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Der aufmerksame Beobachter rieb sich im vergangenen Spätsommer verwundert die Augen: ValueClick Inc. übernahm FastClick Inc., einen Onlinevermarktungs- und AdServer-Technologieanbieter für 265 Millionen Dollar in Aktien. Ein Jahr zuvor kaufte AOL Inc. für 435 Millionen Dollar in bar den Anbieter Advertising.com Inc., der ebenfalls ein Vermarktungsnetzwerk betreibt, das laut Eigenwerbung durch die eingesetzte Technologie anderen Netzwerken überlegen ist.

Unternehmen im Geschäftsbereich Onlinewerbung sind gefragt, allerdings haben die zuvor genannten Anbieter eines gemeinsam: Sie bieten nicht nur Reichweite an, sondern vermarkten diese Reichweite durch den Einsatz von eigenentwickelten Technologien im AdServing anscheinend innovativer und erfolgreicher als konventionelle Mitbewerber. Im AOL-Konzern stiegen die Erlöse aus der Werbevermarktung im Jahr 2005 um 45% im Vergleich zum Vorjahr, die konventionellen Vermarktungserlöse durch die Vermarktung der AOL-Portalsites aber nur um 20%. Den Rest steuerte größtenteils Advertising.com bei.

Märkte

In den USA spielen FastClick, Advertising.com und andere Anbieter für Performance-orientiertes Onlinemarketing eine bedeutendere Rolle als im deutschem Markt. Diese anderen Anbieter sind beispielsweise DrivePM (eine Tochterfirma von aQuantive Inc.), RightMedia Inc., Oridian Inc. oder Trafficmarketplace Inc. (ein Tochterunternehmen von Vendare Media Inc.). Alle verfolgen ein vergleichbares Geschäftsmodell: Sie vermarkten nicht-proprietären (also fremden) Traffic und optimieren die Auslieferung so, dass das optimale "Matching" zwischen Werbetreibenden und Platzierungen gefunden wird.

Die zugrunde liegende Technik wird als "Yield-Management" bezeichnet. Dieses Ertragsmanagement verbindet AdServing- und Tracking-Technologie, die zwei unterschiedliche Zielsetzungen miteinander optimal kombinieren soll: die Publisher- und die Advertiser-Ziele. Der Publisher hat das Ziel, den eigenen CpM zu erhöhen, der Advertiser möchte seinen "CpX" (CpM, CpC, CpA) im Kostenrahmen halten. Konkret liefert der AdServer also Kampagnen nur da aus, wo sie für beide Parteien die optimale Performance liefern.

In Deutschland sind einige der genannten Anbieter bereits aktiv: Advertising.com betreibt seit 2003 ein Büro in Hamburg, Oridian ist seit 2004 in Köln und Euroclick ist seit 2005 in München vertreten. Da FastClick mittlerweile komplett in den ValueClick-Konzern integriert ist, kann man davon ausgehen, dass FastClick in absehbarer Zeit im deutschen Markt gelauncht wird. Neue Anbieter wie adviva suchen bereits intensiv Personal, um ebenfalls auf dem deutschen Markt vertreten zu sein. Denn im Vergleich zum us-amerikanischen oder britschen Markt spielt Performance-Marketing in Deutschland nach wie vor eine untergeordnete Rolle, das Wachstumspotenzial scheint aber enorm zu sein.

Vorteile für Werbetreibende

Für Werbetreibende stellen diese Netzwerke, die auch als "Blind Networks" bezeichnet werden, eine interessante Alternative zu den bekannten Kanälen des Online-Marketings dar. Gerade transaktionsorientierte Kunden und Agenturen haben die Möglichkeit durch Buchung von Kampagnen auf Cost-per-Action-Basis (CpA) den Betreuungsaufwand deutlich zu reduzieren. Außerdem erweitert ein Advertiser die Liste der Umfelder, auf denen seine Werbung läuft, da die Blind Networks (noch) überwiegend Cross Border Traffic für die deutschen Werbekunden verwenden (vgl. ADZINE, Nr. 05/2006).

Daher erscheint auch eine Einbuchung auf CpC- oder TKP-Basis in diesen Netzwerken sinnvoll, da neben der Generierung zusätzlicher Reichweite auch die Belegung einzelner Channels oder Sites möglich ist. Die Blind Networks verlieren ihren "blinden" Charakter bei diesen Einbuchungen und werden zu einem konventionellen Bannernetzwerk.

Vorteile für Publisher

Die Einführung von Google AdSense hat vielen Websites eine neue, sichere Erlösquelle erschlossen. Durch die kontextbezogene Werbung können hohe Clickraten und damit gute TKPs erzielt werden. Blind Networks funktionieren ähnlich: nach einer Einführungsphase, in der der AdServer "lernt", welche Kampagnen erfolgreich auf einer Platzierung laufen, wird die weitere Auslieferung kontinuierlich optimiert, so dass immer der maximale TKP für den Sitebetreiber erzielt werden kann. Vorausgesetzt, dass sich überhaupt die "richtigen" Kampagnen für die jeweilige Website finden lassen.

Nachteile

Blind Networks sind aber auch nicht die Wunderwaffe des Onlinemarketings, sie haben wie alle anderen Kanäle ihre Schwächen. Die zentrale Frage bei der Buchung auf CpA-Basis ist: welche Anzahl an Aktionen (Verkäufe, Registrierungen, etc.) kann überhaupt erreicht werden? Eine Umfrage bei Werbetreibenden und Agenturen hatte zum Ergebnis, dass genau hier das größte Problem liegt. Es gäbe oftmals "homöopathische Auslieferungsmengen", die die Bearbeitung der Abrechnung teurer machten als die Leistung selbst. Die Auslieferungsmengen ließen sich zwar dadurch erhöhen, indem man den CpA anhebt. Dann erhielte man aber "einfach ein zusätzliches Affiliate Netzwerk, das teurer ist und nur rudimentäre Möglichkeiten der Publisher-Auswahl bietet."

Ausblick

Blind Networks haben in den USA und in Großbritannien ihren festen Platz im Online-Marketing-Mix gefunden, in Deutschland noch nicht. Transaktionsorientierte Werbetreibende schätzen besonders die Skalierbarkeit dieses Absatzkanals, die im deutschen Markt so noch nicht wahrgenommen wird. Denn im Vergleich zu den Affiliate Netzwerken kann ein Advertiser in einem Blind Network durch Erhöhung seines CpA um beispielsweise 10% die Auslieferung seiner Kampagne quasi auf Knopfdruck steigern.

In den USA werden Blind Networks aus zwei Gründen gebucht. Einerseits, um günstige Reichweitenschaltungen mit grafischen Werbemitteln zu realisieren. Andererseits, um kurzfristige Vertriebsaktionen durchzuführen, die ergänzend zu den langfristigen Affiliate-Marketing-Maßnahmen auf den Blind Networks ausgeliefert werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich Blind Networks auch in Deutschland etablieren können. Das entscheidende Kriterium wird die Anzahl der integrierten Publisher und die damit verbundene Reichweite sein. Nur die großen Netzwerke werden den Werbetreibenden die notwendige Qualität und Leistung bringen, um erfolgreich Performance-Marketing betreiben zu können.

Über den Autor/die Autorin:

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