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BRANDING

Wozu brauchen Marken Clicks?

Rupert Turner, 13. Oktober 2006

In den "alten Tagen" von Werbung und Marketing gab es eine Disziplin, die sich auf Markenbekanntheit, und eine, die sich auf ROI fokussierte, zwei entgegengesetzte Lager. Deren Vertreter lebten in verschiedenen Welten. Die Markenkümmerer bewegten sich im "High End"-Bereich der Werbewelt, in den traditionellen Premium-Media-Umfeldern. Die ROI-Experten bewegten sich dagegen eher in der weniger glamourösen Welt des Direkt Marketings. Hier ging es um Zahlen, Porto, Telesales und die Optimierung von Adresslisten. Diese Welten hätten unterschiedlicher nicht sein können.

Die konträren Ansätze erklärten sich natürlich und auch heute immer noch durch die komplett unterschiedlichen Aufgabenstellungen durch den Kunden. So ist es mehr als nachvollziehbar, dass sich Markenwerber nicht um kurzfristig messbare Verkäufe und ROI kümmerten. Es war schlicht und ergreifend nicht das, was man von ihnen erwartete

Die Denke und die klare Trennung der beiden Disziplinen befindet sich derzeit in einem Umbruch. Alle Marketer wollen am liebsten messbare Ergebnisse ihrer Marketingaktivitäten. Auch in klassischen Medienumfeldern orientiert man sich immer stärker an Verkaufszielen. Die Werbebotschaften bekommen zunehmend einen kurzfristigen umsatzorientierten Charakter. Damit steigt die Messbarkeit über alle Medien hinweg, nämlich an Umsatzzahlen. Online hat hier noch mal eine klare Sonderstellung, da sehr viele der früh Online-Werbetreibenden aus der Direkt-Marketing-Ecke kommen und sie auch heute den deutlich höheren Anteil am Gesamtvolumen ausmachen.

Einige glauben, dass der Fokus auf Messbarkeit und Transparenz hinsichtlich des Einsatzes von Marketing und Werbebudgets wieder in den Hintergrund treten wird, wenn mehr und mehr der traditionellen Markenwerber online gehen. Ich bezweifele, dass das der Fall sein wird. Alle Online-Werbenden, die markenorientierten eingeschlossen, werden Messbarkeit vom Internet einfordern. Warum ich das glaube:

- Die Trägheit der Systeme fordert dies. Irgendwo müssen Online-Budgets herkommen und es wird etwas Besonderes verlangt, um diese in Bewegung zu setzen. Mediaplaner und deren Einkäufer brauchen gute Argumente, um Gelder zu verlagern. Ein Argument kann Messbarkeit sein, wie auch immer diese geartet sein mag.

- Vertrieb und Marketing werden zunehmend integrativ betrachtet, wobei in vielen Unternehmen die verkaufsorientierten und umsatzrelevanten Überlegungen an Gewicht gewinnen.

- Mediaplanung und Einkauf werden immer spezialisierter und unterliegen einem immer größeren Druck seitens der Kunden und dem Wettbewerb. D.h. auch die Leistung der Agenturen wird in Zukunft nicht mehr nur an Einkaufskonditionen, sondern auch an qualitativen Faktoren festgemacht.

- Online Advertising ist zu einem gewissen Grad direkt messbar. Daher werden sich auch die Markenwerber nicht mit weniger als dem Möglichen zufrieden geben. Ob es die richtigen Resultate für ihr Vorhaben liefert, ist jedoch fraglich, da man Bier oder Butter nicht im Internet bestellt.

Es ist trotzdem anzunehmen, dass sich die zwei Welten immer mehr annähern. Genauso wie von Brand-Kampagnen Anhaltspunkte für den ROI eingefordert werden, haben Abverkaufskampagnen auch Brandingeffekte.

Markenorientierte Werber sollten trotzdem auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Die Messbarkeit einer Keyword-Kampagne für einen Web-Shop lässt sich nun mal nicht 1:1 auf eine Display-Kampagne für einen Schokoriegel übertragen. Diese könnte in meinen Augen auch ohne einen einzelnen Click generiert zu haben, sehr erfolgreich sein. Man könnte sogar soweit gehen, dass grafische Werbemittel für gewisse Zwecke gar nicht clickbar sein müssen. Die moderne Markt- und Markenforschung bietet zum Glück Möglichkeiten, den Kampagnenerfolg auch parallel zu erheben.

Die übertriebene Interaktionserwartung führt meiner Meinung nach nur zu immer mehr kopflosen Aktionen, die eine Dialogbereitschaft mit dem Kunden signalisieren soll. Ist diese Bereitschaft bei Unternehmen aber tatsächlich vorhanden oder aus Kundensicht überhaupt notwendig? Ich glaube inzwischen sogar, dass für viele Marken die drohende Interaktion mit dem Kunden das eigentliche Hindernis in die Online Welt ist.

Die Diskussion über den Einsatz von Mediabudgets gerade im "High End"-Werberlager sollte weniger über die Erfolgsmessung und Response jeder einzelnen Einblendung geführt werden als vielmehr darüber, in welchen Medien sich der Konsument von heute und morgen aufhält.

Viel Spaß mit ADZINE!

Bild Rupert Turner Über den Autor/die Autorin:

Rupert Turner ist freier Autor für ADZINE

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