexad, einer Agentur für Display Engine Marketing mit Standorten in Köln, London, Wien, Paris und ab Q1 2011 auch in Warschau. Wir haben mit Sacha Berlik über den dynamischen Mediaeinkauf gesprochen und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf den Online-Displaywerbemarkt haben wird.

Adzine: Können Sie uns kurz das Geschäftsmodell von mexad erklären?

Sacha Berlik, mexad

Sacha Berlik: Wir stellen mit unserem Agenturmodell ein auktionsbasiertes Bid-Management für Display-Inventar für die heute relevanten Ad Exchanges und Yield-Optimierer (Sell Side Platforms) bereit und können dadurch den Mediaeinkauf auf die Bedürfnisse des Werbekunden, insbesondere hinsichtlich Preis und Relevanz der Platzierungen optimieren. Diesen Full-Service nennen wir Display Engine Marketing.

Das Geschäftsmodell ist vergleichbar mit dem einer SEM-Agentur übertragen auf das Display Advertising. Dank diverser Targeting-Technologien können wir treffsicher die gewünschte Zielgruppe über alle verfügbaren Exchange-Technologien hinweg erreichen. Um das Potenzial der Börsentechnologien auszuschöpfen, werden Kauf, Analyse, Optimierung sowie Berichterstattung von unserer In-House-Technik und unseren Optimizern im Kundenauftrag durchgeführt. Dieser Prozess ist für unsere Kunden in jeder Phase transparent.

Adzine: Was wird abgerechnet?

Sacha Berlik: Wir stellen unseren Kunden nur den tatsächlichen Auktionspreis in Rechnung zuzüglich einer prozentualen Vergütung.

Adzine: Wer sind Ihre typischen Kunden und nennen Sie Börsenplattformen, bei denen Sie steigern?

Sacha Berlik: Unsere typischen Kunden sind Agenturen, die Displaykampagnen planen und kaufen. Unser Trading-Team ersteigert und optimiert mit unserer Technologie bei Doubleclick Ad Exchange, OpenX, Right Media, AppNexus, Admeld, Pubmatic, Rubicon Project und einigen anderen.

Adzine: Was ist mit AdJug und AdScale?

Sacha Berlik: Exzellente Technologien und ein hervorragendes Geschäftskonzept, wir sehen die beiden allerdings nicht als Ad Exchange, somit sind sie für unseren Einkauf nicht relevant. Sie sind vielmehr Beispiele für das einzig tragfähige Zukunftskonzept für Ad Networks.

Adzine: Warum können Werbekunden oder deren Agenturen nicht selbst steigern?
 
Sacha Berlik: Agenturen für Display Engine Marketing bieten den Service, parallel sämtliche auktionsbasierte Technologien sicher und effektiv zu nutzen. Wir haben jahrelange Erfahrung auf beiden Seiten: einerseits die Publisher-Qualität in Ad Exchanges & Yield-Optimierern sicherzustellen und die technischen Verfahren, um Kampagnen synchronisiert über diese auktionsbasierten Technologieplattformen einzukaufen und auszuliefern.

Es ist vergleichbar mit dem Management von PPC- (Pay per Click) Kampagnen beim Suchmaschinenmarketing: Warum braucht man eine PPC-Agentur, um Keywords bei Google zu kaufen? Sie müssen kein eigenes Personal dafür einstellen. Allerdings sind Ad Exchanges viel schwieriger zu handhaben als Google AdWords. Jede automatisierte Trafficquelle hat ihre Eigenheiten und man benötigt Personal, das sich auf jede einzelne spezialisiert. Wir haben mittlerweile 19 Mitarbeiter, von denen sich acht ausschließlich auf das Management der Ad Exchanges konzentrieren.

Ad Exchanges und Yield-Optimierer bieten ohne Zweifel großartige Technologien und sie arbeiten auch selbst daran, den Mediaeinkauf sicherer und einfacher zu gestalten, jedoch wird die Komplexität des Gesamtmarktes dafür sorgen, dass auktionsbasierter Mediaeinkauf zu einem Großteil über spezialisierte Einkaufsagenturen wie uns erfolgen wird.

Adzine: Welche Rolle spielt die Technologie für Ihr Einkaufsgeschäft?

Sacha Berlik: Wir haben eine eigene Technologie, definieren uns aber nicht als Technologiedienstleister, sondern als Full-Service-Dienstleister. Die marktgängigen DSPs unterscheiden sich durch Technologie, wobei wir heute auf einem Niveau sind, dass DSP A behauptet, die RTB Algorithmen aus der Weltraumforschung zu haben, und ein anderer aus dem Aktien Trading. Wichtiger ist aber das Wissen über die verschiedenen europäischen Märkte und die Verfügbarkeit von Inventar in den Auktionstechnologien. Der Bau eines Real Time Bidders ist definitiv keine Rocket Science

Adzine: Wie sichern Sie denn die Qualität des Werbeinventars, wenn das so schwierig ist?

Sacha Berlik: Das ist tatsächlich eines unserer wichtigsten Themen. Es ist schwierig, den Einkauf absolut sicher zu gestalten und auf der anderen Seite keine Reichweite zu verlieren. Wir verlassen uns nicht auf die Eigenklassifizierung, die die Ad Exchanges anbieten. Bevor wir neue Publisher akzeptieren, liest unsere Sniffer-Technologie die URLs, die sie anbieten, aus.

Wenn einzelne URLs für uns nicht sichtbar sind   blockieren wir den gesamten Publisher. Zudem verfügen wir über Datenbanken mit Abertausenden von windigen Seiten, die wir für unsere Werbetreibenden in allen Exchanges sperren. Zum Beispiel: Beim Right Media Exchange blockieren wir mehr als 70 % aller verfügbaren Websites. Wir glauben, dass wir der einzige Anbieter sind, der derzeit Brandsafe-Kampagnen über alle großen Ad Exchanges und Yield-Optimierer weltweit ausliefern kann. Das ist tatsächlich einer unserer USPs, weil wir seit 2005 mit Ad Exchanges arbeiten.

Adzine: Wann lassen sich denn über auktionsbasierte Buchungssysteme die gesamten 50 Mio. deutschen Internetnutzer erreichen?

Sacha Berlik: Ich gehe heute in Deutschland schon von einer Nettoreichweite von 95 % aus.

Adzine: Wo sehen Sie derzeit Entwicklungsbedarf auf dem europäischen Display-Werbemarkt, der Ihrem Modell entgegenkommt, und wo gibt es noch Hindernisse?

Sacha Berlik: Das Hauptproblem ist der heutige Mangel an Transparenz bezüglich der Preisfindung für Display-Inventar, hier schaffen auktionsbasierte Modelle Abhilfe. Allerdings führt die oligopolistische Publisher-Struktur dazu, dass in wichtigen europäischen Displaymärkten einige Qualitätsmedien durch auktionsbasierten Einkauf noch nicht erreichbar sind.

Adzine: Was ist Ihre Ansicht zur Entstehung von Agentur Trading Desks bzw. agentureigenen Ad Networks?

Sacha Berlik: Die Agenturen haben mittlerweile herausgefunden, dass Ad Networks beachtliche Margen durch Arbitragegeschäfte erzielen. Also haben sie selbst damit angefangen. Die Agenturen hätten das drei bis fünf Jahre früher tun sollen. Denn im Zeitalter auktionsbasierter Technologien gibt es keinen Platz mehr für diese Art von Arbitragegeschäfte – das oft angeführte Argument des ‚Universal’ Frequency Capping rechtfertigt die Preisintransparenz nicht mehr.

Die Kunden werden recht schnell herausfinden, dass eine Nutzung des agentureigenen Werbenetzwerks für durchgängiges Frequency Capping nur bedeutet, dass die Margen der Agentur vergrößert werden. Meiner Meinung nach sollten die Agenturen keine Händler sein. Es ist unethisch und die Kunden werden das früher oder später auch erkennen.

Derzeit verstecken sich die agentureigenen Trading-Einheiten hinter farbenfrohen Abkürzungen, die eine Erhöhung der Kampagnen-Performance vorspielen. Agenturen sollten diesen Bereich strategisch führen, aber nicht selbst betreiben, um so neutral wie möglich zu bleiben.
 
Adzine: Welche Auswirkung hat die Entwicklung auf Ad Networks?

Sacha Berlik: Ich sehe keine große Zukunft für Ad Networks ohne klaren USP. Aber weniger wegen der mediaagentureigenen Aktivitäten, sondern eher wegen der zunehmenden Preistransparenz. Deshalb wird jeder, der Arbitragegeschäfte ohne klaren USP betreibt, am Ende aufgeben.

Adzine: Wie wird sich Online-Displaywerbung im Verlauf der nächsten 12 Monate entwickeln? 

Sacha Berlik: Ad Networks, die nur Arbitragegeschäfte ohne messbaren Mehrwert betreiben, werden verschwinden. Der Anteil der Displaywerbung wird wachsen, aber die Preise für Reichweite ohne Targeting wird aufgrund der Auktionstechnologien abnehmen.

Premium-Publisher werden ihre Anstrengungen zum direkten Verkauf von IAB-Formaten reduzieren und die Verkäufe integrierter Werbelösungen erhöhen.

Daher werden wir zwei Hauptgruppen großer Akteure haben:

  • Die erste Gruppe besteht aus Premium-Publishern und Werbenetzwerken mit einem klaren und verlässlichen USP.
  • Die zweite Gruppe sind diejenigen, die neue auktionsbasierte Technologien nutzen. Diese Akteure werden aus Media- und SEM-Agenturen bestehen, die ihr Auktionswissen um Display und DEMs wie mexad erweitern werden.

Adzine: Herr Berlik, vielen Dank für das Gespräch.

Bild Rupert Turner Über den Autor/die Autorin:

Rupert Turner ist freier Autor für ADZINE

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