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White Label für die Überproduktion

9. Mai 2008 (asg)

Die Maximierung der Werbeerlöse ist der Wunsch der meisten Betreiber von werbefinanzierten Internetangeboten. Der Weg dorthin führt immer auch über die Preisdiskussion. Niedrigere Preise zugunsten höherer Auslastung ist bei den heute noch stark gedeckelten Online-Marketingbudgets vielleicht aber nicht der richtige Weg und könnte unterm Strich negative Auswirkungen haben. Gerade die Anbieter starker Medienmarken halten daher an den hohen TKP für Festplatzierungen fest. Trotzdem sucht man nach Möglichkeiten, vorhandenes Inventar zu monetarisieren. Spezialisten in dieser Disziplin sind Ad-Networks. Sie sind in der Lage, Inventar aus verschiedenen Trafficquellen zu einem Produkt zu schnüren und gleichzeitig neue Erlösquellen, wie Vertriebsbudgets für Publisher, zu erschließen.

Große Mengen von Inventar aus vielen verschiedenen Quellen effektiv zu verwerten, bedarf trotz Reichweite mehr als einer planlosen Netzwerkrotation. Daher verfügen die großen Networks über adäquate Targeting- und Optimierungs-Technologien, die in Kombination mit großen Reichweiten besonders effektiv genutzt werden können.

"Bis auf das technische Targeting und das Sprach-Targeting benötigen alle Targeting-Arten eine möglichst hohe Reichweite. Das Erkennen von Verhaltensmustern wird bei Behavioral-Targeting beispielsweise genauer, wenn sich viele Seiten und ein großes Spektrum an Themen im Portfolio befinden. Beim Re-Targeting haben wir es einfacher: Hier ist Quantität gefragt, um den User wiederzufinden. In welchen Umfeldern dies erfolgt, ist zweitrangig für den Erfolg der Kampagne." erklärt Torsten Engelken, Geschäftsführer von adbalance.

Da die Verdienstmöglichkeiten der Publisher ganz entscheidend von der effizienten Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Inventars abhängen, wurde auch in den letzten Jahren viel in die Entwicklung der Technologie investiert.

Steigende Erlöse

Laut Sven Bornemann, Geschäftsführer von Adconion, habe sich das Preisniveau für Ad-Network-Inventar in den letzten Jahren etwa verdoppelt, das lässt den Schluss zu, dass das Matching zwischen Kampagnen und Zielgruppen besser wird. Es seien auch mehr Kampagnen im Markt, die zielgerichtet ausgeliefert werden können und somit auch eine bessere Conversion und höheren effekt. TKP erreichen. Sacha Berlik, Geschäftsführer von Oridian, bestätigt diesen Trend. "Durch die enorme Entwicklung der Ad-Servertechnologien in den vergangenen 3 Jahren gibt es deutliche Effekte: Die Höhe des effektiven TKP ist direkt abhängig von der Responsequalität der Websites. Ist die Response einer Website für eine bestimmte Kampagne gut, so steigt der erzielbare effekt. TKP."

Ad-Networks sind bei Publishern trotz der zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten aber nach wie vor umstritten und es wird nur verhalten, wenn überhaupt darüber öffentlich gesprochen. Trotzdem können wir davon ausgehen, dass die Inventar-Monetarisierung über Ad-Networks zu den heiß diskutierten Themen gehört, auch bei den Medienmarken.

"Für Publisher in Deutschland ist es nach wie vor ein Problem, die Zusammenarbeit mit einem Ad-Network dem Markt gegenüber offen zu kommunizieren, da die beiden Produktansätze auf Einkäuferseite noch nicht klar differenziert werden", bemerkt Andreas Heintze, Country Manager Value Click Media.

Der kombinierte Ansatz

"Es gibt Inventar, welches erst im Verbund zu einem Produkt wird und durch einen einzelnen Publisher oder auch durch Vermarkter gar nicht wirtschaftlich zu monetarisieren ist. Die Doppelstrategie Umfeld/Context Vermarktung plus Anschluss an ein Ad-Network führt daher zu maximalen Werbeerlösen. Wir empfehlen unseren Publishern grundsätzlich von den verschiedenen Vermarktungsansätzen zu profitieren. Das Inventar einer Website ist oftmals gut segmentierbar in Premium und Longtail. Hier benötigt man unterschiedliche Strategien und Technologien, um den maximalen Werbeumsatz zu erzielen. So facettenreich eine Website ist, so unterschiedlich ist auch das Inventar", erklärt Harald R. Fortmann, Geschäftsführer Advertising.com.

Keinen Zweifel lässt Martin Lütgenau, Geschäftsleiter Sales Tomorrow Focus AG daran, dass sein Hauptaugenmerk bei der Erlösmaximierung auf der Umfeldvermarktung und der Akquise von Branding Budgets liegt, trotzdem sieht er auch Ansätze in der Zusammenarbeit mit Ad-Networks, um zusätzliche vertriebsorientierte Budgets für weniger nachgefragte Umfelder zu akquirieren, solange das Bestandsgeschäft dadurch nicht gefährdet wird.

Bedenken

Einen wesentlichen Vorbehalt der Publisher sieht Engelken im befürchteten Verlust der Vermarktungshoheit: "Die Angst vor Preisverfall, Kontrollverlusten und Überschneidungen werden hier häufig als Gründe genannt." Die Argumente der Publisher sind nachvollziehbar und ernst zu nehmen. Aber wie kommt man trotzdem zusammen, denn anscheinend könnten alle Beteiligten profitieren. Marco Mayer, Geschäftsführer von m,p,newmedia, ist sich sicher: "Das geht nur durch eine vertrauensvolle und vor allem faire Zusammenarbeit. Des Weiteren ist für den Publisher ausschlaggebend, wie sich das Ad-Network selbst den Kunden gegenüber vermarktet und es eben nicht als Zweitvermarkter der Webseite auftritt, bei dem es den jeweiligen Werbeplatz zum Bruchteil des Listenpreises gibt."

Aber es gibt noch weitere Argumente, die gegen einen kombinierten Vermarktungsansatz sprechen, Rasmus Giese, Geschäftsführer des Vermarkters Orangemedia, begründet, warum er die Ergänzung der Premiumvermarktung durch eine Blind-Network-Vermarktung nicht für sinnvoll hält: "Bei der Blind-Network-Vermarktung werden mit sehr hohem Inventareinsatz eher geringe Erlöse erzielt und wird der Nutzer einer Website einem unglaublichen Werbedruck mit wenig affinen Kampagnen ausgesetzt. Das führt irgendwann dazu, dass diese Nutzer auch die Kampagnen, die thematisch gut zu Ihnen passen, viel weniger wahrnehmen. Damit verliert so eine Website an Relevanz für die Premium-Vermarktung. Eine Website, die sich für die Premiumvermarktung eignet, sollte daher auch ausschließlich auf Premiumvermarktung setzen."

Klare Trennung der Produkte

Besonders heikel für Publisher hochwertiger Contentangebote ist das Thema der Kannibalisierung von Mediabudgets in der Primärvermarktung. So ist es für Lütgenau auch eine wichtige Grundvoraussetzung, diese beiden Geschäftsbereiche durch unterschiedliche Produkt- und Leistungsmerkmale deutlich zu trennen: "Zwischen den Produkten muss es glasklare Unterscheidungsmerkmale geben. Sobald die gleichen Angebote über zwei Kanäle im Markt platziert und nicht differenziert werden, wird es schwierig das Preisniveau auf Premium-Umfeldern zu halten. Die Preisunterschiede wird man nur dann erklären können, wenn im Vergleich zum Premium-Verkauf z.B. keine Leistungs-Garantie besteht, keine Platzierungen auf Websites oder Umfeldern garantiert werden, sich die Platzierungen zu Premium unterscheiden (below the fold) oder aber der Startzeitpunkt nicht verbindlich ist. Es wird aber weiterhin Premium-Content-Umfelder mit hohen Auslastungen geben, auf denen es diesen Ansatz gar nicht geben wird."

Ad-Networks sehen sich in ihrem Selbstverständnis nicht als Konkurrenz zu der Umfeld- und Contextvermarktung: "Es ist nicht unsere Intention, der Primärvermarktung das Geschäft streitig zu machen, wir setzen bei Inventar ab der dritten Ebene an, wo der Aufwand für das Sales-Team der Seite nicht mehr effizient arbeiten kann, wir nennen dieses Inventar auch undervalued inventory, weil es entweder gar nicht oder eben nicht adäquat vermarktet ist", so Sven Bornemann.

Das hört sich in der Theorie gut an, ein harmonisches Nebeneinander von Umfeld- und Performance-Vermarktung, niemand nimmt dem anderen etwas weg und Profiteure sind am Ende alle. Kann das wirklich gelingen und lässt sich die Umfeldvermarktung wirklich so exakt vom Networkgeschäft trennen?

Sacha Berlik ist davon überzeugt, dass dies gelingen kann: "Die Primärvermarktung lässt sich sauber trennen, da der Publisher entscheidet, wo die Werbemittel, welche über Ad-Networks ausgesteuert werden, erscheinen." Auch Mayer ist dieser Ansicht: "Das lässt sich sehr gut trennen. Ein seriös arbeitendes Ad-Network tritt grundlegend als Blind-Network dem Kunden gegenüber auf. Zudem beherbergen Ad-Networks mit der Ausrichtung auf Performance-Marketing hauptsächlich Vertriebsbudgets und keine Marketingbudgets, was beim Publisher zu einer zusätzlichen Kapitalisierung der Werbeplätze führt und sie sich nicht 'in die Quere' kommen."

Mayer weist damit auf einen wesentlichen Punkt hin, der das Nebeneinander der beiden Produktansätze erst ermöglicht: Das Network muss für den Advertiser blind sein. Nicht der Titel, Platzierung und Zeit entscheiden über die Güte und den Preis des Produktes, sondern ganz allein die Performance des Netzwerks für die einzelne Kampagne.

Überschneidungen ausgeschlossen?

Selbst wenn Primär- und Networkgeschäft getrennt sind und auch unterschiedliche Kundensegmente bedient werden, ist es möglich, dass Kampagnen über verschiedene Wege zu unterschiedlichen Konditionen ein Webangebot erreichen. Diese Möglichkeit räumt auch Berlik ein: "In seltenen Fällen kann es zu Kampagnenüberschneidungen kommen - hier aber nur bei extrem großvolumigen Reichweitenkampagnen." Heintze sieht hierin kein wirkliches Problem, da der Publisher bzw. sein Vermarkter die Möglichkeit hat einzugreifen: "Im einen Fall hat der Advertiser das garantierte Umfeld belegt, im anderen Fall läuft ein Teil des gebuchten Inventars zufälligerweise auf der gleichen Seite, was aber in Hinsicht auf Volumen, Laufzeit etc. nicht gewährleistet wird. Sollte dies nicht gewünscht sein, hat der Sitebetreiber bei ValueClick für alle Kampagnen (und sogar Werbemittel) die volle Transparenz und kann diese einzeln im Account deaktivieren."

Harald R. Fortmann sieht Überschneidungen sogar positiv: "Man sollte Überschneidungen nicht nur in Kauf nehmen, sondern den Profit daraus ziehen. Die Advertiser nehmen gemeinsam mit ihren Agenturen die gezielten Einbuchungen vor. Für den Online-Marketing-Mix ist es hier entscheidend, diese Buchungen um Netzwerkdeals zu ergänzen, um eine entsprechende Reichweite zu erzielen. Sollte die Kampagne dabei bei einem Publisher über zwei Kanäle eingestreut werden, so ist dies für beide Parteien nur von Vorteil. Der Advertiser erhält auf der entsprechenden Site Platzierungen, die er für die direkte Buchung vielleicht gar nicht in Betracht gezogen hat. Durch die intelligente Aussteuerung durch Technologien, wie Advertising.com's AdLearn, erschließen sich so für den Publisher und den Advertiser neue Umsatzpotenziale. Der Advertiser wird aber deshalb nicht auf die gezielten Einbuchungen verzichten - was in der Regel die Zweifel der Publisher begründet. Hier sollte ein Umdenken stattfinden."

Dialog nicht vergessen

Aber wie in allen wichtigen Geschäftsbeziehungen sollten sich auch Publisher und Ad-Networks absprechen und koordinieren, um ungewollte Effekte wie Überschneidungen bei Kampagnen und Werbekunden auszuschließen. Das kann zum einen natürlich über Exclusion-Listen oder eben auch durch die Absprachen von Fall zu Fall stattfinden. Hinzu kommt, dass viele Ad-Networks den Publishern entsprechende Tools an die Hand geben, die es ihnen ermöglichen, jederzeit volle Transparenz über alle Kampagnen zu haben und gleichzeitig die Möglichkeit, jede einzelne zu deaktivieren.

Die Wichtigkeit der Transparenz für den Publisher unterstreicht auch Lütgenau: "Wenn man für hochwertige Umfelder den Ad-Network-Einsatz verfolgen will, ist totale Transparenz notwendig. Nur so kann man sicherzustellen, dass die Vermarkter/Publisher sich auf eine Zusammenarbeit einlassen. Dabei müssen sowohl rechtliche Fragen in Sachen Datenschutz als auch die technische Umsetzung geklärt werden."

Kontrolle, Vermarktungshoheit und Cash

Die meisten Ad-Networks gewähren Publishern jederzeit die Möglichkeit, ihr Inventar neu zu disponieren, um auch permanent in der Lage zu sein, den höchst erzielbaren Preis zu erlösen. Denn es besteht ja auch die Möglichkeit, dass ein Publisher mit mehreren Ad-Networks zusammenarbeitet oder Inventar kurzfristig über die eigene Vermarktungs-Unit verkauft.

"Bei ValueClick Media behält der Sitebetreiber die Inventar-Hoheit und steuert das zur Verfügung gestellte Inventar. Somit ergibt sich auch nicht die Problematik, dass Inventar bereits an das Network abgegeben wurde und dann doch noch zu einem höheren TKP primär vermarktet werden könnte", erläutert Heintze.

Marco Mayer beschreibt den Ansatz von m,p,newmedia, wie folgt: "Das Ad-Network wird als Default-Kampagne ausgeliefert und hat keinen Anspruch auf eine bestimmte monatliche Reichweite. Sobald ein Werbeplatz vom Primärvermarkter zu einem besseren TKP belegt werden kann, pausiert die Auslieferung des Networks. So erhält der Publisher 100% Auslastung der Werbeplätze und kann trotzdem jeden Peak mitnehmen."

Intern arbeiten die meisten Ad-Networks schon im eignen Interesse nach dem Prinzip, dass auf allen Seiten die Kampagnen mit dem besten eCPM, also dem höchsten effektiven TKP ausgeliefert werden. Davon profitieren Publisher wie Werbetreibende, denn durch dieses Vorgehen finden die Kampagnen tendenziell die relevantesten Zielgruppen in Netzwerk.

Bei der Abrechnung mit den Publishern ist das performance-orientierte Preismodell, also ein Revenue Share vorherrschend. Aber auch sogenannte Hybrid-Modelle scheinen mehr und mehr die Runde zu machen. In jedem Fall ist die Transparenz der Performance, des Erlöses und damit die Vergleichbarkeit für die Publisher von großer Bedeutung: "Aus Sicht von Vermarkter/Publisher ist es wichtig, über die durchschnittliche Höhe des ecpm's und die Auslastungsquote zu prüfen, welche Kontingente überhaupt relevant wären für eine zusätzliche Netzwerk-Vermarktung", unterstreicht Lütgenau.

Die tatsächlichen Verdienstmöglichkeiten eines Publishers lassen sich jedoch erst ermitteln, wenn man den Networks für einige Zeit Online-Inventar zur Verfügung stellt. "2-3 Wochen nach dem Vertaggen eines Online-Angebotes können wir ungefähr sagen, was auf einer Seite funktioniert und welche effekt. TKP möglich sind bzw. wo sie sich hin entwickeln können", so Bornemann. Auch Ad-Networks, die ein TKP Modell haben, werden ohne Testphase Publishern aus vertsändlichen Gründen kein konkretes Angebot machen können.

Ein gutes Gefühl mit IASH

Für Publisher sollte die Zusammenarbeit mit einem Ad-Network nicht nur zusätzliche Erlöse bringen, sondern auch ein gutes Gefühl durch ein Maximum an Sicherheit in allen rechtlichen Fragen und Datenschutzbelangen. Außerdem haben nicht nur Advertiser einen Ruf zu verlieren, auch Medien sind Marken, die man sorgfältig schützen muss.

Daher warnt Berlik: "Kein Publisher will sich im Verbund von Torrents, Sex- oder anderen illegalen Webseiten wiederfinden und somit seine Reputation durch einen negativen Imagetransfer gefährden. Hier muss das Ad-Network durch den Nachweis von Manpower in der Qualitätssicherung den Nachweis bringen. Technik alleine reicht hier nicht und auch 2-3 Mitarbeiter im Sitemanagement sind kein valides Qualitätssiegel. Die Gründung von IASH in UK sowie IASH.EU in Deutschland sind hier sehr effektive erste Schritte in die richtige Richtung."
(Mehr zum Thema IASH in dieser Adzine-Ausgabe im Artikel von Jan Senderek.)

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