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OnVista soll Online-Broker zu Expansion verhelfen

Arne Schulze-Geißler, 5. Oktober 2007

Letzte Woche Montag wurde bekannt gegeben, dass die vier Großaktionäre der OnVista AG, die Burda Digital Ventures GmbH, Fritz Oidtmann, Stephan Schubert und Michael W. Schwetje, die zusammen 77,4% der Aktien an der Gesellschaft halten, ihre gesamten Anteile an die französische Boursorama S.A. veräußern. Die französische Gesellschaft übernimmt damit das größte deutsche Finanzportal OnVista sowie den erst kürzlich zugekauften Online-Vermarkter Ad2Net, das Gesundheitsportal Onmeda, den Performance-Marketing-Anbieter Ligatus und den Adressbroker Namendo.

Boursorama betreibt in Frankreich das marktführende Finanzportal www.boursorama.com und die Online-Bank Boursorama Banque (www.boursorama-banque.com). Umsätze generiert das börsennotierte Unternehmen mit Hauptsitz in Frankreich über seine Bankaktivitäten sowie die Vermarktung von Online-Werbung ("Media-Brokerage-Modell"). In Deutschland betreibt Boursorama seit 1997 den Online-Broker Fimatex. Mehrheitsaktionär der Boursorama S.A. ist die Groupe Société Générale, die über 56% der Anteile hält.

Neben dem Kauf der Aktienpakete der Großaktionäre wird Boursorama allen Aktionären der OnVista AG ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot von € 20,60 je Stückaktie unterbreiten. Dieser Preis liegt mehr als ein Drittel über dem Aktienkurs vom 21. September 2007 (€ 14,90 Xetra-Schlusskurs) und entspricht exakt dem mit den Großaktionären vereinbarten Kaufpreis, der vollständig in bar entrichtet werden soll. Bei 6,7 Mio. Aktien ergibt sich hieraus eine Bewertung des Gesamtunternehmens in Höhe von € 138,02 Mio.

Adzine sprach über Hintergründe und Auswirkungen der Übernahme mit dem Gründer und Vorstand der OnVista AG Michael W. Schwetje.

Adzine: Wie sieht das Media- und Brokerage-Modell von Boursorama in Frankreich aus?

Schwetje: In Frankreich gab es zunächst den Online-Discount-Broker Fimatex, eine Tochtergesellschaft der Société Générale. 2002 kaufte Fimatex das größte französische Finanzportal Boursorama und nahm ein Jahr später dessen Namen an. Bis zu dem Kauf finanzierte sich das Finanzportal ausschließlich über Werbung. Die strategische Überlegung der Bank beim Kauf des Portals war es neben der Erzielung von Werbeerlösen, User zu Bankkunden zu machen, indem man den Nutzern über das Finanzportal Online-Brokerage-Dienstleistungen und andere Investmentprodukte anbietet. Dieses Modell sollte der Bank einen kostengünstigeren Zugang zu potenziellen Kunden eröffnen, als es über Werbeschaltungen auf unternehmensfremden Seiten möglich gewesen wäre. Mit dieser Strategie ist Boursorama in Frankreich sehr gut gefahren und es war für die damalige Zeit ein innovativer Ansatz. Das gilt sicher auch heute noch so für den deutschen Bankenmarkt. Eine Kombination aus der Vermarktung der Zielgruppe an Dritte und der eigenen Kundengewinnung ist auch für Deutschland neu und ungewöhnlich.

Adzine: Wird die Werbevermarktung nicht eher schwieriger durch die Zugehörigkeit von OnVista zu einer Bank?

Schwetje: Das glaube ich nicht, wenn man den Werbekunden weiterhin die gleichen Werbeformate und Platzierungen anbietet. Eher stellt sich die Frage, ob sich die User anders verhalten, ob Clickraten, Leadconversion oder Orderconversion abnehmen. Das wird aber meiner Meinung nach nicht passieren, da es für das Verhalten der User keine Bedeutung hat, wer der Eigentümer des Portals ist. Der Nutzer reagiert auf Werbung, weil sie ihn interessiert und themenaffin ist. Wir werden unsere Werbekunden genauso gut bedienen, wie wir das bisher getan haben, denn das ist ein wesentlicher Teil unserer Erlöse. Zusätzlich kann ich zumindest für unsere Kunden aus dem Finanzbereich sagen, dass diese auch auf anderen Bankportalen werben würden, wenn diese eine Werbevermarktung zuließen. Daher bin ich davon überzeugt, dass, wenn wir weiterhin einen so guten Job machen wie in der Vergangenheit, es für die Werbekunden auch in Zukunft genauso interessant sein wird, OnVista zu buchen. Die User werden sich durch die Übernahme nicht verändern.

Adzine: Welche Rolle spielen Werbeerlöse denn heute für Boursorama?

Schwetje: Der Anteil des Mediageschäfts in Frankreich bewegt sich in einer Größenordnung von knapp 10 Prozent. Dort betreibt Boursorama neben seinem Finanzportal zwei kleinere werbefinanzierte Websites. In UK und Spanien ist das Unternehmen auch aktiv, dort wird ausschließlich auf Online-Brokerage gesetzt, da Boursorama in diesen Ländern keine weiteren Finanzplattformen hat. In Deutschland wird das Mediageschäft durch OnVista einen weitaus relevanteren Teil einnehmen. Das Brokerage-Geschäft in Gestalt von Fimatex ist noch wesentlich kleiner als in Frankreich. Daher könnte das Unternehmen in Deutschland zunächst etwa ausgewogen von Media und Brokerage getragen werden. Ob sich das Brokerage-Geschäft in einer Kooperation von Fimatex und OnVista genauso entwickelt, wie das in Frankreich mit Boursorama der Fall war, bleibt abzuwarten. Das stabile margenstarke Geschäft in Deutschland ist zunächst mal die Online-Werbung und Boursorama wird sehr viel Wert darauf legen, dieses zu halten und weiterzuentwickeln. Im Gesamtkonzern Boursorama ist das Mediageschäft allerdings wesentlich niedriger zu gewichten als Brokerage.

Adzine: Ist Fimatex schon ein etablierter Player im deutschen Online-Brokerage-Geschäft?

Fimatex ist in Deutschland ein Nischenplayer mit einem sehr wettbewerbsfähigen Brokerage-Angebot, aber wesentlich kleiner als die großen Anbieter Comdirect oder Consors, die sich thematisch sehr viel breiter aufgestellt haben. Mit dem Brand OnVista hat Fimatex nun die Chance, in andere Größenordnungen vorzudringen. Mit der starken Marke und über 600.000 Unique Usern im Monat auf OnVista eröffnet sich dem Brokerage-Geschäft von Fimatex ein enormes Potenzial.

Adzine: Gibt es schon Pläne, wie die Integration auf OnVista aussehen soll?

Schwetje: Wir haben noch keine konkreten Maßnahmen definiert, dafür ist es einfach noch zu früh, aber ich könnte mir vorstellen, dass das Brokerage-Angebot von Fimatex in die Website von OnVista integriert wird. Ziel ist es dann, den User von der Information in die Transaktion überzuleiten.

Adzine: Finanzthemen stehen für Boursorama auch in der Werbevermarktung im Vordergrund, wie passen die anderen Produkte bzw. Unternehmen wie Onmeda, Ligatus und Ad2Net ins Bild?

Schwetje: Boursorama hat sich bewusst entschlossen, das ganze Unternehmen, die OnVista Group zu kaufen und nicht nur das Finanzportal. Die Verantwortlichen auf Seiten von Boursorama werden die nächsten Wochen nutzen, die übrigen Aktivitäten der Gruppe wie Onmeda, Ad2Net, Ligatus und Namendo intensiver kennenzulernen und die strategische Ausrichtung und die Chancen der einzelnen Profitcenter noch besser zu verstehen. Sie werden dann entscheiden, ob die einzelnen Geschäftsbereiche dauerhaft zu der Gesamtstrategie von Boursorama passen oder ob man sich von einzelnen Aktivitäten trennen und diese dann weiterveräußern wird. Allerdings gibt es dazu noch kein Meinungsbild bei Boursorama, da man sich im Vorfeld der Übernahme primär mit dem Finanzportal OnVista beschäftigt hat, da es das strategische Asset in Deutschland war, an dem Boursorama in erster Linie interessiert war.

Bild Arne Schulze-Geißler Über den Autor/die Autorin:

Arne Schulze-Geißler, Herausgeber ADZINE

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