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SEARCH MARKETING

Lizenz zum Verlinken (Teil 1)

Arne Schulze-Geißler, 29. Juni 2007

Internet und E-Commerce sind eine feine Sache. Anbieter können allein in Deutschland im Jahr 2006 etwa 14,4 Milliarden Euro umsetzen. Fast 27 Millionen Deutsche sind für dieses Volumen im Jahr 2006 verantwortlich. Angebot und Nachfrage finden sich scheinbar spielend im Netz.

Im Internet gelten grundsätzlich die gleichen Gesetze wie für Offline-Märkte, nur haben sich mittlerweile ganz eigene, viel extremere Strukturen und Pfade etabliert. Potenzielle Konsumenten legen immer wieder die gleichen Verhaltensmuster an den Tag. Diese Muster müssen Online-Verkäufer kennen und sich zunutze machen.

Für jeden, der im Internet direkt oder indirekt verkaufen möchte, besteht die Herausforderung, etwas präsenter zu sein als der Wettbewerb, besonders dann, wenn sich ein Nutzer als potenzieller Konsument zu erkennen gibt. Da man nicht überall selbst sein kann, braucht ein Shop oder Produzent Helfer, die für einen Moment Zugang zur Aufmerksamkeit einer relevanten Anzahl potenziell Interessierter haben.

Ohne Zweifel ist von Werbung die Rede und in diesem speziellen Fall handelt es sich um den sehr vertriebs- und erfolgsorientierten Werbeansatz, der begrifflich im angloamerikanischen Sprachraum geprägt ist, aber auch in Europa unter Affiliate Marketing bekannt wurde.

Im Gegensatz zur "normalen" Werbeschaltung suchen sich Werbetreibende eine möglicht große Anzahl fester Werbepartner, deren mediale Reichweite oder auch Nischenpräsenz sie nutzen, um möglichst nah an die Nutzer heranzukommen, die einen Kauf beabsichtigen. Thematisch bieten typische Affiliate-Sites und Portale Produktinfos, Preisvergleiche, Tests, Bewertungen und Ähnliches. Es handelt sich oft um Informationen, die eine Kaufentscheidung vorbereiten und damit ein idealer Ort sind, um von dort direkt zum Point of Sale eines Anbieters zu verlinken. Der Werbende zahlt für die Partnerschaft mit Umsatzprovisionen und festen Sätzen für Leads und Klicks.

Sabine Haase, Pressesprecherin von affilinet bringt es auf den Punkt: "Die Affiliates sind sozusagen die 'virtuelle Vertriebsmannschaft'. Aus diesem Grund ist die Bedeutung eines seriösen und loyalen Publisher-Pools nicht hoch genug einzuschätzen."

Für die geeignete Partnerschaft zwischen Werbetreibenden und Medienangeboten sorgen die Affiliate Netzwerk-Betreiber wie Zanox, affilinet, Tradedoubler, Commission Junction und belboon (YOC AG), um nur einmal die prominentesten zu nennen. Es ist übrigens nicht ungewöhnlich, als Werbetreibender parallel mit mehreren Netzwerken zusammenzuarbeiten. Voraussetzung ist hierbei vor allem, dass nicht nur der Werbetreibende profitiert, sondern auch die Affiliates mit den Programmen Geld verdienen können. In der Realität des Alltags gib es mittlerweile auch unzählige kleine Vermittler, die auf erfolgsbasierten Abrechnungsmodellen Werbende und Websites zu fruchtbaren Geschäftsbeziehungen verhelfen wollen.

Online-Shopper landen aber nur in den seltensten Fällen gezielt auf den typischen Angebotsaggregatoren oder anderen Affiliate-Sites wie www.billigweg.de, www.top-dsl.com u.a. Künftige Shopper offenbaren in den meisten Fällen ihre Konsumabsichten zuerst in einer Suchmaschine, um einen Einstieg in ein spezielles Konsumthema zu finden.

"Die Suchmaschinen sind nach wie vor die großen Traffic-Verteiler. Ein großer Anteil aller Verkäufe im e-commerce wird durch eine Suchanfrage angebahnt. Diese Tatsache spiegelt sich natürlich auch im Affiliate-Marketing wider. Auch erfolgreiche Publisher sind darauf angewiesen, qualifizierten Traffic zu erzeugen oder zu kanalisieren", erklärt Holger Brandt, Geschäftsführer ad-cons GmbH.

Der Großteil der deutschen Internetnutzer (über 90 % aller Suchanfragen) kommt über Google in die digitale Shoppingwelt. Die Relevanz einer einzelnen Suchmaschine für den E-Commerce könnte somit nicht größer sein. Affiliate Publisher haben sich darauf eingestellt. Sie sorgen mit ihren Seiten für die Verteilung des konzentriert bei Suchmaschinen einfallenden Besucherstroms.

Man stelle sich einfach mal vor, dass sämtliche Offline-Shopper in Deutschland zuerst durch die Schildergasse (Fußgängerzone) in Köln kämen, bevor sie die richtige Shoppingdestination in ihrer Heimatstadt finden könnten. Das wäre nicht nur ein ziemliches Gedrängel, sondern da ständen Vermittler und Informanten aus allen deutschen Städten, die für ihre Produkte und Shops werben würden. Sie würden versuchen, die Konsumenten auf den richtigen Weg zu schicken. In ähnlicher Weise lauern Vermittler und Anbieter bei Google. Die selbsternannten Wegweiser, die dem Konsumenten natürlich durchaus Orientierung geben können, monetarisieren ihre Top-Rankings in den Suchmaschinen als Affiliates in den Partnerprogrammen.

Matthias Pantke, Geschäftsführer TradeDoubler GmbH erläutert:
"SEM/ SEO ist ein Instrument, das wir im Affiliate Marketing nutzen, um den Traffic für unsere Kunden - sowohl auf Advertiser- als auch auf Publisher-Seite zu optimieren. Große Unternehmen (Top Advertiser) konzentrieren sich im Suchmaschinenmarketing oftmals auf nur wenige Keywords. Dabei liegt der Fokus eher auf der definierten Brandstrategie. Keywords, die nicht direkt auf die Marke einzahlen, werden oftmals ausgeblendet. Publisher wiederum verfolgen ein anderes Ziel: Sie sind daran interessiert möglichst viel Traffic auf den eigenen Seiten zu generieren, um so Provisionen zu erhöhen. Dazu nutzen sie die komplette Bandbreite an Keywords."

Publisher, die Portale sowie konsumvorbereitende Webseiten betreiben und vom Affiliate Modell profitieren wollen, erhalten ihren Traffic also scheinbar primär durch die organischen Rankings in der Suche und damit durch die Suchmaschinenoptimierung.

Wir machen prompt einen nicht-repräsentativen Test mit der Begriffskombination "handy + vertrag" bei Google. Wir erhalten auf den ersten 15 organischen Platzierungen lupenreine und vermutlich gut optimierte Affiliate Sites, die dem Kunden Orientierung bei der Vertragsauswahl bieten möchten. Dagegen erscheinen bei den bezahlten Anzeigen unter den ersten 10 Anzeigen auch 5 Mobilfunkanbieter. Die Yahoo-Suche liefert uns ganz ähnliche Ergebnisse. Vielleicht nur ein Zufall, daher ein zweiter Testbegriff "Kredit". Aber wir erhalten das gleiche Bild, die Top Ten-Ergebnisse sind Kreditvergleiche mit Verlinkungen zu Anbietern und Kreditanträgen der großen Geldverleiher. Die Namen der Kreditgeber selbst finden wir nur bei den Sponsored Links. Man kann somit schon mal festhalten, dass die spezialisierten Publisher in unseren Beispielfällen die Vertriebskanäle, in den organischen Rankings gut unter Kontrolle haben.

Für Produktanbieter, die über das Internet verkaufen möchten, gewinnen Partnerprogramme damit in der Konsequenz zunehmend an Bedeutung. Affiliate Sites besetzen gezielt das Terrain zwischen Google und dem Point of Sale.

Axel Schönau, Managing Director von Global Media bestätigt ebenfalls:
"Suchmaschinen spielen im Affiliate Marketing eine sehr große Rolle. Die Affiliates nutzen die Suchmaschinen als Zwischenstation, um auf ihre Website zu verlinken und so ein größtmögliches Volumen an Traffic zu generieren. Über die Website des Affiliates werden die Internetsurfer dann bei Interesse zur Website des Merchants weitergeleitet, um dort zum Beispiel eine Reise zu buchen, ein Kleidungsstück zu erwerben oder vielleicht auch Informationen zu einem bestimmten Produkt anfordern."

Alternativ können Produktanbieter natürlich selbst Kunden in den Suchmaschinen abholen, indem sie SEM-Maßnahmen ergreifen. Die meisten tun das übrigens parallel auch zum Partnerprogramm. Das lohnt sich absatzorientiert natürlich nur innerhalb gewisser Grenzen nach individuell ermittelten Klickpreisen und den dazugehörigen Conversionen. Werden Brandingziele verfolgt, besteht meist ein größerer Spielraum bei den Klickbudgets.

Ein neuerer sehr vielversprechender Trend ist die Einbindung von speziellen Search Affiliates oder im Englischen auch PPC-Affiliates zur Optimierung der SEM-Strategie, aber auch zur Ergänzung der Affiliate Marketing-Aktivitäten. Dieses Modell vereint beide Ansätze.

Manuel Kester, Director Affiliate Marketing der belboon Yoc AG erläutert dazu:
"Aus Sicht eines werbungtreibenden Unternehmens macht es vor allem immer dann
Sinn, Affiliates/Publishern die Bewerbung der eigenen Angebote über SEM zu gestatten, wenn Absatz-Ziele im Vordergrund stehen und Fragen wie bspw. die der Markenführung eine eher untergeordnete Rolle spielen.
In diesen Fällen können die im SEM professionell agierenden Affiliates/Publisher gute bis sehr gute Ergebnisse liefern. Die Vorteile für den Merchant/Advertiser liegen auf der Hand - er profitiert von der erfolgreichen Arbeit und dem Know-how seiner Affiliates/Publisher, überträgt aber gleichzeitig auch Erfolgs- und finanzielle Risiken auf diese. Bei Beauftragung einer SEM-Agentur müsste er diese Risiken -zumindest in großen Teilen- selbst tragen."

Die Integration von Affiliate -und Search Engine Marketing werden wir in der nächsten Ausgabe (ADZINE Nr. 14, erscheint am 13.07.2007) weiter vertiefen. Wir haben viele Stimmen von Praktikern und Experten einholen können, die uns detaillierte Einblicke in diese spezielle Materie geben werden.

Bild Arne Schulze-Geißler Über den Autor/die Autorin:

Arne Schulze-Geißler, Herausgeber ADZINE

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