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DISPLAY ADVERTISING

Mobile Advertising oder Mobile Appvertising?

Jens von Rauchhaupt, 9. September 2010

Meldungen zu mobilen Rich Media Ads, Partnerschaften und Vermarktung mobiler Inhalte häufen sich gerade jetzt, kurz vor dem Start der dmexco. In Köln wird das Thema Mobile Marketing und dabei insbesondere Mobile Advertising sicherlich einen Schwerpunkt bilden. Denn auf der zentralen Branchenmesse stellt die AGOF (endlich) die ersten Ergebnisse ihrer Reichweitenstudie „Mobile Facts“ vor. Doch planerische Sicherheit werden die Mobile Facts in Anbetracht der exorbitant gestiegenen App-Nutzung vermutlich nicht bieten können – es sei denn: Oliver von Wersch, Vorstand Sektion Mobile in der AGOF, sorgt im MMA-Panel am ersten dmexco-Messetag für eine große Überraschung.

Glücklich ohne Browser

Mag für die Online-Werbebranche Mobile Marketing gerade nach der jüngsten Geräteorgie auf der IFA in Berlin der Buzz schlechthin sein, für die Verbraucher ist vor allem die Verwendung maßgeschneiderter Apps das Thema der Stunde. „Besitzer von Smartphones sehen die Browsernutzung bereits als Notlösung, wenn die gesuchte Informationen nicht über ein App zu bekommen sind“, meint der CT-Redakteur Herbert Braun in der CT-Spezialausgabe zu Webdesign und mutmaßt dort fast schon ketzerisch: „Vielleicht hat die Vision, die hinter dem WWW steckt, derzeit ein wenig von ihrem Glanz verloren, weil sie so selbstverständlich geworden ist.“

Florian Brandt, Mobile Marketing Welt

Florian Brandt, Mobile-Marketing-Experte und Betreiber des Fachblogs Mobile Marketing Welt bestätigt: „iPhone- und Android-User nutzen eher Online-Apps als das mobile Internet.“ Brandt, der zudem Unternehmen im Bereich Mobile Marketing berät, hat sich in seinem Blog die Mühe gemacht, den mobilen Werbeeinsatz der letzten Monate zu dokumentieren. Auffällig viele Apps stellt er dort vor, Display-Kampagnen für das mobile Internet sind dort weitaus seltener zu finden. „Die Smartphone-Nutzung ist aber sehr abhängig vom eingesetzten Endgerät. Blackberry- oder Palm-Geräte bieten vergleichsweise wenig Apps in ihren Stores an. Daher steht bei diesen Geräten auch die Nutzung des mobilen Internets im Vordergrund“, meint Brandt.

Apps first!

Mit einem Anstieg der App-Nutzung hatten ja bereits viele Fachleute auf der dmexco 2009 gerechnet. Seinerzeit befand sich jedoch der Google-Android-Markt noch in seinen Kinderschuhen, während Apple schon groß auftrumpfte. Doch die nun sprunghafte Verbreitung von Android-Geräten im zweiten Quartal 2010 überrascht schon ein wenig. Klaas Flechsig, neuer B2B-Pressesprecher bei Google Deutschland, versorgte uns mit den neuesten Facts zu Android. Demnach verfügt der „Android market“ über 60.000 Apps, zwischen 60 unterschiedlichen Android-Geräten können die Verbraucher auswählen und es werden immer mehr. 100.000 „Androiden“ verlassen täglich die Fabriken von HTC, Samsung, Motorola und Co. Diese Zahl soll sich im letzten Quartal verdoppelt haben. Im Vergleich zum Vorjahr habe der Smartphone-Markt weltweit insgesamt um 30 Prozent zugelegt. Noch phänomenaler sind die Zahlen vom „App-Erfinder“, der über 200.000 Apps in seinem Apple Store anbietet und weltweit 160 Mio. iTunes Accounts und 6,5 Mrd. installierte Apps registrieren konnte. Dem gegenüber erscheint die APP-Vielfalt bei Nokia (ca. 20.000 Apps) und Blackberry (ca.10.000 Apps) überschaubar und das Angebot von Microsoft (ca. 1.200 Apps) geradezu nichtig.

Gerüchteküche brodelt

Damit stehen bei der App-Vermarktung alle Zeichen auf einen Zweikampf zwischen Google und Apple. Wenn da nicht noch zwei Unbekannte wären. Nokia wirft sein neues N8 demnächst auf den Markt und Microsoft soll zusammen mit dem neuen Betriebssystem Windows Mobile 7 ein dermaßen gutes Gerät von HTC (HTC HD3) launchen, das dem Wettbewerb das Fürchten lehren soll. Microsoft-Chef Steve Ballmer wird am 15. September – quasi passend zur dmexco – das neue Betriebssystem Windows Mobile 7 zusammen mit diesem Gerät offiziell vorstellen. Und man munkelt, dass die Deutsche Telekom ein Exklusivrecht für den Verkauf des HTC HD3 bekommen habe. So will man sich wohl in Bonn die jüngst erlittene Apple-Scharte ausgleichen. Apple hatte ja vorangegangene Woche den Exklusivvertrag mit der Deutschen Telekom für das iPhone 4 gekündigt und soll seinerseits unwiderstehlich mit Vodafone flirten – so jedenfalls die Gerüchteküche.

Mobiles Web – störrische Deutsche

Doch im Moment beherrschen Android- und iPhone-Geräte den Markt deutlich, und zwar auch in der mobilen Nutzung wie das US-Marktforschungsunternehmen Quantcast festgestellt haben will. Inzwischen würden 25 Prozent der Nordamerikaner mit Android-Geräten ins mobile Netz gehen, Tendenz sehr stark steigend. Aber auch hier führt Apple noch immer deutlich mit 54 Prozent, Tendenz fallend. Doch diese Zahlen helfen natürlich nicht für den deutschen Markt. Anfang August veröffentlichte das Markt- und Medienforschungsunternehmen Nielsen seine Messungen zur Nutzung des mobilen Internets.

Dabei stellte man fest, dass die Deutschen noch überaus unterdurchschnittlich das mobile Web in Anspruch nehmen. Nur 13 Prozent der Handynutzer in Deutschland surfen über ihr Mobiltelefon im Internet. Im internationalen Vergleich mit China und den USA liegt Deutschland damit deutlich zurück: Rund 38 Prozent der Chinesen nutzen ihr Mobiltelefon unterwegs für den Internetzugriff, in den USA verwenden immerhin 27 Prozent ihr Handy für diese Zwecke. „Diese 13 Prozent kann man durchaus anzweifeln“, sagt Brandt von Mobile Marketing Welt. „Die meisten Studien, die ich kenne, gehen von 17 Prozent aus. Das ist auch gar nicht eine so schlechte Zahl; die Entwicklung ist vergleichbar mit der Entwicklung des stationären Internets in Deutschland vor über 10 Jahren.“

Oliver von Wersch, AGOF

Genau hier wird Oliver von Wersch höchstwahrscheinlich mit den Mobile Facts für Klarheit sorgen. Doch allzu sehr ließ sich von Wersch bei unserer Anfrage nicht in die Karten blicken, sondern verwies auf das dmexco-Panel, bei dem die „ganze“ Katze aus dem Sack gelassen werden soll. „Als Leitmesse der digitalen Wirtschaft sehen wir die dmexco als perfekten Rahmen, unsere Neuigkeiten im Bereich Mobile verkünden zu können. Wir werden im Panel ,Status of a growth industry‘ im MMA Mobile Media Forum am ersten Messetag spannende News zu Mobile Web und auch zu den oft nachgefragten Applikationen haben – und freuen uns über alle interessierten Besucher, die dabei sind!“ Das klingt nach mehr als die Ausweisung von Brutto- und Nettoreichweite der AGOF angeschlossenen Werbeträger für die Nutzung des mobilen Webs. Bleibt zu hoffen, dass das MMA-Panel auch planungsrelevante Informationen zu den Apps liefern wird. Dies ist zu vermuten, denn: „Das Bestreben der AGOF ist es auch, Daten zu den Apps zu veröffentlichen. Als Teil der AGOF Mobile wollen wir den Ergebnissen jedoch nicht vorweggreifen, die im Rahmen der dmexco veröffentlicht werden“, berichtet Dirk Kraus, Vorstandsvorsitzender der YOC AG.

Mobile-App-Vermarktung

Bisher bestehen die beiden App-Marktplätze von Apple und Android in Bezug auf die Vermarktung in starker Konkurrenz. Während Russel Buckley, Evangelist von AdMob (Google), bereits in einem W&V-Interview erklärte, dass man aufseiten Googles „sehr daran interessiert ist, Werbung in Apps über alle Systeme zu vermarkten“, ist Apple für die äußerst restriktive Vermarktung über iAd bekannt. Google ermöglicht übrigens schon jetzt, Standard-Display-Werbung direkt über die AdWords-Plattform einzubuchen. AdMob verantwortet demgegenüber die schwere, also datenlastige Vermarktung für Rich-Media-Werbung.

Dirk Kraus, YOC AG

Unlängst hat der Mobile-Vermarkter YOC AG bekannt gegeben, dass man seinerseits die Apple Apps aus dem eigenen Vermarktungsportfolio selbstständig vermarkten wolle. Das Produkt nennt sich YOC Ad Plus und zielt auf die Auslieferung von Rich-Media-Werbung in Apps und ist mit allerlei Targetingfunktionalitäten verbunden. Später will YOC dieses Produkt auch für Android Apps anbieten. Das hat uns doch dann sehr überrascht, gingen wir doch noch davon aus, dass Apple nur über iAd die Apps selbstständig vermarktet. Ist eine App-Vermarktung also ohne Apples iAd inzwischen möglich? „Ja, es gibt Apple-Vermarktung ohne iAd. Apple kann Portalbetreibern nicht vorschreiben, über welchen Vermarkter sie sich vermarkten lassen“, sagt Dirk Kraus von YOC.

Kraus weiter: „In unserem Premium-Vermarktungsnetzwerk vermarkten wir auch diverse iPhone-Applikationen, darunter namhafte wie wetter.com, Eurosport, barcoo oder aka-aki. iAd bietet vor allem kleinen Entwicklern die Möglichkeit, ihre Applikationen über Werbeerlöse zu refinanzieren. In unserem Premium-Vermarktungsnetzwerk hingegen sind ausschließlich namhafte Titel, die für die Advertiser entsprechend attraktive Flächen darstellen.“ YOC Ad Plus soll primär auf kostenlosen Applikationen zum Einsatz kommen. Das ist nicht unwichtig, denn: „Wenn ein User für eine App Geld gezahlt hat und diese dann mit Display-Werbung bespielt wird, dann wird er es mit Sicherheit als störend empfinden. Anders verhält es sich natürlich mit den kostenlosen Apps“, meint Florian Brandt, der jedoch darauf hinweist, dass im mobilen Bereich die Toleranzgrenze für Werbung generell noch recht hoch läge.

Volker Helm, Initiative Media

Agenturensicht zu Mobile Apps

Für Volker Helm, CEO der Agentur Initiative Media, sind Mobile Apps ein „eher kleines Feld, weil sie relativ neu sind und weil die Handynutzer noch nicht alle auf das Endgerät ‚Smartphone‘ umgerüstet haben.“ Auf die Frage, welche Metriken dem Planer überhaupt schon bei den Apps derzeit zur Seite stehen, sagt Helm: „Bei Online-Apps kann der Vermarkter bereits die Interaktionen mit dem Nutzer messen. Bei anderen Apps können sich Mediaplaner nur an den Download-Zahlen orientieren. In jedem Fall müssen Mediaplaner sich aber tatsächlich auf die Vermarkter und deren Reportings verlassen. Dazu müssen die Angebote der Vermarkter, wie es auch für allgemeine Websites zutrifft, die nicht in der AGOF gelistet sind, verglichen werden, damit die Angebote ausgewählt werden, die am besten zur Markenkampagne passen. Hier spielt natürlich auch die Erfahrung, die die Planer mit den Vermarktern bereits gemacht haben, eine entscheidende Rolle. Längerfristig wird es sicherlich auch im mobilen Bereich die Möglichkeit geben, mit einem Third-Party-AdServer mitzumessen, um die Ergebnisse zu validieren. Bis dahin müssen wir uns aber noch an den affinen Umfeldern und an den Aussagen der Vermarkter orientieren. Um unsere Kunden in neuen Kanälen als Innovationsführer zu positionieren, können wir natürlich nicht warten, bis die Technik auch das Mitmessen erlaubt.“

Damit wird klar, dass das Panel „MMA Mobile Media Forum“ mit Oliver von Wersch eine der „Must See“-Veranstaltungen im Bereich Mobile Marketing auf der diesjährigen dmexco wird.

Redaktionstipp Mobile Advertising:
Panel - MMA Mobile Media Forum: “Status of a growth industry” am 15. September 2010, 12:00–13:45 Uhr, Ort: dmexco, Academy, 2. OG, Congress Center

Über den Autor/die Autorin:

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