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BGH: Keine fremden Marken in Metatags

Martin Schirmbacher, 22. Juni 2006

Ein Rechtsstreit, der sich über fünf Jahre hinzog, hat nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein Ende gefunden. Der BGH untersagte mit dem Urteil vom 18. Mai 2006 letztinstanzlich den Einsatz fremder Markennamen in den HTML-Metatags einer Website.

Metatags sind - insofern nichts Neues - Teil des HTML-Quellcodes einer Website und dienen auf unterschiedliche Weise letztlich der Beschreibung der Seite. Metatags sind vom Verfasser der Seite vollständig selbst wählbar. Einst galten Metatags als Geheimwaffe, um bei Suchmaschinen - allen voran natürlich Google - möglichst ganz oben gelistet zu sein. Nicht zuletzt wegen des weit verbreiteten Missbrauchs von Metatags gewichten die großen Suchmaschinen Metatag-Einträge bei der Bewertung der "Relevanz" einer Seite inzwischen deutlich geringer. Weil mit der Bedeutung der Metatags für das Ranking auch der Missbrauch abgenommen hat, ist die Entscheidung des BGH (Az. I ZR 183/03) auf den ersten Blick schon in dem Moment obsolet, in dem sie ergangen ist. Die Auswirkungen sind jedoch nicht zu unterschätzen.

Gestritten hatten zwei Versicherungsvermittler. Der Kläger hatte die Bezeichnung "Impuls" unter anderem für Versicherungsdienstleistungen beim Deutschen Patent- und Markenamt als Marke eintragen lassen. Der Beklagte setzte den Begriff "Impuls" im sichtbaren und unsichtbaren Teil (Quellcode) der Seite ein. Beides untersagte ihm der BGH. Anders als noch die Vorinstanz, das OLG Düsseldorf, hielt der BGH die Verwendung einer fremden Marke in den Metatags für rechtswidrig. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor, so dass eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes nicht möglich ist.

Eine Markenverletzung setzt voraus, dass die Bezeichnung "markenmäßig" genutzt wird. Davon ist aber nur auszugehen, wenn das Zeichen als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft des gekennzeichneten Produkts angesehen werden kann oder es den Anschein hat, in einer Werbemaßnahme des Markeninhabers verwendet zu werden. Daran kann man hier mit guten Gründen zweifeln, weil die Nutzer von der Verwendung der Metatags nichts mitbekommen und die Seite, frei von den Marken ist.

Ob der BGH tatsächlich auf einen Anspruch aus Markenrecht erkannt hat, lässt sich noch nicht sagen, weil die Urteilsgründe noch auf sich warten lassen. Wahrscheinlicher erscheint demgegenüber ein Anspruch aus Wettbewerbsrecht. Es kann nämlich unlauteres Wettbewerbsverhalten darstellen, sich des Namens eines Konkurrenten oder einer geschützten Marke zu bedienen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Vom Einsatz fremder Marken oder Unternehmensbezeichnungen in den eigenen Metatags kann nach dieser Entscheidung nur abgeraten werden. Es ist zu erwarten, dass auch Gerichte, die diese Rechtsfrage bisher anders beurteilt haben, in Zukunft auf diese Linie einschwenken werden.

Das Urteil lässt allerdings auch Schlüsse darauf zu, wie der BGH den Einsatz von fremden Marken als Suchbegriffe beim Keyword-Advertising beurteilen wird (vgl. insofern Adzine 6/2006 vom 16.3.2006). Auch dabei bemerkt der Nutzer die Verwendung der fremden Marke allenfalls mittelbar. Eine "markenmäßige" Nutzung liegt nicht unmittelbar auf der Hand. Mit dem Einsatz von Metatags ist die Konstellation durchaus vergleichbar, so dass auch von der Verwendung fremder Marken beim Keyword-Advertising abzuraten ist. Anders gewendet muss sich nicht gefallen lassen, wer feststellt, dass die Konkurrenz mit den eigenen Marken Werbung macht.

Über den Autor/die Autorin:

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. 2010 erschien sein Praktikerhandbuch "Online Marketing und Recht".

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