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SEARCH MARKETING - SEM

Haftung für Google AdWords-Option: "weitgehend passende Keywords"

Martin Schirmbacher, 13. Juli 2007

Über die rechtliche Zulässigkeit der Verwendung fremder Marken und Firmenbezeichnungen als Keywords, insbesondere bei Google Adwords, ist an dieser Stelle schon einiges geschrieben worden (vgl. und ).

In Deutschland wird der Einsatz fremder Marken als Keyword überwiegend für eine Markenverletzung gehalten. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Einsatz fremder Marken in Metatags (vgl. ) einer Website spricht vieles dafür, dass das oberste deutsche Zivilgericht auch den Einsatz fremder Marken und Bezeichnungen als Keywords für rechtswidrig halten würde. Auch bei dem Keyword-Advertising bemerkt der Nutzer die Verwendung der fremden Marke allenfalls mittelbar. Von der Verwendung fremder Marken und Bezeichnungen als Keyword ist daher abzuraten.

Ob dies auch für die Verwendung der Google-AdWords-Funktion: "weitgehend passende Keywords" gilt, hatte das Landgericht Berlin in einem erst kürzlich bekannt gewordenen Urteil zu entscheiden (Entscheidung vom 21.11.2006, Az. 15 O 560/06). Bei der Google-AdWords-Funktion "weitgehend passende Keywords" schlägt Google seinen Kunden thematisch verwandte Suchworte vor, die der Werbekunde in seine Keyword-Liste für eine Kampagne übertragen kann.

Es ging um ein einstweiliges Verfügungsverfahren: die Antragstellerin vertreibt unter der Bezeichnung "Europa Möbel" eine eigenständige Möbelreihe und ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wort-/Bildmarke "EM Europa Möbel". Die Antragsgegnerin vertreibt über ihre Website u.a. Discount-Möbel.

Das Gericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass die beklagte Partei als Keyword lediglich den Gattungsbegriff "Möbel" verwendete und eben die von Google angebotene Option "weitgehend passende Keywords" wählte. Nun erschienen bei Eingabe der Begriffe "europa-möbel" und "europamöbel" in die Suchfunktion der Internet-Suchmaschine "Google" neben den Suchergebnissen Werbeanzeigen für die Antragsgegnerin mit einem Link zu deren Internetseite.

Die Markeninhaberin übersandte dem werbenden Unternehmen vorprozessual eine Abmahnung, informierte sie also über den beanstandeten Umstand. Die Abgemahnte wies die Vorwürfe jedoch zurück und gab an, lediglich mit dem Gattungsbegriff "Möbel" zu werben. Eine weitere Abmahnung blieb ohne Ergebnis.

Das Landgericht Berlin untersagte das beanstandete Verhalten und sprach der Antragsstellerin einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch zu. Deren Marke sei durch das Erscheinen der Werbeanzeige der Beklagten rechtswidrig beeinträchtigt.

Die Beklagte sei hinsichtlich der Markenverletzung jedenfalls Störer, weil sie die Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung gehabt und zumutbare Prüfpflichten verletzt habe. Sie habe unzweifelhaft bei dem Erscheinen der Anzeige durch die Wahl eines Allgemeinbegriffs als Keyword und der Auswahl der Option "weitgehend passende Keywords" mitgewirkt. Zumindest ab dem Zeitpunkt der Aufforderung durch den jeweiligen Markeninhaber habe der Werbende dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig die AdWords-Anzeigen bei Eingabe des Markenbegriffs nicht mehr erscheinen. Dies könne insbesondere durch die Auswahl geeigneter "ausschließender Keywords" erreicht werden, so dass die Anzeige dann nicht erscheint, wenn der Suchbegriff zwar das festgelegte Keyword, zugleich aber auch das ausgeschlossene Keyword enthält.

Das Gericht hält aber auch fest, dass es dem Werbenden dagegen in der Regel nicht zumutbar ist, bereits vor Beginn der Anzeigen-Kampagne zu überprüfen, in welchem Umfang es durch Auswahl der Option "weitgehend passende Keywords" zu Kennzeichenverletzungen Dritter kommen könnte und diese von vornherein durch die Auswahl ausschließender Keywords zu verhindern. Vorauseilender Gehorsam ist also nicht nötig.

Das Landgericht hat eine differenzierte Entscheidung und wirft dem werbenden Unternehmen nicht die Verwendung der Option "weitgehend passende Keywords" als solche vor, sondern das Unterlassen geeigneter und zumutbarer Gegenmaßnahmen nach Kenntnis von der Einblendung von Werbung auch bei Eingabe der fremden Marke.

Fazit ist also, dass die Option "weitgehend passende Keywords" durchaus verwendet werden darf, dabei aber Vorsicht geboten ist. Bei offensichtlichen Markenverletzungen, spätestens aber ab einer entsprechenden Abmahnung des Markeninhabers muss die Einblendung der eigenen Werbung auf die Eingabe des markenrechtlich geschützten Keywords verhindert werden. Allein darauf zu verweisen, dass die Funktion von Google angeboten werde, genügt nicht.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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