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DISPLAY ADVERTISING - Interview

HIP mit InteractiveMedia

Sandra Goetz, 28. Januar 2010

Mit G+J Electronic Media Sales (EMS), IP Deutschland, SevenOne Media und Tomorrow Focus gaben diese Woche 4 große deutsche Vermarkter die Gründung des gemeinsamen Zielgruppenvermarkters AdAudience bekannt. Axel Springer Media Impact fehlt genauso wie der reichweitenstärkste Vermarkter InteractiveMedia (T-Online). Grund genug, um bei Frank Bachér nachzufragen, der vor einem Jahr die Geschäftsführung Marketing & Sales von InteractiveMedia übernommen hat und zudem stellvertretender Sprecher im Online-Vermarkterkreis (OVK) des BVDW ist.

Adzine: Herr Bachér, Sie sind seit April 2009 Geschäftsführer Marketing & Sales bei InteractiveMedia. Vor einem Jahr kam die News, dass sie von der eBay Advertising Group mit Sitz im Europark Dreilingen bei Berlin nach Darmstadt wechseln. Wie ist Ihnen der Wechsel bekommen?**

Frank Bachér, InteractiveMedia

Bachér: Der Wechsel zum Marktführer im Bereich Display Advertising war für mich der richtige Schritt. InteractiveMedia hat aufgrund der Qualität der Angebote und der Reichweite eine führende Stellung am Markt. Im vergangenen Jahr konnten wir durch unsere optimierte vertriebliche Aufstellung, den Ausbau der Targeting-Technologie, der Fokussierung auf neue Themen wie Mobile sowie der Gewinnung markenstarker Websites wie kicker.de, bunte.de und den Frauen-Titeln der MVG klare Akzente im Markt setzen und Marktanteile gewinnen. Ergo: InteractiveMedia bietet mir alle Möglichkeiten, den Online-Werbemarkt innovativ und erfolgreich zu entwickeln.

Adzine: Sie sind in München geboren und aufgewachsen. Haben als erste Studentengeneration Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg und Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg studiert. Seitdem heißen ihre Karrierestationen Axel Springer Verlag, Verlagsgruppe Milchstraße, Tomorrow Focus AG, eBay und seit 2009 InteractiveMedia. Sie sind, um es kurz zu machen, ein alter Hase. Können Sie damit leben?

Bachér: Die Onlinewelt hat in den vergangenen zehn Jahren so viele spannende Entwicklungen geboten, von daher empfinde ich die Bezeichnung „alter Hase“ als Kompliment. Zudem ist es eine große Hilfe, wenn man bei der Entwicklung neuer Themen wie Mobile, Bewegtbild und Targeting auf die Erfahrungen der letzten Jahre zurückgreifen kann. Somit lassen sich neue Trends hinsichtlich ihrer Potenziale besser beurteilen.

Adzine: Sie können auf ein langes Jahrzehnt in der Onlinebranche zurückblicken. Was hat sich Ihrer Meinung nach in der Portalvermarktung besonders geändert?

Bachér: Die Riesenveränderung ist, dass der Gesamtmarktanteil von Onlinewerbung bei über 16 Prozent liegt und damit einen Podiumsplatz hinter TV und Zeitung erreicht. Angefangen haben wir bei null. Die Zahlen lassen sich auch alle im OVK-Report nachlesen, den wir zweimal jährlich im OVK herausgeben. Das ist eine eindrucksvolle Entwicklung, die zeigt, wie massiv in den letzten Jahren Budgets zugunsten von Onlinewerbung umgeshiftet wurden. Nicht nur im Bereich der klassischen Display-Ad-Vermarktung, sondern ebenso im Bereich Performance-Marketing.

Adzine: Wie viel wurde 2009 für Onlinewerbung ausgegeben?

Bachér: Wir gehen davon aus, die Grenze von vier Milliarden Euro in den Bereichen Onlinewerbung – mit mehr als zwei Milliarden Euro – sowie Suchwortvermarktung und Affiliate-Netzwerke in 2009 überschritten zu haben. Die wesentlichen Schritte hierfür sind sowohl die Entwicklung der Werbeformen, Bewegbildinhalte, Homepageplatzierungen als auch die Reichweitenentwicklung der Medien. Auch die Portale haben sich in ihrer Reichweite stark entwickelt.

Adzine: Für Print sieht es, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht ganz so rosig. Auf der hauseigenen Burda-Konferenz DLD, Digital Life Design, die am 26.1. zu Ende gegangen ist, sagte Hubert Burda, dass Online-Werbung noch immer ein „lausiges Geschäft“ sei.

Bachér: Während klassische Mediengattungen eine Stagnation oder rückläufige Zahlen verzeichnen, gewinnt Onlinewerbung weiter Marktanteile. Diese Entwicklung offenbart – auch im Hinblick auf die Wirtschaftskrise und der damit verbundenen Diskussion über die Verteilung der Werbegelder – dass Potenzial der Onlinewerbung und belegt das Vertrauen der Werbetreibenden in diese Mediengattung. Unabhängig davon haben wir seit 1. Januar die Vermarktung des Auftritts Bunte.de der Burda Style Group übernommen und erfolgreich gestartet.

Adzine: Gibt es nicht dennoch Konflikte, mit denen man lernen muss umzugehen? Auch innerhalb der Häuser?

Bachér: Das Thema der Verlage ist die Kostenstruktur. Die Redaktionen und Verlagsbereiche sind aufgrund von alten Strukturen aufgebaut worden. Heute brauchen wir den Aufwand in der Onlinewelt nicht mehr. Wer heute ein reines Onlineangebot betreiben will, hat meiner Ansicht nach gute Marktchancen. Dirk Manthey, der das Ernährungsportal eatsmarter.de gelauncht hat, ist ein gutes Beispiel. Eine Redaktion mit wenigen Leuten, die hochwertige und vermarktungsrelevante Inhalte erstellt, Webserver, Vermarkter – das ist alles, was man hier braucht. Die Erwartungshaltung eines klassischen Verlagshauses bezüglich Umsatz und Rendite ob ihres Kerngeschäfts ist eine ganz andere. Und dass diese Erwartungen im seltensten Fall heute noch erfüllt werden, ist das Schmerzhafte für die Verlagsseite. Printmedien werden weiterhin ihre Berechtigung haben. Die Frage ist, welche Titel sich zukünftig wirtschaftlich erfolgreich aufstellen können. „Die Zeit“ hatte 2009 ihr bestes Auflagenergebnis seit Jahren und konnte im letzten Quartal noch zulegen. Es geht also …

Adzine: Was halten Sie vom Social-Media-Hype und dessen Bedeutung für das Portalgeschäft?

Bachér: Aus Vermarkterseite gesprochen: Social Media sucht noch immer seine Vermarktbarkeit. Das heißt, „wo und wie“ integriere ich Partner in einem Social-Media-Umfeld. Die Lernkurve ist hier noch immer sehr hoch. Inhalt, also Qualität, ist ein großes Thema für die Werbetreibenden. Und es ist die Frage, die wir uns auch als Vermarkter stellen. Wird die Werbung geschaut, erreicht die Werbung die Ziele des Werbetreibenden wie Branding, Leadgenerierung oder Abverkauf? Kurz: Wird die Werbung genutzt? Da machen wir uns nichts vor: Wir haben festgestellt, dass die Werbung zwar gesehen wird, aber nicht immer die Ziele der Werbetreibenden erreicht. Viele Nutzer sind in der spezifischen Nutzungssituation nicht bereit, sich für die Werbung zu öffnen. Vor dem Hintergrund sind die Erfahrungen der Werbetreibenden nicht immer positiv.

Adzine: Macht das nicht die Preise kaputt? Es geht schließlich um Conversion Rates, Leads etc.

Bachér: Ganz so schlimm ist es nicht. Aber Social Media bedeutet in der Vermarktung günstigere Preise, die man anbieten muss aufgrund der fokussierten Nutzersituation und der hohen Menge an verfügbarem Inventar.

Adzine: Wie schaut es aus mit den Trendthemen Video Ads und Videocontent?

Bachér: Da machen wir eine ähnliche Erfahrung wie bei Social Media. Die großen Werbetreibenden, mit denen wir hauptsächlich zu tun haben, achten darauf, dass sie mit ihren hochwertigen Marken in hochwertigen Umfeldern erscheinen und weniger in Umfeldern, wo User ihre eigenen Videos hochladen.

Adzine: Die Meldung, die uns in der Form alle überrascht hat, war das Aus von AOL in Deutschland. Wie ging es Ihnen?

Bachér: Es gab zwar im letzten Jahr einige Hinweise, dass es Veränderungen geben werde; wir haben jedoch nicht erwartet, dass AOL seine Aktivitäten in Europa mit Ausnahme England weitreichend herunterfährt. AOL ist ein Urgestein, einer der Gründer der Online-Vermarktung. Aus der Marktperspektive ist es extrem schade. AOL war einer der Leuchttürme, die Onlinevermarktung getrieben, betrieben und ausgebaut haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass AOL vor einigen Jahren in der Lage war, Time Warner zu kaufen. Vom Umsatz her gibt es Perspektiven für uns, da AOL an Bedeutung verlieren wird. Sowohl InteractiveMedia als auch der Wettbewerb werden davon profitieren. Ich hätte vermutet, dass das Aus eher Vermarkter trifft, die nicht über eine ausreichende Reichweite und klare Positionierung verfügen. Das steht immer noch aus. Vermarkter sind dann erfolgreich, wenn sie über eine relevante Reichweite und einen hohen Anteil an vermarktungsrelevanten Umfeldern wie z.B. Computer, Wirtschaft und Sport verfügen. Das kombiniert mit Marken, die für Qualität, eine Positionierung und Inhalte stehen. Bei InteractiveMedia haben wir im letzten Jahr mit dieser Positionierung eine sehr gute zweistellige prozentuale Wachstumsentwicklung deutlich über dem Markt geschafft und sind damit sehr zufrieden.

Adzine: Adtech ist der Adserver von InteractiveMedia und eine Tochter von AOL. Wird es Veränderungen geben?

Bachér: Nein, Adtech ist nicht vom AOL-Aus betroffen und für uns gibt es keinen Grund, über einen Adserving-Wechsel nachzudenken.

Adzine: Am Montag, den 25.1., haben G+J EMS, IP Deutschland, SevenOne Media und Tomorrow Focus AG das Vermarktungs-Joint-Venture AdAudience auf einer Pressekonferenz in München bekannt gegeben. Voraussichtlich wird Wunderloop als technischer Dienstleister angeheuert. Was ist das besondere an Wunderloop?

Bachér: Wunderloop ist als Anbieter von Targeting-Technologie sehr gut im Markt positioniert, da die führenden Online-Vermarkter Wunderloop einsetzen. Auch wir nutzen seit einigen Jahren Wunderloop für unsere Targeting-Lösung und erzielen hohe Uplifts bei Targeting-Kampagnen gegenüber normalen Rotationsbuchungen. Die Basistechnologie ist Wunderloop Connect. Wunderloop Target Discovery ist eine neue Entwicklung, bei der Werbetreibende Consumer Insides zur Kampagnenoptimierung gewinnen. Die Tatsache, dass AdAudience das Wunderloop-System als technische Plattform nutzen möchte, wird der Technologie, die auch international eingesetzt wird, einen weiteren Push geben. Die weiteren Targeting-Anbieter sind Nugg.ad aus Berlin und TGP, die Targeting-Lösung von United Internet Media.

Adzine: Ist die Targeting-Allianz AdAudience eine Konkurrenz?

Bachér: Prinzipiell sind wir mit unserer eigenen Targeting-Lösung High Impact Planing (HIP) sehr gut aufgestellt und am Markt positioniert. Das merken wir auch an den verstärkten Buchungsanfragen der Media-Agenturen zum Thema Targeting. Wir haben heute eine Marktreichweite von über 50 Prozent der Internetnutzer und verfügen über eine ausreichende Reichweite für viele Kunden. Wir stellen uns deswegen die Frage, ob und in welcher Konstellation für uns die Teilnahme an einem Targeting-Netzwerk mit anderen Vermarktern sinnvoll ist.

Adzine: Targeting-Netzwerke sind also ein wichtiges Thema in der Zukunft?

Bachér: Absolut. Die Märkte werden sich dahin bewegen, dass die Websites und Vermarkter sich in Targeting-Netzwerken zusammentun. Wir haben uns noch nicht final über unsere nächsten Schritte entschieden, möchten aber gerne an dem boomenden Markt partizipieren und halten uns alle Optionen offen.

Adzine: Kann das auch ein Thema für den New Media Award werden?

Bachér: Spannende Frage. Wir haben beim New Media Award die verschiedenen Kategorien Online, Trends, Mobile, Efficiency sowie Young Lions und werden im Bereich Effizienz die Frage stellen, inwieweit wir Targeting-Themen bei der Bewertung betrachten.

Adzine: Die Einreichungsfrist für den Award ist vor wenigen Tagen abgelaufen. Wir können also auf die Preisverleihung am 29. April in Düsseldorf gespannt sein. Herr Bachér, wir danken für das Gespräch – bis zur nächsten Talkrunde.

Über den Autor/die Autorin:

Sandra Goetz ist seit 2006 als freie Autorin für ADZINE an Bord. Ihr Fokus liegt auf Interviews zu aktuellen Innovationsthemen im digital Media und Marketing. Außerdem schaut sie sich bei ihren Auslandsreisen immer wieder nach spannenden Geschichten aus der globalen Marketing-Welt um, Interviews inklusive. Seit 2016 verantwortet Sandra die ADZINE Entscheider-Serie.

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