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Rolex zum halben Preis

Karsten Zunke, 29. Mai 2006

Die Internet-Agenten der "Partners 4 Management GmbH" haben in diesem Jahr die Initiative "Das schwarze Schaf" ins Leben gerufen. Dreiste Rechtsverletzer werden seit April auf der Website www.das-schwarze-schaf.com angeprangert. Einmal jährlich überreicht künftig eine Jury den Preis für das schwarze Jahresschaf. Die Münchner Agentur betreut 55 Markenartikler beim Kampf gegen die Produktpiraten.

ADZINE befragte einen der beiden Geschäftsführer, Wolfgang Greipl, zum Betrug im Internet, wie Abzocker die Werbetrommel rühren und welche Konsequenzen dies für Suchmaschinen- und Portalbetreiber hat.

ADZINE: Herr Greipl, warum verteilen Sie neuerdings schwarze Schafe?

Greipl: Seit April dieses Jahres vergeben wir monatlich diesen Preis, um Verbraucher und Unternehmen davor zu schützen, im Internet illegalen Machenschaften aufzusitzen. Und wir wollen eine Plattform bieten, die klar aufzeigt, wo schwarze Schafe im Netz unterwegs sind.

ADZINE: Hat der Betrug im Internet so zugenommen?

Greipl: Der Betrug nimmt ständig zu. Früher war dies allerdings offensichtlicher. Mittlerweile erfolgt dies im größeren Stil und ist organisierter, teilweise auch subtiler. Größere kriminelle Organisationen lösen zunehmend die kleinen Betrüger ab.

ADZINE: Was sind die Brennpunkte?

Greipl: Neben Unterschlagungen, Verletzungen des Wettbewerbsrechtes oder Marken- und Logomissbrauch ist unserer Erfahrung nach besonders der Handel mit gefälschten Produkten im Internet sehr stark verbreitet. Der Anteil gefälschter Produkte am Welthandel wird von der WTO auf mehr als 10 Prozent geschätzt. Das ist allen Markenherstellern natürlich ein Dorn im Auge. Wir jagen diese Produktpiraten im Internet und stellen sie.

ADZINE: Wie werben die Abzocker im Netz?

Greipl: Die klassische Werbeform für Markenfälschungen sind die Spam-Mails. In denen werden zum Beispiel gefälschte Produkte mit einem Link zu einem Online-Shop angeboten, der in der Regel auch nur temporär erreichbar ist. Aber auch durch Direktmarketing werden gefälschte Produkte im Internet gern an den Mann gebracht werden. Auch dies erfolgt in erster Linie per E-Mail, indem beispielsweise nach einer Online-Auktion all jene angeschrieben werden, die nicht zum Zuge gekommen sind. So lassen sich gefälschte Produkte besonders gut vermarkten. Auch in Foren oder Blogs treten immer wieder Betrüger temporär in Erscheinung und weisen auf ihre illegalen Angebote hin.

ADZINE: Lassen sich Markenfälschungen schon an der Art der Werbung erkennen?

Greipl: Wenn eine Neuware nur 20 Prozent des Originalpreises kostet, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung. Eine Gucci-Brille kostet eben keine 20 Euro. Meist werden solche Angebote in Deutschland beworben und aus dem Ausland verschickt. Gerade auf Auktionsplattformen wird durch mehrere Strohmänner gefälschte Ware mit der gleichen Beschreibung oder mit den gleichen Bildern aus dem Ausland offeriert. Oft erkennen aber nur Markenartikler selbst, dass es sich um eine Fälschung handeln muss.

ADZINE: Welchen "Sprengstoff" birgt dies für Portal- oder Suchmaschinenbetreiber?

Greipl: Dass Betrüger auf großen Online-Portalen mit Bannerkampagnen geworben hätten, ist zum Glück noch nicht vorgekommen. So dreist ist zumindest hierzulande niemand. Aber schwarze Schafe können durchaus den Ruf eines Portals schädigen - insbesondere eBay hat bekanntermaßen sehr damit zu kämpfen. Allein unsere Agentur meldet weltweit mehrere tausend Betrugsfälle auf eBay pro Monat und lässt die entsprechenden Anbieter sperren. Aber auch in Suchmaschinen wird der Markenschutz verletzt. Allerdings können die betroffenen Unternehmen manchmal gar nichts dafür.

ADZINE: Das müssen Sie bitte näher erläutern ...

Greipl: Zum Beispiel Google. Selbst wenn ein Unternehmen für eine Key-Word-Kampagne seine Adwords sauber aufsetzt und damit keine Markenrechte verletzt, können die Anzeigen trotzdem bei bestimmten Suchbegriffen eingeblendet werden, worauf sich schließen ließe, dass doch unberechtigt mit einem Markennamen geworben wird.

ADZINE: ... was dann aber doch nicht der Fall ist?

Greipl: So ist es. Wir waren einigen Online-Shops auf der Spur, die anscheinend via Google-Adwords mit Markennamen geworben hatten, obwohl sie diese Produkte gar nicht führen und vom Markenartikler auch nicht autorisiert waren, solche Produkte anzubieten. Bei unserer Untersuchung hat sich dann herausgestellt, dass diese Shops die Markenbezeichnungen gar nicht aktiv als Adwords eingesetzt hatten, sondern die Werbenden einem Automatismus seitens des Suchmaschinenbetreibers erlegen sind. Google verbindet Suchbegriffe wie zum Beispiel Lacoste mit Polohemd, demzufolge kann es passieren, dass Verbraucher das Suchwort Lacoste eingeben und dann auf Shopbetreiber stoßen, die weder Lacoste als Marke führen noch Lacoste als Adword gebucht haben. Somit ist es für den Verbraucher nicht mehr erkennbar, wer nun aktiv Marken bewerben möchte oder nicht. Hier gibt es anscheinend zahlreiche Synonyme, die der Google-Algorithmus verwendet, um ähnliche Marken- und Branchenbezeichnungen zusammenzuführen.

ADZINE: Wie können Werbetreibende Probleme mit dem Markenrecht vermeiden, wenn sie Adwords-Kampagnen starten wollen?

Greipl: Um auf der absolut sicheren Seite zu sein, muss der Werbende die Markennamen in seiner Adwords-Maske bei der Kampagnenplanung aktiv ausschließen.

ADZINE: Und wenn der Werbende einen Markennamen vergisst auszuschließen... Wer kann in einem solchem Fall haftbar gemacht werden?

Greipl: Diese Thematik ist relativ frisch. Noch gibt es kein diesbezügliches Urteil oder Verfahren. Aber es ist denkbar, dass diese Problematik in Zukunft auch Anwälte beschäftigen wird.

ADZINE: Was müssen Portalbetreiber tun, wenn sich Betrüger auf ihren Seiten tummeln?

Greipl: Seit dem Rolex-Feiniger-Urteil sollten Portalbetreiber dafür sorgen, dass sofort nach Bekanntwerden solcher Fälle illegale Produkte auf ihrem Portal nicht mehr beworben und gehandelt werden. eBay hat deshalb beispielsweise das Veri-Programm aufgesetzt, bei dem rechtsverstoßende Angebote gemeldet werden können. Dann wird das Angebot gesperrt und der Anbieter dem geschädigten Unternehmen offen gelegt. Das schreckt ab.

ADZINE: Wer war das schwarze Schaf im Monat April?

Greipl: Das war ein Augsburger Anbieter, der unter der Adresse www.computer-one.de mehrere TV- Geräte im Wert von über 20.000 Euro per Vorkasse im Rahmen von Sofortkauf-Angeboten und Auktionen verkaufte. Tatsächlich geliefert wurde nur ein Gerät. Gegen den Anbieter wurde mittlerweile ein Insolvenzverfahren eröffnet.

ADZINE: Sie verleihen als Krönung ein schwarzes Jahresschaf, ist der Preis virtuell oder aus Plüsch?

Greipl: Weder noch. Das Jahresschaf ist eine Art Glas-Statue mit einem eingravierten schwarzen Schaf. Wir wollen dies möglichst öffentlichkeitswirksam verleihen. Das schwarze Schaf soll etwas Greifbares sein und wir wollen es gern persönlich überreichen.

Über den Autor/die Autorin:

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