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VIDEO

Alles eine Frage des Formats

Jens von Rauchhaupt, 18. Februar 2010

Wer als Advertiser einen Werbespot im Internet schalten will, hat derzeit die Qual der Wahl. Neben dem Aspekt der Reichweite und des passenden Werbeumfelds sehen sich die Werbungtreibenden einem schier unüberschaubaren Angebot an Formaten gegenüber.

De bello Video: Das gesamte Platzierungs- und Formatangebot für Video-Advertising lässt sich grundsätzlich in zwei Bereiche unterteilen: Der Werbungtreibende kann sich entweder für eine video-content-abhängige In-Stream-Platzierung wie etwa PreRoll, MidRoll und PostRoll entscheiden oder eine solche Platzierung wählen, die überhaupt keinen Video-Content benötigt. Letzteres hat hinsichtlich der Reichweite derzeit einen entscheidenden Vorteil, denn: „Der Markt entwickelt sich, wie von uns erwartet, zweistellig. Die Video-Werbung kann nur wirklich wachsen, wenn genügend Video-Content angeboten wird. Im Augenblick ist der Content der Flaschenhals“, sagt Jörg Blumtritt, European Operations Officer vom Video Ad Network Tremor Media.

Videowerbung ohne Bewegtbildinhalte
Jeder Videospot kann ja grundsätzlich in ein bestehendes Standardwerbeformat eingebunden werden. Allerdings sollte der Advertiser die Sinnhaftigkeit einer solchen Platzierung überprüfen und sich stets die Nutzungssituation seiner Zielgruppe vor Augen halten. Diese kann online je nach Szenario sowohl aktiv (Lean Forward) als auch passiv (Lean Backward) ausfallen. Dies ist stark vom Werbeträger abhängig. Ein Nutzer, der eine Internetseite zur kurzweiligen Informationsbeschaffung (News, Tests etc.) ansteuert, hat zumeist den Ton an seinem Gerät ausgeschaltet.

Annika Gradelewski, Senior Sales Manager vom IDG Verlag (u.a. Gamestar und Gamepro), erläutert, dass dennoch viele Werbekunden auf diese Art von In-Banner-Videowerbung setzen: „Es kommt durchaus vor, dass unsere Kunden auch innerhalb der Standardwerbebanner wie in einem Wallpaper 30 Sekunden Videospots laufen lassen wollen. Allerdings muss der Ton des Spots vom Anwender aktiv eingeschaltet werden.“ Gradelewski bestätigt, dass die Buchungen von Video Ads im letzten halben Jahr auf den Onlinetiteln Gamestar.de und GamePro.de insgesamt deutlich zugenommen haben. „Für unsere Kunden aus der Gaming- und Filmbranche sind Video Ads längst eine Selbstverständlichkeit.“

Losgelöste Unterbrecher
Smartclip, die sich mit In-Stream-Videoformaten und frühzeitiger Content-Aggregation und Exklusiv-Verträgen mit den Publishern zu einer festen Größe im europäischen Video-Advertising-Geschäft mauserten, haben sich nun ebenfalls dem Thema Video Ads jenseits des eigentlichen Videosstreams gewidmet. Das Ergebnis nennt sich SmartScreen Ad. Diese ganzseitige Video-Unterbrecherwerbung legt sich zwischen den Klicks automatisch über den Webseiteninhalt und ist eigentlich nichts anderes als ein Full Screen Layer Ad, welches zudem den Hintergrund verdunkelt, um die bewegende Markenbotschaft prominent ins Rampenlicht zu setzen. Vollzieht Smartclip einen Strategiewechsel und verlässt damit das Kerngeschäft der In-Stream-Formate?

Torsten Schütte-Gravelaar, smartclip

„Mitnichten ist das ein Strategiewechsel. Wir erteilen weiterhin eine deutliche Absage an In-Banner-Videowerbung“, sagt Smartclips Sales Director, Torsten Schütte-Gravelaar, der bereits an das Werbegeschäft von morgen denkt. „Das SmartScreen Ad unterstreicht unseren Multiscreen-Ansatz, nachdem dieses Format endgeräteunabhängig zum Einsatz kommen kann. Es ist als eine unterbrechende Bewegtbild-Werbeform für die neuen Internet-TV-Applikationen zu verstehen, denn so wie auf dem TV-Bildschirm z.B. das Wetter nach den TV-Nachrichten mit Werbeformaten gefüllt wird, so wird auf dem internetbasierten TV z.B. auf wetter.com ein Werbebreak mittels SmartScreen auch als reine Unterbrecherwerbung wahrgenommen.“

Auch die Premium-Publisher widmen sich den Video-Unterbrechern. So hat zum Beispiel die Tomorrow Focus AG unlängst ein sogenanntes Countdown Ad ins Portfolio aufgenommen, das die Agentur OMD Düsseldorf bereits für seinen Kunden Sony Computer Entertainment auf Cinema Online nutzte. Das Countdown Ad öffnet sich erst drei Sekunden nach Mouseover auf dem Standardwerbemittel. Eine unbeabsichtigte Werbemittel-Aktivierung, die viele User als störend empfinden, ist damit ausgeschlossen. Wird das Werbemittel aktiviert, verlagert sich das expandierte HD-Video automatisch in die Mitte des Bildschirms. „Das Countdown Ad ist in erster Linie ein Video-Ad-Format mit Mehrwert. Wir wollen die Akzeptanz von Onlinewerbung steigern, indem wir den Nutzer einbeziehen. In Zusammenarbeit mit Flashtalking haben wir ein Format geschaffen, das diesen Ansatz verfolgt”, so Carsten Sander, Director AdOperations bei der Tomorrow Focus Portal GmbH.

Wiedererwecktes Pop-under
Dennoch sorgen sich die Publisher bei großformatigen Unterbrecherspots weiterhin um die Akzeptanz beim User: „Im Wesentlichen setzen wir diese Werbemöglichkeiten im Rahmen von Homepageevents ein. Da hier Werbung massiv in den Content eingreift, müssen derartige Umsetzungen redaktionell auf unseren Premium-Webangeboten vertretbar sein. Im Rahmen unserer Homepage-Events haben wir schon einige Erfahrungen gemacht und schauen uns dabei sehr genau die Performance, aber auch das User-Verhalten an“, sagt Paul Mudter, Geschäftsleiter Interactive bei IP Deutschland. Laut Blumtritt hätten Full-Page-Videos zwar den Vorteil der ungeteilten Aufmerksamkeit des Users, doch ihr Nachteil: „Sie sind sehr invasiv. Da sie die Menschen stark bei der Nutzung der Seite beeinträchtigen, muss man ein ganz striktes Frequency Cap anwenden. Dadurch sinkt aber die wirksame Reichweite.“

Abhilfe schafft da vielleicht eine Pop-under-Lösung. Was früher in der Display-Werbung für Publisher und Werbekunden aufgrund schlechter Nutzerakzeptanz verschrien war, erfährt nun eine erfolgreiche Renaissance im Bereich Video Advertising durch die Firma .FOX Networks. .Fox Networks bezeichnet dieses Videowerbeformat VideoSub, weil es als Full-Page in einem eigenen Browserfenster unaufdringlich hinter der Content-Webseite geladen wird. Der Werbespot startet erst dann mit „Autoplay“ wenn der User das Browserfenster aktiviert. Schaut der User das Video Ad bis zum Ende (View Through), wird er automatisch auf die Kundenseite weitergeleitet.

Patrick Edlefsen, .FOX Networks

„Unsere Kunden begrüßen das VideoSub als Addition und Alternative zu unseren herkömmlichen Videoformaten, denn es liefert als Brandingmaßnahme sehr gute Ergebnisse und erfüllt gleich-zeitig die Wünsche der Kunden nach mehr Interaktion und Involvement“, so Patrick Edlefsen, Country Manager von .FOX Networks. Für diese Art von Video Advertising spricht zudem, dass diese Werbeform nicht von Videoinhalten der Webseite oder den Videoaufrufen der User abhängig ist, was zu einer erheblichen Reichweitensteigerung in allen, gerade aber auch innerhalb spitzer Zielgruppen führen soll. Kein Wunder also, dass gerade die FMCG Advertiser vermehrt auf diese unkomplizierte Form von Video Advertising setzen, um so ihre TV-Spots auf den zweiten Bildschirm der Verbraucher zu bringen.

Die Frage nach der Nutzerakzeptanz fällt jedenfalls für Edlefsen eindeutig aus. „Wir registrieren bei den VideoSubs eine überdurchschnittlich gute Klick- und View Through Rate der Kampagnen. Denn die VideoSubs erreichen den User auf einem hochemotionalen Level. Er versteht die Werbebotschaft sofort und kann dementsprechend reagieren. Die individuell gestalteten Elemente helfen dem User dabei“, erläutert Edlefsen, der den Werbetreibenden empfiehlt, die Gestaltung des Werbemittels spezifisch auf die Zielgruppe und die Kampagnenziele abzustimmen, um optimale Ergebnisse zu erreichen.

Ganz klassisch im Stream
Video Advertising fördert den Brand Impact durch Steigerung der Markenerinnerung. Am besten erforscht ist dieser Impact bei PreRolls, MidRolls und PostRolls. Der Erfolg eines 20-bis 30-Sekunden-Werbespots ist hier abermals stark von der Nutzungssituation der Zielgruppe abhängig. „Unsere internen Analysen auf Basis unserer mehr als 500 In-Stream-Kampagnen haben ergeben, dass PostRoll am wenigsten und PreRoll am ehesten abgebrochen werden. PostRolls ermöglichen von allen das breiteste Spektrum. Die Studie ‚Best of both Worlds‘, die wir gemeinsam mit der MediaCom umgesetzt haben, zeigt aber darüber hinaus, dass der Einsatz von PreRolls zudem ermöglicht, sich auf neue Inhalte einzustellen und den Anpassungsprozess zu unterstützen“, erläutert Schütte-Gravelaar von Smartclip.

Gerade bei den MidRolls, also den In-Stream-Unterbrechern scheiden sich die Geister, wie Smartclip in der eigenen Wirkungsanalyse festgestellt hat. Die Nutzer mögen nun mal keine Unterbrechungen, vor allem dann nicht, wenn der Inhalt der Werbung keinen Bezug zum Inhalt hat. Aber es gibt auch Vorteile dieser Werbeform. „MidRolls können Stimmungen stützen und zur Entspannung beitragen, insbesondere wenn Video Ad und Umfeld inhaltlich harmonisiert werden“, sagt Schütte-Gravelaar und Paul Mudter weiß von IP Deutschland zu berichten: „Waren die Werbekunden bis dato eher zurückhaltend bei Unterbrecherwerbung, hat sich inzwischen ein Umdenken bemerkbar gemacht. Dies liegt nicht zuletzt an der vermehrten Marktforschung im Bereich Videowerbung, um Erkenntnis über Nutzungsmotive, Nutzungsverhalten und Werbewirkung zu bekommen. Jüngst haben wir mit der Agentur Xenion gemeinsam die Wirkung von MidRolls untersucht und festgestellt, dass MidRolls die gleichen Leistungswerte aufweisen wie PreRolls, selbst wenn mehrere Spots in einem Unterbrecher enthalten sind.“ Dennoch machen die PreRolls bei IP Deutschland noch immer 85 Prozent aller Video-Ad-Schaltungen aus.

Jörg Blumtritt, Tremor Media

Online kann mehr
Das Internet sollte auch im Bereich Video Advertising immer seine Vorteile hinsichtlich der Interaktivität ausspielen. So berichtet Edlefsen, dass die meisten Kunden der .Fox-Networks-Lösung zwar den Videorahmen zur einfachen Marken- und Angebotskommunikation nutzen, dieser aber auch den User gezielt zur Interaktion auffordern kann. Ähnlich gelöst hat dies IP Deutschland, hier mit einem „Frame-Layer“, ein klickbares Video Ad. Während der Zuschauer Inhalte im Playerfenster anschaut, erscheint für die Dauer von maximal zwei Minuten ein Rahmen. Klickt der User auf den Frame, stoppt der Content und der Werbespot startet im Player. Aber auch das Video selbst gerät immer mehr in den Fokus der Werber. „Interaktivität muss bei Online-Werbeformen selbst-verständlich sein. Unser neues Format ‚Call-to-Action‘ bietet Interaktion auf Basis des bestehenden Spots, also ohne dass Kunde und Agentur ein neues Spot-Motiv produzieren müssen“, sagt Blumtritt von Tremor Media. „ In den USA ist ‚Call-to-Action‘ aufgrund seiner enorm hohen Klickrate und dementsprechend günstigen CPL bereits sehr erfolgreich.“

Fazit
Längst haben wir hier nicht alle möglichen Videoformate aufführen können. Tatsächlich ist das Angebot innovativer Video-Ad-Formate in den letzten Monaten explosionsartig gestiegen. Wichtig zu wissen ist, dass eine synchrone Schaltung von Video Ads und Display besonders viel Aussicht auf Brand Impact bei der Zielgruppe hat. Der Fernsehwerbung wird Video Advertising dennoch nicht den Rang ablaufen. Aber diesen Anspruch haben die Online Video Vermarkter wie Jörg Blumtritt auch nicht: „Die Stärke von Online-Video liegt ganz besonders in der Ergänzung zu TV. Hier werden gerade die Zielgruppen gut erreicht, die nur noch wenig – wenn überhaupt – fernsehen; und dabei können dieselben bildstarken Motive zur Wirkung kommen.“

Über den Autor/die Autorin:

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